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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwei Tage und zwei Nächte ohne Pause – vergeblich. Brissier drohte, die Dörfer anzuzünden – die Eingeborenen nahmen es zur Kenntnis, nahmen Kinder und Greise bei der Hand und führten sie weg. Sie trieben die Hühner und Schweine davon und überließen das Dorf dem Militär.
    Brissier stand mit verkniffenem Gesicht in den verlassenen Siedlungen, bebend vor Zorn, aber er ließ die Dörfer nicht in Flammen aufgehen. Es hätte auch keinen Sinn gehabt, nur eine billige Rache wäre es gewesen, und Feindschaft mit den Papuas wieder über ein Jahrhundert hinaus wäre ausgesät worden.
    Ein Mann war verschwunden und mit ihm ein kleines Schiff – war das einen grausamen Krieg zwischen Weißen und Eingeborenen wert?
    Nach drei Tagen kehrten die Flugboote nach Viktoria-Eiland zurück. Anne saß wie eine Statue vor dem Haus. Sie sprach nicht, nur ihre Augen fragten.
    »Nichts –«, sagte Brissier tief atmend. Er fühlte sich elend und ohnmächtig. »Nicht die geringste Spur. Als ob ihn die Sonne einfach aufgesaugt hätte. Ich begreife das nicht!«
    »Es ist hier alles möglich, Brissier –«, sagte Anne mit fürchterlicher Ruhe. »Sie sehen es doch! Werner kommt nie wieder …«
    »Das ist ein Gedanke, den ich gar nicht denken will, Madame.«
    »Für mich ist es eine Tatsache.«
    »Was hält Sie dann noch hier, Madame?«
    »Sein Werk! Begreifen Sie doch, Capitaine. Diese Insel ist seine Welt. Er hat sie für uns aufgebaut. Sie ist sein Traum von Glück, Freiheit, Frieden, Menschenwürde.«
    »Ein Traum, der ihn das Leben gekostet hat?«
    »Ja, Brissier, und gerade deshalb fühle ich mich diesem Traum verpflichtet. Bis an mein Lebensende.«
    Anne blickte über das schillernde Meer. Dort irgendwo ist er jetzt, dachte sie. Und wo er auch sein mag, er bleibt mir so nah, als spürte ich ihn neben mir.
    »Ich danke Ihnen, Brissier«, sagte sie steif. »Sie haben getan, was Sie konnten. Paul und ich werden jetzt tun, was wir tun müssen: in seinem Geist weiterleben.«
    »Das sind alles heroische, aber schrecklich leere Worte, Madame!« schrie Brissier. »Sie können hier nicht allein leben!«
    »Ich wußte, daß Sie mich nicht verstehen.« Anne stand auf, legte Brissier die Hand auf die Schulter, wandte sich dann ab und ging ins Haus.
    Brissier blieb zurück mit einem Druck auf dem Herzen, der unerträglich wurde. Er suchte Paul, der unten zwischen den Klippen das kleine Beiboot seeklar machte. Mißtrauisch betrachtete Brissier diese Bemühungen.
    »Jetzt spielen Sie nicht auch noch verrückt!« sagte er scharf. »Reden Sie Ihrer Mutter zu, daß sie die Insel verläßt.«
    »Ich will es versuchen.« Paul band das Boot an einem eisernen Pfahl fest. »Aber ich bin nicht sicher, ob sie mich überhaupt hört.«
    In der Nacht flogen die Flugboote wieder zurück nach Papeete. In der Nacht aber verließ auch Paul mit seinem kleinen Boot Viktoria-Eiland. Auf die vordere Sitzbank hatte er das Maschinengewehr montiert. Es war mit einem Gurt durchgeladen, die anderen Gurte lagen griffbereit daneben. Er blickte nicht zurück, als Viktoria-Eiland im milchigen Mondschein versank und ihn das leichtbewegte, stille Meer aufnahm.
    Am Morgen lief Anne über den Strand. Sie sah, daß das Boot fehlte, und sie entdeckte die Schleifspuren, die zum Wasser führten.
    »Paul!« schrie sie. »Paul! Nein! Das ist doch Wahnsinn! Paul! Mein Gott! Mein Gott! Hilf mir doch!«
    Sie warf die Arme hoch, starrte in den sich vom Morgengold zum unendlichen Blau verwandelnden Himmel und sank ohnmächtig in den Korallensand.

IX
    Die Morgendämmerung hatte ihr Farbenspiel über dem Meer ausgelöscht, als Paul Bäcker sich langsam, mit gedrosseltem Motor, der Insel Vahua Oa näherte. In Hörweite stellte er den Außenbordmotor ganz ab und paddelte dann vorsichtig durch den Einschnitt der Korallenriffe ins Innere des Atolls. Hier, im seichten Wasser der Lagune, lagen die Kriegsboote nebeneinander, ausgerichtet, als habe der Stamm einen weißen militärischen Ausbilder gehabt. Das Dorf schlief. Wachen stellte man hier nicht auf … in der Nacht kommt kein Feind, die Götter würden ihn sonst furchtbar strafen.
    Lautlos glitt Paul mit seinem Boot die Reihe der Kriegskanus entlang. Er suchte einen Platz, von dem aus er das Dorf, vor allem aber die Hütten des Häuptlings und des Medizinmannes mit seinem Maschinengewehr gut erreichen konnte, der aber doch so nahe am Ausgang der Lagune lag, daß er mit voller Motorkraft das Atoll schnell wieder verlassen konnte.
    Dann

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