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Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn

Titel: Wer stirbt Palmen ... 2: Der Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und auf jede Bewegung Pauls und betete mit zusammengekniffenen Augen: »Bestraft ihn nicht, ihr Götter. Laßt ihn leben. Er kennt euch nicht. Aber er ist ein guter Mensch …«
    Als der Morgen grau aus dem Meer stieg und ein leichter Regen die Sonne verhing, saß Bäcker unter dem Sonnensegel und schlief. Er war die ganze Nacht gefahren, hatte dann den Motor auf kleinste Drehzahl gestellt und das Steuer auf Geradeausfahrt festgebunden. Er schlief so fest, daß er das Schaukeln des Bootes nicht merkte.
    Rainu kletterte über ihn hinweg, setzte sich hinter das Steuer, band es los und hantierte vorsichtig am Gashebel. Der Motor brummte laut, das Boot bekam schnellere Fahrt und rauschte über die leicht schäumenden Wellen.
    Paul erwachte, als es nach einem breiten, wild gezackten Blitz krachend donnerte. Er fuhr hoch, hielt sich an einer Stange des Sonnensegels fest und sah Rainu am Heck vor dem Motor sitzen. Sie umklammerte den Griff und stemmte sich mit aller Kraft dagegen, um das Boot in der Richtung zu halten.
    Bäcker kletterte zu ihr, nahm ihren vom Regen durchnäßten Kopf in beide Hände und küßte sie.
    »Wohin fahren wir?« fragte er. Ihre schwarzen Augen, über die das Regenwasser floß, glänzten ihn an. »Zurück zur Insel?«
    »Nein, wir fahren, wohin du willst …« Sie putzte ihre Stirn an seinen Handflächen ab. »Du bist der Herr, Paulo.«
    Paul löste Rainu am Steuer ab, und dann hatten sie Mühe, den Kurs zu halten. Das Meer begann zu toben, die Wellen rollten heran wie gewaltige Berge, aber es war ein gutes Boot, unsinkbar, wie Brissier versprochen hatte. Es tanzte auf den Wellenkämmen, tauchte in Täler, ließ sich in die Höhe tragen und war wie ein Ball, mit dem das Meer spielte.
    Drei Stunden lang hatten Paul und Rainu alle Hände voll zu tun, das eingeschlagene Wasser aus dem Boot zu schöpfen. Sie arbeiteten wie Maschinen, standen oft knöcheltief im Wasser und beendeten den Kampf erst, als der Wind sich legte. Das Duell mit der Natur war vorbei. Der Sturm hatte sich ausgetobt.
    Mit schmerzenden Rücken, ausgepumpt und mit zitternden Gliedern legten sie sich auf die durchgeweichten Polsterbänke. Wenig später kroch die Sonne wieder durch die jagenden Wolkenberge, und sofort fiel die Hitze über sie her und ließ ihre Körper dampfen. Sie zogen sich aus, lagen nackt und erschöpft nebeneinander und hielten sich an den Händen. Die Glut trocknete ihre Kleider und das Schiff.
    »So wird es immer sein«, sagte Paul schwer atmend. »Wir werden siegen. Wir werden stärker sein als alles um uns herum. Wir können es, Rainu … weil wir uns lieben.«
    Sie antwortete nicht – sie legte ihren Kopf auf seine Brust und schlang die Arme um seinen Leib.
    Es war eine Antwort, für die es keine Worte gab.
    Am Nachmittag erreichten sie das Atoll Katatoki.
    Zuerst tauchten die Palmspitzen auf, dann der Turm der kleinen Bambuskirche, schließlich lag die Insel mit der Lagune vor ihnen wie das Bild aus einem Märchenbuch. Pater Pierre hatte sie mit dem Fernglas schon entdeckt … er stand auf dem kleinen Landungssteg in der Lagune. Seine lange weiße Soutane leuchtete in der Sonne, er winkte. Zwei bekehrte Papuas standen hinter ihm mit langen Hakenstangen und zogen das Boot heran.
    »Du bist es, Paul?« rief Pater Pierre. »Himmel, du lebst? Ich habe gehört, daß auf Viktoria-Eiland nichts mehr steht, nur dieser von selbst wandernde Totengott. Und nun tauchst du auf … Das ist fast wie ein Wunder. Man sollte die Glocke läuten! Willkommen, Paul, und Gottes Segen mit dir!«
    Er half Bäcker und Rainu aus dem Boot und umarmte Paul wie einen zurückgekehrten Sohn.
    »Ich konnte mich retten«, sagte Bäcker mit zugeschnürter Kehle. »Ich habe von vorn angefangen.«
    »Und deine Mutter?« Pater Pierre faltete die Hände.
    »Sie wurde mit einer Palme, an die ich sie zum Schutz festgebunden hatte, ins Meer gerissen.«
    »Wir werden für sie beten.«
    »Später, Pater. Gott hat mir eine neue Insel geschenkt, die mich stets an sie erinnern wird. Ich bete jeden Tag, indem ich vom Morgengrauen bis in die Nacht an dieser Insel arbeite und sie bewohnbar mache.« Er schob Rainu nach vorn, die sich bisher hinter ihm verborgen hatte. »Das ist meine Gefährtin. Sie hilft mir.«
    »Wie heißt sie?« fragte Pater Pierre.
    »Rainu.«
    »Eine Getaufte?«
    »Meine Frau, Pater.«
    Pater Pierre verstand. Er legte die Hand auf Rainus Kopf und sagte langsam: »Die Liebe kommt von Gott, also hast du Gottes Segen.« Dann sah er

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