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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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ein klein wenig Engagement und ein klein
     wenig Kühnheit verdient zu haben. Wegen der Verhaftung machte ich mir
     keine allzu großen Sorgen. Ich habe eine ganze Reihe von Freunden in
     der Stadt, die einem helfen können, wenn man nicht so wichtig ist.
     Und wichtig bin ich nicht.
    Auf dem Heimweg im Auto pfiff
     ich vor mich hin. Ich nahm die Treppe, statt auf den Aufzug zu warten. Und
     ich nehme fast nie die Treppe.
    Der einzige Wermutstropfen
     war, daß Eloise aus irgendeinem Grund nicht in der Lage gewesen war
     zu bleiben. Ich dachte, meine Nachricht würde genügen, um sie
     hier festzuhalten. Ich freute mich darüber, eine so positive
     Nachricht hinterlassen zu haben. Ich beeilte mich auf dem Rückweg,
     daher näherte ich mich um vier Uhr fünfundvierzig meiner Bürotür.
    Die Tür stand einen
     Spaltbreit offen. Als ich das sah, tat mein Herz einen kleinen Hüpfer,
     wie Herzen das eben so tun. Das überraschte mich. Ich war immerhin
     ein alter Mann, von dem man etwas mehr Selbstbeherrschung erwarten durfte.
    Ich staunte kopfschüttelnd
     über mich selbst. Ich lächelte, ich ging mit langen Schritten in
     mein Büro.
    Auf der Ecke meines
     Schreibtischs saß mit meiner Notiz an Eloise in der Hand Leander
     Crystal.
    Dieser Anblick machte mich
     sprachlos. Ich stand einfach nur da und fing an zu zittern. Ich weiß
     nicht, ob er das bemerkte.
    Nach einminütigem
     Schweigen murmelte ich: »Ich brauche einen Drink«, und
     versuchte mir zu überlegen, wie ich am besten an meine
     Schreibtischschublade kam. Es hätte eigentlich nicht weiter schwierig
     sein dürfen - das ist mir jetzt klar. Aber der Anblick von Crystal
     dort, wo meine Eloise, meine Klientin hätte sein sollen, dieser
     Anblick erschreckte mich.
    Ich brauchte noch mal volle
     sechzig Sekunden, um zu begreifen, daß ich in keiner unmittelbaren körperlichen
     Gefahr war; er hatte keine Waffe und richtete sie auch nicht auf mich.
    Ich war sicher, daß er
     wußte, daß ich zitterte. Ich wollte ihn los sein. Ich wünschte
     ihn Gott weiß wohin. Wir wußten, daß wir Feinde waren.
    Ich sagte: »Gehen Sie
     von meinem Schreibtisch runter.« Er ging runter und stellte sich
     neben den Stuhl. Eloises Stuhl. Ich trat hinter meinen Schreibtisch,
     setzte mich und tat, was zu tun war. Ich ging drei Schubladen durch, bevor
     ich die Flasche fand.
    Das Siegel war kaum
     aufzukriegen. Ich kann nicht sagen, daß ich mich nach dem guten
     Schluck besser fühlte. Es war mir halt nichts Besseres eingefallen.
     Ich reagiere nicht besonders gut auf Überraschungen.
    »Sie haben meine
     Tochter erwartet, glaube ich.« Er machte nach jedem Wort eine kurze
     Pause und artikulierte sehr deutlich.
    Mister Cool. »Ich habe
     sie nach Hause geschickt. Das arme Kind war sehr aufgeregt. Die Überraschung,
     mich hier zu sehen.
    Ich muß sagen, ich war
     überrascht, sie hier zu sehen. Aber ich habe mich entschlossen zu
     bleiben, damit wir reden können.«   
    »Ich bin nicht so
     sicher, ob wir einander viel zu sagen haben«, meinte ich, weil es
     jetzt an mir war, etwas zu sagen, und weil ich instinktiv zu Höflichkeit
     neige.
    »Ich glaube, diese
     Notiz, die Sie meiner Tochter hinterlassen haben, läßt eher auf
     das Gegenteil schließen.«
    »Ah, die Notiz.«
    »Was genau wissen Sie
     über Eloise' Abstammung, Mr. Samson?«
    »Ich arbeite immer noch
     an der Frage, wie Sie hierhergekommen sind.«
    Er trat ungeduldig von einem
     Fuß auf den anderen und beschloß dann, sich zu setzen. »Sie
     sind gestern nacht in mein Büro eingebrochen. Die Nachtwache hat eine
     Geheimnummer von mir, mit der man mich verständigt, falls im Büro
     etwas Verdächtiges vorgeht. Ihre Aktivitäten wurden für
     verdächtig gehalten. Von der Polizei habe ich Ihren Namen bekommen.
     Ich muß sagen, es fasziniert mich, was Sie alles für einen
     Artikel auf sich nehmen. Aber dieses kleine Märchen können wir
     wohl für den Augenblick fallen lassen, nicht wahr? Sie sind
     Privatdetektiv, siebenunddreißig Jahre alt und stammen ursprünglich
     aus dieser Stadt. Sie haben Indianapolis verlassen, um das College zu
     besuchen, sind aber abgegangen, als ihr Vater starb. Er war Wärter im
     Gefängnis von Marion County. Dann haben Sie eine Zeitlang als
     Wachmann gearbeitet, sind zurück aufs College gegangen, durch die Prüfung
     gefallen und haben ein Buch über ihre ›Erfahrungen‹
     geschrieben, das eine Art cause celebre war. Sie haben über Ihren
     Stand geheiratet, eine

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