Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
Vom Netzwerk:
Fortschritte gemacht.
     Sie denken doch nicht, daß ich spinne, oder?«
    »Nein, das nicht«,
     sagte ich ehrlich. »Aber ich werde die von Ihnen gemachten Angaben
     zu den Blutgruppen überprüfen müssen.«
    »Warum denn das?«
     sagte sie hitzig. »Sie stimmen. Ich habe die Analysen selbst
     gemacht.« Sie verteidigte ihre Arbeit. Eine Haltung, die mir gefällt.
    »Gerade deswegen muß
     ich sie selbst überprüfen. Wie Sie die Dinge dargestellt haben,
     würden die ganzen Ermittlungen auf der Genauigkeit der Analyse dieser
     Blutgruppen beruhen. Es ist wichtig, daß man alle wesentlichen
     Fakten, die man ermittelt hat, noch einmal nachprüft.«
    »Okay«, sagte
     sie. »Werden Sie den Auftrag nun übernehmen?«
    Eine Frage, die ich mir
     selbst wirklich noch nicht beantwortet hatte. Es gab noch einige
     Voraussetzungen, die erfüllt sein mußten, aber ich konnte sie
     ja kaum bitten, mir irgendwie ihre menschliche Verläßlichkeit
     unter Beweis zu stellen. Die sie wohl kaum selbst beurteilen konnte.
    »Wir wollen es so
     machen«, sagte ich. »Ich werde Ihren Auftrag annehmen, aber
     mit folgenden Einschränkungen. Ich verpflichte mich nur von einem Tag
     auf den anderen. Ich mache so lange weiter, wie ich glaube, etwas
     herausfinden zu können, das uns weiterbringt. Nicht länger.«
    »Also nehmen Sie an?«
    »Unter diesen
     Bedingungen.«
    »Ach, ich bin so glücklich.
     Ich hatte schon befürchtet, daß Sie mich auch fortschicken würden.«
    »Das kommt vielleicht
     noch.«
    »Aber zunächst
     einmal helfen Sie mir. Ich bin so glücklich.
    Ich bin mir ganz sicher, daß
     Sie alles wieder ins rechte Lot bringen werden.«
    »Ich denke, es ist an
     der Zeit, Ihr Vertrauen etwas zu erschüttern«, sagte ich.
     »Hier ist mein erster Bericht. Ich habe herausgefunden, daß
     Sie in Europa gezeugt wurden, wahrscheinlich in Frankreich im Winter
     1953/54.«
    Sie war ein wenig überrascht.
     »Ich hätte nie gedacht… « Sie schwieg.
    »Ihre Eltern waren während
     des Winters dort auf Reisen, und ich habe von Ihrem Geburtsdatum an zurückgerechnet.«
    Sie errötete. Ich lächelte
     nur und sah zu, wie ihr erst das Blut in die Wangen Schoß und dann
     die Röte langsam wieder wich.
    »Ich habe auch ein Foto
     von Ihrer Mutter gesehen, als sie mit Ihnen schwanger war, und ein Foto
     von Ihrer Ankunft in Indianapolis - von New York aus -, als Sie zwei
     Wochen alt waren.«
    »Ich bin in New York
     geboren«, sagte sie, obwohl es offenkundig gewesen sein muß,
     daß ich das bereits wußte.
    »Wissen Sie, warum Ihre
     Eltern vor Ihrer Geburt dorthin geflogen sind?«
    »Um von hier
     fortzukommen nach dem Tod meines Großvaters. Er ist im Sommer vor
     meiner Geburt gestorben.«
    Ich nickte. Und begriff, daß
     ich mich bisher mit dem Fall hauptsächlich unter dem Aspekt beschäftigt
     hatte, ob ich ihn übernehmen sollte oder nicht. Und nicht mit der
     Frage, wie ich ihn angehen sollte, falls ich ihn denn übernahm. Jetzt
     war meine Klientin bereit und willens, Fragen zu beantworten, und ich wußte
     gar nicht, welche Fragen ich ihr stellen sollte.
    Also dachte ich mir eine aus.
    »Ich muß
     irgendwelche Leute ausfindig machen, die Ihre Eltern zu der Zeit ihrer
     Hochzeit und Ihrer Geburt kannten.
    Wissen Sie jemanden, mit dem
     sie schon so lange bekannt sind?«
    Sie überlegte. »Vielleicht
     Mrs. Forebush. Sie war die Hausgehilfin oder Krankenschwester meines Großvaters.
    Irgendwas in der Art. Bis zu
     seinem Tode. Jetzt kommt sie noch manchmal vorbei, um mich zu besuchen,
     und erzählt mir, was für ein Mann mein Großvater war.«
     Bei dem Wort Mann bekam sie ganz große Augen. »Manchmal bringt
     sie mir auch kleine Geschenke, lustige kleine Sachen, Blumen, Steine oder
     alte Kalender, die sie gefunden hat. Mama haßt sie. Mama geht sofort
     auf ihr Zimmer, sobald Mrs. Forebush auftaucht.«
    »Was halten Sie von
     ihr?«
    »Sie ist in Ordnung.
     Ein bißchen komisch vielleicht, aber sie hat mich gern.«
    »Noch jemand?«
    »Ja, Dr. Fishman. Er
     ist unser Hausarzt. Ich weiß, daß er schon der Arzt meines Großvaters
     war und daß er Mama und Leander kennt, weil er manchmal nach ihnen
     fragt.«
    Ich merkte, daß diese
     Fragerei sie langsam ermüdete, aber ich hakte nach. »Sprechen
     Sie manchmal mit Ihrer Mutter über alte Zeiten?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Sie müssen sie
     doch mal gefragt haben, ob sie als Mädchen viele Freunde hatte oder
     wie sie in der Schule war.«
    »Eigentlich nicht.
     Kaum.

Weitere Kostenlose Bücher