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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stützte den Kopf auf die rechte Hand und lachte leise. »Sie hält mich für blöd, aber ich merke es sofort, wenn jemand über mich steigt. Als sie sich auszog, habe ich weggeguckt. Ehrenwort. Mich interessiert die Frau nicht, nur der Mord, den sie begangen hat. Haben Sie sie nackt gesehen, Werner?«
    »Nein.« Bäcker lehnte sich gegen den dicken Türpfosten. »Ich habe mit Ihnen zu reden, Shirley.«
    »Als Staatspräsident von Viktoria-Eiland, als Annes Genosse, als zukünftiger Liebhaber oder als was sonst noch?«
    »Als alles auf dieser Insel«, sagte Bäcker ernst. »Ich möchte ein objektives, gerechtes, faires Strafverfahren gegen Anne Perkins. Ich will wissen, was gegen Anne vorliegt. Sie, Shirley, sollen alles sagen, was Sie wissen. Anne muß das Recht haben, sich zu verteidigen. Ist das klar?«
    »Von mir aus. Und wie denken Sie sich das?«
    »Als Herr dieser Insel ernenne ich Sie zum Staatsanwalt, Shirley. Sie klagen an.«
    »Und Sie spielen den hohen Richter, was?«
    »Ja.«
    »Das ist doch Idiotie, Werner!«
    »Ich muß mir über Anne ein Urteil bilden können – verstehen Sie das nicht?«
    »Nur bis zu einem bestimmten Punkt. Ich stimme Ihnen zu: Es ist ein verdammt kitzeliges Gefühl, nicht zu wissen, ob man nun zwischen den Beinen einer Mörderin oder eines Engels liegt.«
    »Man sollte Sie doch in die Fresse hauen, Shirley!«
    »Wenn's Ihnen Spaß macht?« Shirley machte eine verächtliche Handbewegung. »Was soll das Theater? Sie haben Anne ja schon freigesprochen.«
    »Wenn Ihre Beweise lückenlos sind, Shirley, dann werden Sie mich überzeugen können, das verspreche ich Ihnen.«
    »Und wenn Sie Mrs. Perkins für schuldig befinden müssen, was dann?«
    »Dann bauen wir ein Floß –«
    »Hoho!« Shirley lachte abgehackt. »Und wenn Sie zu dem völlig unsinnigen Spruch kommen: Nicht schuldig! – Was dann?«
    »Bauen wir auch das Floß … aber Sie besteigen es allein!«
    »Darauf lasse ich es ankommen.« Shirley sprang auf. »Vor oder nach dem Frühstück, Euer Ehren?«
    Es sollte spöttisch klingen, aber Bäcker ging nicht darauf ein. Er verdarb Shirley damit die Freude.
    »Danach –«
    Er drehte sich um, legte die Hände wie einen Trichter vor den Mund und rief die Böschung hinauf.
    »Anne, kommen Sie herunter!«
    Sie erschien am Rande des Hanges und winkte mit beiden Armen. Ihr Haar war getrocknet und wehte im Wind.
    »Die Venus der einsamen Hölle«, sagte Shirley. »Sie tun mir leid, Werner. Aber gut, spielen wir's durch. Sie sollen Ihr dämliches Theater haben. Eine Gerichtsverhandlung. Was zahlen Sie für den Auftritt?«
    »Ihr Leben!« sagte Bäcker ernst, und Shirley begriff, wie teuflisch die Lage geworden war.
    Sie aßen kalten Braten, tranken Tee aus Hibiskusblüten und Regenwasser und vermieden es wieder, miteinander zu sprechen. Es war schließlich Shirley, der mit einem höhnischen Grinsen sagte:
    »Der Herr der Insel will Ihnen den Prozeß machen. Was halten Sie davon, Anne?«
    Ihr Kopf flog zu Bäcker herum. »Was soll das heißen?« Ihre Augen funkelten, aber außer Zorn brannte in ihnen auch Verzweiflung. »Sie wollen mich verurteilen?«
    Bäcker schüttelte den Kopf.
    »Ich will wissen, mit wem ich diese Insel teile, wer in meiner Hütte schläft, wer an meinem Feuer sitzt und mit mir ißt. Es kann mir nicht gleichgültig sein, wenn einer von uns dreien des Mordes beschuldigt wird. Ich habe ein Recht, alles zu erfahren. Ich will jeden anhören … hier ist eine Insel der Gerechtigkeit.«
    »Machen Sie mit, Anne?« Shirley sprang auf. »Die einen spielen Blindekuh, wenn's ihnen zu langweilig wird – wir spielen Mord und Gericht. Also –?«
    »Ich habe es nicht getan«, sagte Anne.
    »So geht es nicht.« Paul Shirley runzelte mißmutig die Stirn. »Wenn Sie nur Beteuerungen hören wollen, Werner, kann ich gehen, und Sie spielen dieses Affentheater allein! Ich bin gewohnt, mich an Tatsachen zu halten.«
    »Dann lassen Sie Ihre Tatsachen hören«, sagte Bäcker.
    »Okay!« Shirley baute sich vor Bäcker auf, ein Bündel stämmiger Energie. »Wann tritt das Hohe Gericht von Viktoria-Eiland zusammen?«
    »Sofort.« Bäcker hinkte zu seiner Bambushütte. Er hatte ein flaues Gefühl im Magen. »Folgen Sie mir!«
    Sie hatten sich auf Wurzelstöcke gesetzt, die der letzte Sturm aus dem Boden oben im Hang gerissen und über den Strand geschleudert hatte. Bizarre Stühle, so verrückt wie die Gerichtsverhandlung, die jetzt beginnen sollte.
    Bäcker saß vor der Hüttentür, zwei

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