Wer viel fragt
mit dem Feind gehabt, und ich gehörte ihm.
Ich hatte seine Bedingungen akzeptiert. Ich hatte ihm gesagt, was ich zu
wissen glaubte; ich hatte stillschweigend eingewilligt, auf sein Gebot zu
warten.
Er hatte gesagt, es bestehe
keine Gefahr für mich. Er hatte es lediglich gesagt, und ich hatte es
geglaubt.
Ich meine, was für eine
Wendung der Ereignisse war das für einen Mann, der etwas auf sich
hielt?
Was die bedeutendere Frage
aufs Tapet brachte, ob ich tatsächlich ein Mann war, der etwas auf
sich hielt.
Über einen einzigen
Punkt war ich mir indessen nicht sicher: ob ich wirklich, nur weil er das
behauptete, Eloise' Erlaubnis hatte, ihm alles zu sagen, was ich ihm
bereits gesagt hatte. Das beunruhigte mich. Daß ich, ohne zu zögern,
die Diskretion über Bord geworfen hatte, auf die mein Klient ein
Recht hatte. Die Diskretion, die ich gemäß der Detektivgesetze
des Staates von Indiana einem Klienten schulde, jenes Gesetzes, das es uns
untersagt, irgend jemandem irgend etwas ohne Erlaubnis des Klienten
mitzuteilen - es sei denn der Polizei, sofern es um ein Verbrechen geht.
Eine gewisse Entschuldigung
hatte ich. Es war mir im allerersten Schock über seine Anwesenheit
passiert. Aber ich fühlte mich nicht wohl in meiner Haut. Zwei
Stunden später beschloß ich, in wilde Aktivität zu
verfallen, zurückzuschlagen.
Ich wählte die Nummer
der Crystals. Ein Mann war am Apparat. Ich erkannte die Stimme nicht. Ich
fragte nach Eloise.
Es entstand eine Pause, dann
folgte ein gedämpfter Wortwechsel, und wieder sprach ich mit Leander
Crystal. Ich fühlte mich ernsthaft versucht, einfach aufzulegen, aber
das wäre selbst mir übermäßig kindisch erschienen.
»Sind Sie das, Samson?«
»Ich bin's«,
sagte ich.
»Es tut mir leid, aber
Eloise kann im Augenblick nicht an den Apparat kommen. Ich wollte Sie
gerade anrufen. Können Sie morgen früh, so gegen elf, hier
herkommen? Ich würde die Dinge gerne ins reine bringen.«
»Das läßt
sich machen. Wird Eloise auch da sein?«
»Sie werden morgen früh
mit ihr reden können.« Und dann stellte er eine Frage. »Ihre
Beziehung zu meiner Tochter ist nichts, hm, nichts, was sie nicht sein
sollte, oder?« Vatersorgen pur.
Ich richtete mich zu meiner
vollen Telefongröße auf. »Mr. Crystal. Meine Beziehung zu
Eloise ist die zwischen Klientin und Detektiv. Ich rufe sie jetzt an, weil
ich nicht davon überzeugt bin, daß ich Ihnen heute hätte
erzählen dürfen, was ich Ihnen erzählt habe, und ich wollte
ihr erklären, warum ich überhaupt mit Ihnen gesprochen habe.
Wenn wir allerdings morgen eine volle Erklärung dieser unerfreulichen
Angelegenheit erwarten dürfen, dann ist das wohl in ihrem eigenen
Interesse, und ich bin damit einverstanden. Ich werde morgen zur Stelle
sein. Guten Tag.«
Das Dröhnen meines auf
die Gabel geschmetterten Hörers hallte durch die geheiligten Hallen
meines Büros. Ich fühlte mich beschissen.
23
Aus einem vagen Gefühl
heraus fuhr ich etwas früher zum Haus der Crystals, ungefähr
gegen neun Uhr. Ich bin mir nicht sicher, was ich dort zu finden hoffte -
hektisches Packen und Leute, die davonliefen -, aber es kam anders. Ich
bekam nichts Ungeziemliches zu sehen.
Auf der anderen Seite erfüllte
sich auch nicht die Befürchtung, die ich gleichzeitig gehegt hatte.
Daß Crystal meinen Wagen auf der Straße erkennen, rauskommen
und sagen würde: »Wenn Sie schon unbedingt früher kommen müssen,
dann treten Sie wenigstens ein und warten Sie im Warmen.«, Das ist
mir einmal passiert. Einer der Vorzüge der Bedeutungslosigkeit ist,
daß man nicht an derselben Ethik festzuhalten braucht wie die großen
Agenturen. Man braucht nicht jeden Fall anzunehmen, der reinkommt, jede
alte Dame, die ihren dreißigjährigen ›Jungen‹
beschattet haben will, damit sie die Frau, die ihn diesmal vom rechten
Wege abbringt, in ihre Krallen bekommen kann.
Und man braucht nicht jeden
Fall so ganz auf die saubere Tour über die Bühne zu bringen. Man
kann persönliche Dienste leisten. Bei dem Fall, an den ich gerade
denke, engagierte mich eine Ehefrau, scheidungstaugliche Beweise gegen
ihren Mann aufzutreiben, falls es denn solche gab.
Es war Winter, und ich saß
die ganze Nacht im Auto vorm Haus seiner Freundin. Gegen sieben war ich
fast eingeschlafen und fast erfroren, als ich aufblickte als der Bursche
an mein Fenster klopfte.
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