Wer viel fragt
halten wir es für das beste, nicht erst um eine
Erlaubnis zu bitten. Es entspräche nicht unserem Berufsethos, da ja
ohnehin weitergemacht wird, ganz gleich, ob mit oder ohne ausdrückliche
Zustimmung.«
»Ich verstehe. In
diesem Fall, fürchte ich, werde ich nicht in der Lage sein, Ihnen zu
helfen. Das verstößt nämlich gegen mein Berufsethos.«
»Ich erwarte nicht von
Ihnen, daß Sie irgendwelche Vertraulichkeiten ausplaudern.«
Ich erwarte es nicht, sondern würde einfach darum bitten. »Und
es soll kein kritischer Artikel werden.«
»Mr. Samson, solange
ich nicht durch gerichtliche Vorladung dazu gezwungen oder von der Familie
Crystal eigens dazu gedrängt werde, werde ich weder über Estes
Graham und die Crystals noch über irgend etwas anderes mit Ihnen
reden. Ob Sie eine Geschichte für den Star oder für den lieben
Gott schreiben, interessiert mich nicht. Ich glaube nicht, daß wir
noch etwas zu besprechen haben.«
Dieser ungehobelte Bastard.
Menschen sind unberechenbar.
Er sagte noch nicht einmal
auf Wiederhören. Oder guten Morgen. Ich spürte den geistigen
Mangel an Gemeinsinn, der im zwischenmenschlichen Umgang herrscht. Und ich
spürte einen körperlichen Mangel: soll heißen, mir fehlte
ein gutes Frühstück. Nahrung macht einen wichtigen Teil meines
Lebens aus. Ich nehme gerne täglich etwas zu mir. Aber der Kühlschrank
hielt nichts bereit, um dem unsanften Erwachen und dem völligen
Mangel an Hilfsbereitschaft, wie berechtigt er auch sein mochte, ihre
bittere Schärfe zu nehmen. Manchmal kommt es mir so vor, als sei ich
nicht dickfellig genug für meinen Job.
Also gut.
Ich knabberte einen Toast und
entwarf einen Plan.
Ich hatte mich letzten Abend
für Fishman vor Shubert und den Schwestern entschieden, und es war
eine schlechte Wahl gewesen. Also würde ich meinen Fehler heute
morgen berichtigen und über dieses Mißgeschick, diese
Peinlichkeit triumphieren.
Eine Viertelscheibe Toast später
machte ich mich auf den Weg zur Eloise' High School.
Die Central ist die ›neue‹
öffentliche High School der Stadt, die zur Zeit ›in‹
ist. Strenggenommen liegt sie nicht zentral, sondern nördlich der
Innenstadt in Jefferson, wo die Reichen zu Hause sind. Die Schule hat den
größten Schülerparkplatz der ganzen Stadt.
Von meinem Büro zur
Central ist es zu Fuß zu weit. Ich ging durch die Hintergasse, die
mein Büro vom Stadtmarkt trennt, und zischte mit meinem knalligen 58
er Plymouth los. Auf zur Central.
An der Tür wurde ich von
einer ältlichen Frau ins Gebet genommen, deren Stimme um zehn nach
neun am Morgen schon wie Abend klang. Sie blickte beim Sprechen nicht auf.
»Ziemlich spät
dran, nicht wahr? Hast du eine Genehmigung?« Sie saß an einem
Tisch neben dem Eingang und sortierte Papiere.
»Gerade zur rechten
Zeit, würde ich sagen.«
Aber selbst nachdem sie
aufgeblickt hatte, gab es noch Komplikationen. Offenbar kommt kaum jemand
in die Schule, um einen gewöhnlichen Lehrer zu sprechen. Sie wollen
zum Schulleiter, zum Basketballtrainer, zu den Studienberatern oder, Gott
behüte, zu den Kindern.
»Wir sind mitten in der
Unterrichtsstunde«, sagte sie. »Das wußte ich nicht.«
Sie zuckte die Achseln und
ließ mich durch. Ich sah ganz proper aus, aber das interessierte sie
gar nicht. Ihre Aufgabe war es, säumige Schüler auf den Pfad der
Tugend zurückzuführen.
Ich schlenderte durch die
Eingangshalle, bis ich schließlich eine Tür mit dem Schild
LEHRERZIMMER fand. Ich ging hinein, in eine Art Klassenzimmer mit
verschmutzten Pulten, die zu Reihen aufgestellt waren. Da sah man doch
sofort den Fortschritt der modernen Pädagogik. Zu meinen Zeiten waren
die Pulte auf dem Boden angeschraubt gewesen.
Hier saßen Männer
und Frauen in den Ecken und rauchten, und vorn, wo man einen
gestikulierenden Lehrer erwartet hätte, stand eine Kaffeemaschine.
Ich näherte mich einer
wohlgemuten Brünetten im Minirock, in deren Haarpracht sorgfältig
blonde Strähnen verteilt waren.
Sie drückte drei Knöpfe
auf der Maschine gleichzeitig. Kaffee schwarz. Portion Milch. Portion
Zucker.
»Das ist die einzige Möglichkeit,
Milch und Zucker von dieser Maschine zu bekommen«, sagte sie.
»Sind Sie eine Vertretung? Ich schätze, Sie suchen den
Zigarettenautomaten.
Wir haben keinen. Der
Schulinspektor hat ihn entfernen lassen, als dieser ganze Krebsquatsch
anfing.
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