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Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bolula aus Nuku Hiva gemacht. Sie zeigen Anne Perkins, wie sie auf diesen Klippen liegt und sich sonnt.«
    Von diesem Augenblick an begann Bäcker Shirley zu hassen.
    Das Foto war eindeutig. Bäcker starrte es an und empfand gleichzeitig große Lust, Shirley in die grinsende Visage zu schlagen. Ein schönes, scharfes Farbfoto, und Bäcker verfluchte das Meer, daß es dieses Bild nicht mit seinem Salzwasser zerstört hatte: Anne Perkins lag auf dem Felsen, und sie trug einen Bikini, so knapp und von der Sonne durchleuchtet, daß ihr Körper wie nackt wirkte.
    Er betrachtete das Bild länger, als es notwendig war. Shirley unterbrach ihn und schnitt seine Gedanken ab, wie man Anne hier noch heraushelfen könne.
    »Um Ihrer im Herzen rotierenden Frage gleich vorher die Antwort zu geben –«, sagte Shirley mit dem richtigen Gespür –, »es gibt auf Nuku Hiva nur diese Klippenlandschaft. Nur diese eine. Was sagen Sie nun: Anne will sie nicht kennen –«
    Bäcker legte die Fotos vor sich in den Sand, beschwerte sie mit einer Muschel und sah Shirley wie etwas Ekelhaftes an.
    »Weiter –«, sagte er. »Sprechen Sie weiter, Paul.«
    »Das wäre schon alles. Wir haben einen ganzen Sack voll Indizien … und Anne hat nur ein einziges Gegenargument: ihre stereotype Beteuerung: Ich bin es nicht gewesen. Das sagen seit sechstausend Jahren alle Mörder, bis man sie überführt.«
    Bäcker sah zu Anne hinüber, mit einem flehenden Blick, als ginge es um seinen Kopf und nicht um ihren. Für jeden Richter auf der Welt war die Lage klar, da hatte Shirley recht. Aber hier war man auf Viktoria-Eiland, er war der Herr der Insel, und ihm mußte man Annes Schuld erst lückenlos beweisen. Hier gab es keine starren Paragraphen, nur den guten Menschen und den schlechten Menschen.
    Und das versprochene Floß wartete.
    Anne saß vor Bäcker auf ihrem Stuhl aus Wurzeln, griff mit der Hand in den Sand und ließ ihn über ihre nackten Beine rieseln. Ein dummes, kindisches Spiel in dieser Situation. Oder eine Geste völliger Hilflosigkeit …?
    »So sagen Sie doch etwas!« bat Bäcker.
    Anne Perkins schüttelte den Kopf. Ihre braunen Augen lagen hinter einem Schleier aus Traurigkeit.
    »Was soll ich sagen? Ich kann Sie nur bitten: Glauben Sie mir.«
    »Da haben Sie's!« rief Shirley triumphierend. »Der Appell ans Herz! Wenn sie wenigstens weinen würde! O nein, die weint nicht! Nie weint die! Sie sitzt steinern da wie ein Fetisch. Nerven hat sie. Nerven, sage ich Ihnen! Drei Monate lang hat sie in einem Loch von Zelle gelebt, Spinnen und Würmer krochen da herum. Jeder andere wäre krepiert vor Ekel oder hätte ein Geständnis abgelegt. Sie nicht! Sie hat geschlafen, gegessen, ist in ihrem heißen Käfig herumgewandert und hat keine Träne vergossen. So hart ist kein Massenmörder!«
    »Vielleicht ist sie keine Mörderin, Shirley?«
    »Aha! Der hohe Gerichtsherr wird zum Verteidiger! Die Dame hat Sie mit ihren großen braunen Rehaugen angesehen, und schon steht für Sie fest: Anne Perkins hat ihren Mann Yul nicht umgebracht! – Das ist Ihr objektives Verfahren! Bäcker, ich scheiße darauf! Schluß mit der Verhandlung!«
    »Nein!«
    »Was nein?!«
    »Ich spreche Anne nicht vom Mord frei, Shirley –«
    Anne Perkins zuckte hoch. »Sie verurteilen mich also auch? Sie glauben mir nicht?« Es war wie ein Aufschrei. Zum erstenmal verließ sie den Schutzpanzer ihrer steinernen Ruhe und wurde eine Frau wie jede andere. Shirley starrte sie an, als habe sie begonnen, sich zu häuten. »Es war doch alles ganz anders! Als Yul von seiner Fahrt nach Atuana nicht zurückkam, habe ich das sofort gemeldet.«
    »Nach fünf Wochen!« rief Shirley.
    »Was sollte ich tun? Ich konnte ja nur warten!«
    »Die liebende Frau, die am Fenster sitzt und übers Meer schaut. Wer soll Ihnen das abnehmen, he? Werner, fragen Sie Anne, ob ihre Ehe glücklich war.«
    »War sie glücklich, Anne?«
    »Nein!« Sie warf den Kopf zurück. »Als Yul wegfuhr, hatten wir schon wochenlang nicht miteinander gesprochen.«
    »Und warum?«
    »Er war 51, und sie ist 28! Ist das eine Erklärung?« schrie Shirley dazwischen, ehe Anne antworten konnte. »Er benahm sich wie ein Gockel, aber sie gackerte lieber vor jüngeren Hähnen. Wenn sich Yul und Anne begegneten – und das war ja nicht zu vermeiden –, war's immer, als wenn sich zwei Boxer im Ring gegenüberstehen.«
    »Hat Yul Sie geschlagen?« fragte Bäcker und spürte sein Herz hart klopfen.
    »Ja. Mit der Faust. Mindestens jede Woche

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