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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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zuckte die Achseln.
     »Welche Garantie könnte ich schon bekommen? Wenn Sie ein Stück
     Papier unterschreiben, versiegelt das nicht automatisch Ihren Mund. Eloise
     sagt, man kann Ihnen vertrauen. Wir werden ihrem Urteil vertrauen müssen.
     Wir werden da vertrauen müssen, wo uns früher der Mut fehlte.«
     Er sah sie zärtlich an. Ich sah sie auch an, und ihr Gesichtsausdruck
     schien immer noch von derselben müden Gelassenheit zu künden.
    »Ich bin einige
     Verpflichtungen eingegangen - es könnte eine Weile dauern, da wieder
     rauszukommen.«
    »Mr. Samson, ein
     Bettler kann nicht wählerisch sein. Ich bitte Sie, uns die
     gesellschaftliche Erschütterung eines Skandals zu ersparen. Ich kann
     Sie nicht dazu zwingen, Stillschweigen zu bewahren. Die Vermeidung eines
     Skandals ist uns sehr viel wert. Aber wir sind niemandem sonst fünfzigtausend
     Dollar wert.«
    »Es geht mir nicht um
     Geld.«
    »Dann kann ich nur noch
     sagen, daß ich Ihnen dankbar wäre, wenn Sie Ihre Entscheidung
     treffen und diese leidige Sache schnell erledigen würden.«
    »Dürfte ich
     vielleicht noch einmal allein mit Eloise sprechen?«
    »Natürlich.«
     Er drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum. Eloise, meine
     Klientin, meine blasse, zarte Klientin.
    Exklientin. »Hat man
     Sie wirklich ins Gefängnis gesteckt?«
    fragte sie.
    »Ja.« Ich freute
     mich über ihr Mitleid.
    »Damit hatte ich nicht
     gerechnet.« Ihr Mitleid war kein Mitleid. Es war ein gewisses Maß
     an Abscheu. Es verletzte mich. Ich halte mich nicht für schmutzig.
    »Sie sind nicht
     verantwortlich für das, was ich getan habe oder tun werde. Und wenn
     ich nicht ins Gefängnis gekommen wäre, wären Sie nie in den
     Genuß dieser Erklärung gekommen, das dürfen Sie nicht
     vergessen.«   
    »Werde ich auch nicht.
     Es tut mir leid.« Wir saßen da und schwiegen.
    Zu guter Letzt sagte ich:
     »Was ist nun? Sind Sie zufrieden?«
    »Ja«, sagte sie.
    »Mehr wollen Sie nicht
     wissen?«
    »Ich wüßte
     nicht, was.«
    »Dann einmal anders
     herum gefragt - hätten Sie etwas dagegen, wenn ich noch ein Weilchen
     weitermachen würde? Ich meine, nicht als Klientin, sondern als
     Mensch.« Diesen Kompromiß akzeptierte sie nicht.
    »Ja«, sagte sie
     hitzig. »Warum sollten Sie weitermachen? Es ist nicht Ihre Familie,
     es ist meine. Ich bin glücklich jetzt, glücklicher als seit
     langem… Seit ich denken kann!« Dann fügte sie
     freiwillig, und man könnte denken, kindlich hinzu: »Wenn es
     meine Entscheidung gewesen wäre, wären es eher fünftausend
     Dollar gewesen. Besser, Sie nehmen das Geld, bevor er seine Meinung ändert.«
    »Vielleicht werden Sie
     mal ein besserer Geschäftsmann als Ihr Vater.«
    »Vielleicht werde ich
     das.« Sie wandte sich ab. Ich ging, bevor sie sich umdrehte. Ich
     hatte Angst davor, in ihren Augen Dollarzeichen zu sehen.
    Ich ging zur Flurtür und
     öffnete sie für Leander Crystal. Er wartete auf mich, saß
     auf der Treppe zum zweiten Stock. Er lächelte verlegen und stand auf.
     Es war das erste Mal, daß er mich angelächelt hatte. Es gefiel
     mir; es war menschlich.
    Wir gingen ins Wohnzimmer zurück,
     wo Eloise noch immer auf ihrem Platz saß. Dann zog er ein kleines Stück
     Papier mit blauen Linien drauf aus der Tasche.
    »Ich habe ja gesagt, daß
     ich Ihnen das hier geben wollte«, sagte er, und seine Stimme klang
     auffällig müde. Ich steckte den Scheck in die Tasche, ohne die
     Ziffern zu lesen. Ich wollte nicht ungehobelt erscheinen.
    »Wenn es noch
     irgendwelche Fragen gibt, die ich für Sie beantworten kann, Dinge,
     von denen Sie meinen, Sie müßten sie wissen…«
    Er wurde unterbrochen, als
     die Tür auf der anderen Seite des Wohnzimmers aufflog und Fleur
     Crystal erschien. Die Tür, durch die sie bei unserem letzten Treffen
     angsterfüllt verschwunden war.
    Keine Spur von Angst jetzt.
     Sie achtete sorgfältig darauf, nicht zu schwanken, hielt sich mit der
     einen Hand am Türrahmen fest und umklammerte mit der anderen ein
     kleines Glas. Der Inhalt des Glases hätte Eistee sein können,
     aber ich sah keine Zitrone.        
    »Da sind Sie also«,
     schrie sie. »Sie beschissener kleiner Bastard!« Sie lachte.
     »Hat er's Ihnen gesagt? Hat er's Ihnen gesagt?«
    Crystal trat zu ihr und
     versuchte sie dorthin zurückzubugsieren, wo sie hergekommen war. Sie
     war nicht gerade fügsam, aber als er die Hände auf ihre
     Schultern legte, stieß sie ihn nicht direkt

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