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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Zug aus dem Glas mit Kokosmilch, das ihm Paul hingestellt hatte, wischte sich den Mund ab und zeigte hinunter zur Lagune. »Mein Boot kann gut vier Menschen transportieren …«
    »Pater –«, sagte Anne leise. »Wir wollten nicht davon sprechen …«
    »Ich habe erfahren, daß sie auf Botao Oa einen neuen, riesigen Götzen schnitzen und ihn hier aufstellen wollen. Über hundert Kriegskanus werden ihn begleiten. Es soll das größte Götterfest der letzten hundert Jahre werden. Die ganze Inselwelt rund um Viktoria-Eiland lebt in Angst vor der Rache der Geister. Anne, Sie haben den Götzen umgehackt wie damals Bonifazius die Donareiche. Bonifazius ist das nicht gut bekommen, man hat ihn später erschlagen, aber immerhin ist er heiliggesprochen worden. Ich möchte verhindern, daß auch Sie eine Märtyrerin werden, Anne … In unserer Zeit brauchen wir so etwas nicht.«
    »Ist das alles, was Sie mir sagen können, Pater?«
    »Ja, Madame.«
    »Ich danke Ihnen.« Sie erhob sich.
    Mit der linken Hand hielt sie noch immer Werners Ring an ihrer Rechten fest. Auch Pater Pierre sprang auf. Er wollte noch etwas sagen, aber er sah ein, daß Worte hier keine Überzeugungskraft mehr hatten.
    »Paul wird die Glocke wieder läuten, wenn Sie abfahren, Pater. Es hat Ihnen ja so gut gefallen. Und kommen Sie wieder, wenn Sie wollen …« In ihren großen braunen Augen lag unendliche Traurigkeit … »Und dann erzählen Sie mir, was Sie über die letzten Stunden meines Mannes erfahren haben …«
    Als Pater Pierre langsam aus der Lagune ins freie Meer tuckerte, läutete Paul wirklich die alte Schiffsglocke. Pater Pierre blickte zurück zu der flachen Insel, und er war versucht, die Arme zu heben und den Segen zu sprechen. Dann aber schüttelte er den Kopf und kümmerte sich um die Korallenbänke, durch die er sein Boot hindurchmanövrieren mußte.
    Auch er wußte keinen Rat mehr, wie man Anne und Paul von dieser verfluchten Insel holen konnte.
    Drei Tage später landeten zwei Boote an der Rückseite von Viktoria-Eiland in der Todesbucht. Paul hockte wieder in der hohen Palmkrone und beobachtete sie.
    Die Eingeborenen holten ihren zerhackten Gott ab.
    Feierlich trugen sie den Torso zum Meer, hoben ihn in das größte Boot, legten Ketten aus Tiara-Blüten über den zerstörten Leib und fuhren dann wieder hinaus in die Weite des Pazifiks.
    Es war klar, daß sie in den nächsten Tagen die neue größere Statue bringen würden, aber dann würden es hundert Kriegskanus sein, die sie begleiteten.
    Paul kletterte von seiner Palme und lief zum Haus zurück. Anne war im Garten und hackte die Gemüsebeete durch.
    »Wir müssen die Waffen ölen, Mutter –«, sagte Paul bedrückt. »Wir müssen alles zur Verteidigung herrichten. Ich glaube, es bleibt uns nicht mehr viel Zeit!«
    Später versuchte er, mit dem kleinen Funkgerät Papeete oder Nuku Hiva zu erreichen, aber niemand meldete sich.

XI
    In den nächsten Tagen hatten sie alle Hände voll zu tun, das Haus wie eine kleine Festung auszubauen. Paul fällte und schleppte Bäume heran und errichtete eine Holzwand mit Schießscharten, die mit den Waffen der Papuas nicht zu erobern war. Anne sorgte für Wasser- und Essenvorrat, falls die Eingeborenen auf den Gedanken kommen sollten, sie auszuhungern. Auch stellten sie in leeren Benzinfässern Meerwasser bereit, um genug Löschwasser zu haben, wenn die Papuas mit Feuerpfeilen das Haus in Brand steckten.
    Sie schufteten vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung, und es war unerklärlich, woher Anne die Kraft nahm, das alles durchzustehen.
    Zweimal in diesen Tagen durchlitt Paul eine Hölle. Das war, wenn Anne am frühen Morgen, bevor die Arbeit begann, nackt hinunter zum Meer lief und in der Brandung badete.
    Früher waren sie alle drei jauchzend ins Meer gerannt und hatten sich gegenseitig mit Wasser bespritzt, aber dann – Paul wußte nicht genau, wann es angefangen hatte – waren nur noch die Eltern allein zum Baden gegangen, und er war vor oder nach ihnen durch die Lagune geschwommen. Und noch später, der Kindheit entwachsen, hatte er immer so lange gewartet, bis sie wieder im Haus waren, um dann allein irgendwo zwischen den Klippen zu baden.
    Nach seinem Erlebnis mit Tara Makarou aber war alles anders geworden. Er hatte begonnen, eine Frau anders anzusehen, und er hatte erfahren, wozu eine Frau geschaffen worden war. Das ließ ihn nicht mehr los, er träumte davon, es machte ihn unruhig und erschreckend unsicher.
    Jetzt lag er oben am Hang auf

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