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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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mit dem Feind gehabt, und ich gehörte ihm.
     Ich hatte seine Bedingungen akzeptiert. Ich hatte ihm gesagt, was ich zu
     wissen glaubte; ich hatte stillschweigend eingewilligt, auf sein Gebot zu
     warten.
    Er hatte gesagt, es bestehe
     keine Gefahr für mich. Er hatte es lediglich gesagt, und ich hatte es
     geglaubt.
    Ich meine, was für eine
     Wendung der Ereignisse war das für einen Mann, der etwas auf sich
     hielt?
    Was die bedeutendere Frage
     aufs Tapet brachte, ob ich tatsächlich ein Mann war, der etwas auf
     sich hielt.
    Über einen einzigen
     Punkt war ich mir indessen nicht sicher: ob ich wirklich, nur weil er das
     behauptete, Eloise' Erlaubnis hatte, ihm alles zu sagen, was ich ihm
     bereits gesagt hatte. Das beunruhigte mich. Daß ich, ohne zu zögern,
     die Diskretion über Bord geworfen hatte, auf die mein Klient ein
     Recht hatte. Die Diskretion, die ich gemäß der Detektivgesetze
     des Staates von Indiana einem Klienten schulde, jenes Gesetzes, das es uns
     untersagt, irgend jemandem irgend etwas ohne Erlaubnis des Klienten
     mitzuteilen - es sei denn der Polizei, sofern es um ein Verbrechen geht.
    Eine gewisse Entschuldigung
     hatte ich. Es war mir im allerersten Schock über seine Anwesenheit
     passiert. Aber ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut. Zwei
     Stunden später beschloß ich, in wilde Aktivität zu
     verfallen, zurückzuschlagen.
    Ich wählte die Nummer
     der Crystals. Ein Mann war am Apparat. Ich erkannte die Stimme nicht. Ich
     fragte nach Eloise.
    Es entstand eine Pause, dann
     folgte ein gedämpfter Wortwechsel, und wieder sprach ich mit Leander
     Crystal. Ich fühlte mich ernsthaft versucht, einfach aufzulegen, aber
     das wäre selbst mir übermäßig kindisch erschienen.
    »Sind Sie das, Samson?«
    »Ich bin's«,
     sagte ich.
    »Es tut mir leid, aber
     Eloise kann im Augenblick nicht an den Apparat kommen. Ich wollte Sie
     gerade anrufen. Können Sie morgen früh, so gegen elf, hier
     herkommen? Ich würde die Dinge gerne ins reine bringen.«
    »Das läßt
     sich machen. Wird Eloise auch da sein?«
    »Sie werden morgen früh
     mit ihr reden können.« Und dann stellte er eine Frage. »Ihre
     Beziehung zu meiner Tochter ist nichts, hm, nichts, was sie nicht sein
     sollte, oder?« Vatersorgen pur.
    Ich richtete mich zu meiner
     vollen Telefongröße auf. »Mr. Crystal. Meine Beziehung zu
     Eloise ist die zwischen Klientin und Detektiv. Ich rufe sie jetzt an, weil
     ich nicht davon überzeugt bin, daß ich Ihnen heute hätte
     erzählen dürfen, was ich Ihnen erzählt habe, und ich wollte
     ihr erklären, warum ich überhaupt mit Ihnen gesprochen habe.
     Wenn wir allerdings morgen eine volle Erklärung dieser unerfreulichen
     Angelegenheit erwarten dürfen, dann ist das wohl in ihrem eigenen
     Interesse, und ich bin damit einverstanden. Ich werde morgen zur Stelle
     sein. Guten Tag.«
    Das Dröhnen meines auf
     die Gabel geschmetterten Hörers hallte durch die geheiligten Hallen
     meines Büros. Ich fühlte mich beschissen.

23
    Aus einem vagen Gefühl
     heraus fuhr ich etwas früher zum Haus der Crystals, ungefähr
     gegen neun Uhr. Ich bin mir nicht sicher, was ich dort zu finden hoffte -
     hektisches Packen und Leute, die davonliefen -, aber es kam anders. Ich
     bekam nichts Ungeziemliches zu sehen.
    Auf der anderen Seite erfüllte
     sich auch nicht die Befürchtung, die ich gleichzeitig gehegt hatte.
     Daß Crystal meinen Wagen auf der Straße erkennen, rauskommen
     und sagen würde: »Wenn Sie schon unbedingt früher kommen müssen,
     dann treten Sie wenigstens ein und warten Sie im Warmen.«, Das ist
     mir einmal passiert. Einer der Vorzüge der Bedeutungslosigkeit ist,
     daß man nicht an derselben Ethik festzuhalten braucht wie die großen
     Agenturen. Man braucht nicht jeden Fall anzunehmen, der reinkommt, jede
     alte Dame, die ihren dreißigjährigen ›Jungen‹
     beschattet haben will, damit sie die Frau, die ihn diesmal vom rechten
     Wege abbringt, in ihre Krallen bekommen kann.
    Und man braucht nicht jeden
     Fall so ganz auf die saubere Tour über die Bühne zu bringen. Man
     kann persönliche Dienste leisten. Bei dem Fall, an den ich gerade
     denke, engagierte mich eine Ehefrau, scheidungstaugliche Beweise gegen
     ihren Mann aufzutreiben, falls es denn solche gab.
    Es war Winter, und ich saß
     die ganze Nacht im Auto vorm Haus seiner Freundin. Gegen sieben war ich
     fast eingeschlafen und fast erfroren, als ich aufblickte als der Bursche
     an mein Fenster klopfte.

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