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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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glücklich.
    »Wofür, mein Junge?«
    »Für den Mais! Ich werde ihn zur Lieblingsmahlzeit machen.«
    Dubonnet las noch in der Zeitung, als Paul über die Terrasse ins Haus kam.
    »Ich wußte es, Monsieur: Sie sind ein infamer Lügner!« sagte Paul.
    Dann packte er den vor Verblüffung steif wie ein Brett werdenden Dubonnet vorne am Rock, hob ihn mit einer Hand aus dem Sessel, hielt ihn in die Luft und schlug mit der anderen Hand in das vor Schreck verzerrte Gesicht.
    »Mais!« sagte er ganz ruhig dabei. »Mais! Im Mais ist Wahrheit! Das ist auch ein polynesisches Märchen, verstehen Sie es?«
    Er ließ Dubonnet in den Sessel zurückfallen, wandte sich ab und ging wieder hinaus.
    »Ein Verrückter!« brüllte Dubonnet hinter ihm her. »Scheren Sie sich weg auf Ihren Rotzfleck im Meer! Kommen Sie mir nicht mehr unter die Augen! In eine Anstalt gehören Sie, Sie und die ganze Sippschaft Bäcker!«
    Paul hörte es nicht mehr. Er ging auf sein Zimmer, packte seinen Seesack, warf ihn über die Schulter und verließ das Haus.
    Bis nach Mitternacht wanderte er am Meer entlang, stand an der Lagune und starrte über die vielen stillen, dunklen Boote der Eingeborenen, dachte daran, nach dem Dritten Kopf der Großen Sechs zu suchen und ihn um Rat zu fragen, aber dann sah er ein, daß dies sinnlos wäre, denn niemand würde ihm Auskunft geben, trotz seines geheimnisvollen Malaiendolches.
    Es war der Mond, der träge über das Wasser wanderte, das glatte Meer sanft schimmern ließ und Paul an etwas so stark erinnerte, daß er den Seesack schulterte und zurück nach Vaitahu wanderte.
    Er brauchte nicht lange zu suchen. Er fand die Straße und das Haus wieder, stieß die grünbemalte Tür auf und warf den Seesack in dem Mittelzimmer auf den Boden. Drei Mädchen in engen, aufreizenden Kleidern saßen an den Tischen, lächelten ihm zu und streckten Beine und Brüste vor.
    Paul winkte ab, steuerte auf die ihm bekannte Tür zu und drückte sie auf.
    Tara Makarou war nicht allein. Ein farbiger Seemann saß auf dem Bett, hatte gerade bezahlt und gönnte sich den Spaß, Taras Kleid aufzuknöpfen.
    Paul Bäcker knurrte wie ein Wolf.
    »Raus!« sagte Tara wütend. »Raus! Du bist wohl verrückt geworden!«
    »Nimm dein Geld!« sagte Paul. Sein Atem flog. Er stopfte dem verblüfften Matrosen die Scheine in das Hemd, hob ihn hoch, trug ihn zum Fenster und warf ihn durch das Glas hinaus auf die Straße.
    »Du Idiot!« schrie Tara. »Idiot!«
    »Das Fenster bezahle ich«, sagte Paul. Er sah Tara an, sie schien noch schöner geworden zu sein, oder er sah sie jetzt anders als damals. Ihm war das gleichgültig, er war nichts als glücklich.
    »Ich bin da«, sagte er.
    »Das kann man nicht übersehen!« schrie sie zurück.
    »Und ich bleibe da«, sagte er. Irgendwie zerbrach seine Stimme. »Ich bin allein, Tara, ganz allein. Ich brauche einen Menschen.«

VI
    Es war ein merkwürdiges Zusammenleben, das Paul und Tara miteinander verband. Tagsüber ging er in den Hafen, verdiente sich seine paar Francs als Kistenschlepper und Schauermann, trug auf seinen breiten Schultern Säcke auf die Kähne, und alles, was er herumschleppte, alles, was er belud, die Schiffe und Küstenboote, trug den Namen von Jean-Luc Dubonnet. Von Dubonnets Hafeninspektoren bekam er auch seinen Lohn, nicht mehr als die eingeborenen Arbeiter … er stand mit ihnen in einer Reihe, schob sich langsam zum Zahltisch vor und legte seine vom Vormann abgezeichnete Stundenquittung hin.
    Der Inspektor, der den Lohn dann ausrechnete, schielte die ersten drei Tage schief zu Paul hinauf.
    »Siehst du nicht, wie idiotisch das ist, mein Junge?« fragte er einmal. »Man sollte irgendwo in deinem Hirn 'ne lockere Schraube anziehen, was?«
    »Warum?« fragte Paul. »Ich arbeite. Ist das eine Schande?«
    »Ein Weißer mitten unter diesem Drecksgesindel …«
    »Sind das keine Menschen?«
    Am dritten Tag erschien Dubonnet selbst im Hafen, stand neben dem Zahltisch und ließ Paul an sich vorbeiziehen. Er wollte sich dieses Schauspiel nicht entgehen lassen. Mit breitem Grinsen, dann aber mit nachdenklicher Miene sah er, wie Paul Bäcker seine paar Francs ruhig und zufrieden annahm, quittierte und mit wiegendem Schritt davonging in die Eingeborenenstadt. Dubonnet setzte seine massige Gestalt in Bewegung und holte ihn nach zehn Schritten ein.
    »Paul –«, sagte er schnaufend. »Was soll der Unsinn? Mir ist es völlig egal, wie und wo Sie Ihr Geld verdienen, aber hier, auf Tahuata, ist das etwas

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