Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater

Titel: Wer stirbt Palmen ... 1: Der Vater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
zu haben.«
    Shirley faßte sich an den Kopf, rannte durch den Sand, trampelte in sinnloser Wut auf ihm herum und kickte eine Kaurimuschel bis ins Meer. Dann kam er zurück, blieb vor Bäcker stehen, breit, massiv, mit gespannten Muskeln, bereit zu jedem Angriff und brüllte:
    »Das ist ja alles idiotisch! Wir müssen weg von hier – wir verlieren sonst alle den Verstand! Ihrer ist schon weg, und ich will ihn nicht auch noch verlieren! Morgen bauen wir das Floß!«
    »Nein!« sagte Bäcker.
    »Das wollen wir ja sehen! Ich habe gesunde Knochen – ich fange alleine an.«
    »Aber Sie haben kein Werkzeug, Shirley, das habe ich! Und wenn Sie auch nur ein Stück davon anrühren, schlage ich Sie zusammen.«
    Shirleys Adern an den Schläfen schwollen an. »Das wird Ihnen drei Jahre einbringen, Bäcker. Ich bin Inspektor der Polizei –«
    »Ihre Beamtenwürde können Sie sich an den Hut stecken, Paul … und selbst einen Hut haben Sie nicht mehr.«
    »Soll das heißen, daß wir hier auf dieser Insel bleiben müssen? Bis wir verdorrt sind?«
    »Vielleicht.« Bäcker legte den Arm um Anne. Es war eine zärtliche Geste, und sie schmiegte sich an ihn, als habe sie die ganze Zeit darauf gewartet. Shirley erkannte mit erschreckender Klarheit, daß er verloren hatte. Er ballte die Fäuste und schlug die Zähne aufeinander. »Als Herr der Insel –«, sagte Bäcker, »erkläre ich Sie, Paul Shirley, für interniert.«
    »Sie sind total verrückt!« schrie Shirley. »Merken Sie sich eins: Ich habe eine Mörderin verhaftet, und ich liefere sie in Papeete ab! Und jetzt rutschen Sie mir den Buckel runter!«

XI
    Fünf Nächte wechselten sie sich mit der Wache ab … zwei Stunden Anne, zwei Stunden Bäcker, wie beim Militär.
    Anne schlief jetzt in der Hütte, und Shirley lag weiterhin draußen vor der Tür auf seiner Wolldecke, wie ein Hund, wachsam, knurrend, gefährlich.
    Bäcker und Anne schliefen nicht zusammen – sie lag auf dem schwingenden Bambusbett, er streckte sich gegenüber an der Flechtwand aus. Aus mehreren Schichten Palmblättern hatte er sich ein Lager gebaut, und Annes Schwimmweste benutzte er als Kopfkissen. Es dauerte immer lange, bis er einschlief … er wartete, bis er ihren langen Atem hörte und wußte, daß sie vor ihm eingeschlafen war. Ein paarmal hörte er Shirley vor der Hütte husten, und er war drauf und dran, hinauszukriechen und ihm zu sagen: Seien Sie still. Wecken Sie sie mit ihrem dämlichen Husten nicht auf. Wenigstens nachts soll sie vor Ihnen Ruhe haben … Aber er blieb liegen, lauschte auf ihren Atem, ja es war ihm, als rieche er ihren Körper – als ströme der einen Geruch wie von der Sonne beschienene Orangen aus –, und das machte ihn merkwürdig glücklich und alarmierte gleichzeitig den Widerstand gegen dies Gefühl.
    In der vierten Nacht, als er glaubte, sie schlafe schon längst, denn sie rührte sich nicht, sagte Anne plötzlich:
    »Komm zu mir.«
    Er schüttelte den Kopf, drehte sich auf die andere Seite, starrte gegen die Bambuswand und biß sich in die Faust.
    »Warum nicht?« fragte sie. Ihre Stimme war sanft. »Du liebst mich doch. Ich weiß, daß du mich liebst.«
    »Wir sollten nicht darüber sprechen. Bitte, Anne –«, sagte er atemlos.
    »Aber ich muß darüber sprechen. Wir werden auf dieser Insel sein, bis wir sterben.«
    »Gerade deshalb, Anne. Es bleibt uns noch soviel Zeit. Verdammt ja, ich liebe dich … aber da sind noch Vicky und die Kinder … ich bin noch nicht darüber hinweg, sie sind noch um mich …«
    »Sie Rindvieh!« Shirley steckte seinen Kopf durch die Türöffnung. Er lag so nahe, daß er alles verstehen konnte. »Worauf warten Sie eigentlich noch? Kriechen Sie zu ihr! Wenn sie erst einmal lebenslänglich hat, ist es aus und vorbei damit. Dann kann sie wenigstens davon träumen, und das ist nicht verboten.«
    Bäcker antwortete nicht. Er trat nach Shirley, aber der schnellte sich rechtzeitig zurück und ließ sich draußen mit einem meckernden Lachen auf seine Decke zurückfallen.
    Am Morgen nach der fünften Nacht weckte Shirley Anne und Bäcker mit lautem Hallo. Entsetzt sahen sie, daß sie beide geschlafen hatten und Anne die letzte Wache verpaßt hatte.
    »Schaut einmal, ihr zwei Engel, was ich da habe!« sagte Shirley und hielt Bäckers Signalpistole hoch. »Damit wären alle Probleme gelöst. Es war nicht leicht, Werner, sie unter Ihrem Hintern hervorzuziehen, aber jetzt habe ich sie. Kennen Sie die gräßlichen Löcher, die Signalraketen in einen

Weitere Kostenlose Bücher