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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit Magazinen und Illustrierten. Es roch nach kaltem Zigarettenrauch und dem billigen Zuckerrohrschnaps, wie ihn die Eingeborenen selbst brennen.
    »Hier hinein«, sagte Tara. Sie stieß eine Tür auf, ließ Paul an sich vorbeigehen und stellte sich dann vor die Tür. Eine Lampe mit einer elenden matten Birne hing von der Decke, ein eisernes Bett war aufgeschlagen, Kissen und Decken zerwühlt, auf einem Hocker summte leise ein Kofferradio, und an den Wänden hingen Fotos von nackten Frauen, ordinäre Bilder, wie sie Paul noch nicht gesehen hatte.
    »Das ist nicht schön –«, sagte Paul betreten. »Warum wohnst du so?«
    »Ich fange erst an, mein Kleiner.« Sie knöpfte das Kleid auf, schüttelte es mit einem Schulterzucken von sich und stieg aus ihm heraus. »Mein Ziel ist Papeete, weißt du, da kann man das große Geld verdienen. Militär, Flugbasis, da stehen sie Schlange. Aber hier …« Sie winkte ab. »Wenn ich zweitausend Francs gespart habe, wage ich den Sprung. Hier sind sie alle wie du. Geizig, sitzen auf dem Geld, versuchen den Preis zu drücken.« Sie streckte die Hand wieder aus. »Wenn du mir doch zwanzig Francs gibst, decke ich die Uhr zu. Einverstanden?« Sie schnippte mit den Fingern. »Aber Vorkasse, mein Junge.«
    Sie sah, wie Paul sie aus weiten Augen anstarrte. Er hatte bisher nur eine einzige nackte Frau gesehen, und das war Anne, seine Mutter, gewesen. Das war ihm rein und göttlich vorgekommen, eine Krönung der grandiosen Natur, in der sie lebten. Jetzt sah er eine andere Frau, und ein ganz anderes Gefühl nahm völlig von ihm Besitz.
    »Was ist denn das?« sagte Tara Makarou und setzte sich aufs Bett. »Das ist doch nicht wahr! Bin ich dein erstes Mädchen?«
    »Wieso?« fragte Paul tonlos. Er begann plötzlich zu schwitzen und zu frieren, alles zusammen.
    »Hast du noch nie ein Mädchen angefaßt?«
    »Nein.«
    »Ja, gibt es denn so was?« Sie bog sich zurück streckte die Beine von sich und umklammerte mit innen Pauls Hüften. Er machte sich steif, starrte auf den goldglänzenden Körper und kam sich wie ausgedörrt vor. Selbst das Schlucken wurde schwierig … seine Kehle war staubtrocken.
    »Behalt deine Francs!« lachte sie. »Das Vergnügen gönne ich mir. Ein jungfräulicher Mann, und das bei mir! Zum Teufel, komm her, mein blonder Junge …«
    Sie zog ihn mit den Beinen zu sich, faßte seine herunterhängenden Hände und riß ihn mit einem Ruck über sich in das Bett. Er fiel über sie, griff irgendwohin, spürte Warmes, Weiches, Köstliches zwischen seiner, Fingern und dachte im gleichen Augenblick: Mutter darf das nie erfahren. Ich liebe doch nur sie, nur sie …
    Dann stürzte er in eine Welt, die er schon lange gesucht hatte, ohne es zu wissen …
    Zwei Stunden später rannte Paul Bäcker wie gehetzt durch die Straßen von Vaitahu, schloß sich in seinem Zimmer ein und steckte den glühenden Kopf in das Waschbecken. Eine ganze Weile ließ er das kalte Wasser über seinen Nacken laufen, dann schlang er ein Handtuch um seinen Hals, trat an das Fenster und sah hinaus in die helle, mit Sternen bestickte Südseenacht. Das Erlebnis dieser ersten körperlichen Liebe, das Erkennen, wie herrlich sich zwei Körper miteinander beschäftigen können, erschütterte ihn weniger als Taras Worte, die nach einem Orkan ihrer Leiber nüchtern gesagt hatte: »Ich bin der Ansicht, Liebling, das war doch zwanzig Francs wert …«
    Er fand das widerlich, gemein, eklig, und er hatte überlegt, ob er ihr nicht ins Gesicht schlagen sollte. Dieses herrliche Gefühl kann man also kaufen und verkaufen, dachte er. Es wird an den Straßenecken angeboten wie Obst. Und als Tara noch sagte: »Du bist ein fabelhafter Junge, Paul. Du kannst immer wieder kommen. Vielleicht verliebe ich mich sogar in dich, und du hast's umsonst …«, war er weggerannt, als habe er an der Glut von Taras Körper seine Haut verbrannt.
    An diesem Abend wartete er sehnsüchtig auf die Stimmen von Viktoria-Eiland, rief immer wieder in den Äther: »Viktoria kommen … Viktoria kommen …«, und atmete tief auf, als er endlich seinen Vater hörte.
    »Ich habe heute viel gelernt«, sagte er mit belegter Stimme. »Ihr habt mir manches nicht gesagt …«
    »Vieles lernt man auch erst im Leben, mein Junge«, sagte Bäcker. »Was war denn so neu?«
    »Ich habe gelernt, wieviel zwanzig Francs wert sind.«
    »Unter Umständen eine ganze Menge«, sagte Bäcker verblüfft. »Was hast du dir denn davon gekauft?«
    »Einen Rausch«, sagte Paul

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