Wer viel fragt
Laden
war gerammelt voll. Und es heißt schon etwas, wenn ein Restaurant
mittags voll ist. Ich weiß davon ein Lied zu singen, weil meine
Mutter eine Imbißstube betreibt.
Ich bestellte mir einen
Cheeseburger und ein paar andere Delikatessen. Und gönnte mir einen
Schluck Wasser. Dann dachte ich über die Europareise der Crystals
nach. Sie waren fast sieben Monate unterwegs gewesen. Wenn Eloise jetzt
sechzehn war, dann war sie sehr wahrscheinlich in Europa empfangen worden.
Diese Erkenntnis verfehlte
ihre deprimierende Wirkung auf mich nicht.
Die Suche nach einem
biologischen Vater ist schon schwer genug, wenn man es mit einer
begrenzten Anzahl von Freunden zu tun hat, die um ein junges Mädchen
herumscharwenzeln.
Aber wenn betreffendes Mädchen
vor fast siebzehn Jahren während einer Reise durch Europa geschwängert
wurde, steigt die Zahl der möglichen biologischen Väter auf
atemberaubende Weise an.
Ich verzehrte meine Mahlzeit
in stiller Resignation und mit deutlich weniger Genuß, als ich mir
versprochen hatte. Wenn meine Annahme zutraf, daß Eloise in der Zeit
von Mitte Juni 1954 und vielleicht Mitte Dezember geboren wurde, dann war
sie an fremdem Gestade gezeugt. Und in diesem Falle schrieb man
wahrscheinlich am besten einfach die Verluste ab - einen halben Arbeitstag
- und schickte das Kind zu einer großen Detektei mit Verbindungen
ins Ausland. Was tat ich also?
Ich gönnte mir einen
Extrakaffee.
Also gut. Etwas, das wie ein
interessanter Fall aussieht, kommt durch meine Tür spaziert, mitten
in einer totalen Dürreperiode, und spaziert dann wieder hinaus.
Ich nahm noch einen Kaffee.
Und ließ innerlich den Kopf hängen, bis hinunter auf die Theke.
Na schön. Wollen wir anderen den Tag nicht verderben. Ich hinterließ
ein ordentliches Trinkgeld und trat wieder hinaus in die Herbstsonne.
Alle Probleme sind zunächst
einmal zu groß, um mit ihnen fertig zu werden. Das Wichtigste ist,
sie in einzelne, lösbare Teile zu zerlegen. Die richtigen Fragen zu
stellen.
Welche Fragen hatte ich
bisher gestellt? Nur: »Wo war die Mutter zur Zeit der Empfängnis?«,
und darauf hatte ich nicht die Antwort bekommen, die ich haben wollte.
Na toll.
Ich hatte noch nicht einmal
die eigentliche Frage gestellt. Ich war nicht zu Fleur Crystal gegangen
und hatte sie direkt gefragt.
Vielleicht würde sie es
mir sagen. Vielleicht, wenn ich sie betörte. Oder sie hereinlegte. Es
gab viele Möglichkeiten. Mir standen alle Wege offen.
Ich beschleunigte meine
Schritte. Eine der Fragen, die ich stellen mußte, war, ob sich die
Sache mit den Blutgruppen wirklich so verhielt, wie Eloise es dargestellt
hatte.
Ich nahm mir die
Mikrofilmrollen von April 1954 bis Dezember 1954 vor, und ich kurbelte
unermüdlich weiter, mit mehr Biß als am Vormittag.
Am 3. Juni erfuhr ich, daß
Fleur Crystal ein Kind erwartete.
Eloise' erster Auftritt. Die
Geburt des Babys und Erben wurde Mitte Oktober erwartet. Ich zählte
an den Fingern ab, daß der Termin für die Empfängnis dann
ungefähr Mitte Januar 1954 gewesen sein mußte. Mitten im kalten
französischen Winter.
Ich sprang nicht direkt bis
zum Oktober vor. Ich wollte ja immer noch eine Nachricht von Estes' Tod
finden. Und ich wollte auch wissen, ob es vielleicht eins dieser abartigen
Rituale gegeben hatte, die man eine Babyparty nennt.
Ein Bericht darüber würde
mir vielleicht die Namen von ein oder zwei hilfreichen Freundinnen
verraten, mit denen ich über Fleur reden könnte.
Aber ich bekam keine
Gelegenheit, mich durch eine Babyparty etwas anregen zu lassen. Den ganzen
Sommer hindurch wurde von nichts dergleichen berichtet. Aber ich fand
Estes Grahams Nachruf. Er starb am 2o. August 1954 an einem Herzschlag. Er
hatte nicht lange genug gelebt, um seine Enkeltochter kennenzulernen.
Aus dem Nachruf erfuhr ich
zum ersten Mal etwas über Fleurs Mutter. Sie war die geborene Irene
Olian, Tochter eines Reverend Billy Lee Olian. Sie hatte Estes 1916
geheiratet und ihm vier Kinder geschenkt. Drei Söhne, Windom, Sellman
und Joshua. Und die Tochter Fleur. Die drei Söhne waren im Zweiten
Weltkrieg umgekommen. Aber Irene Olian Graham war bereits 1937 verstorben.
Nur Fleur, Leander und die noch nicht geborene Eloise hatten Estes überlebt.
Ich mußte an das Bild
von der Hochzeit denken. Vor allem daran, daß Leander Crystal in
Uniform geheiratet
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