Wer viel fragt
mich nicht gern belügen lasse. Was
schon Ansporn genug gewesen wäre, um die ganze Geschichte
weiterzuverfolgen.
Trotz des Respekts, den
Leander Crystal mir abnötigte, hatte ich das Gefühl, daß
er mich einfach belogen haben mußte.
Im Grunde, weil ich nicht
glaubte, daß das, was ich wußte, fünfzigtausend Dollar
wert war, nicht einmal, wenn es zu einem Skandal kam. Ich hätte das
eher wie Eloise eingeschätzt. Ich hätte mich mit fünftausend
Dollar zufriedengegeben.
Auf alle Fälle würde
ich so lange weitermachen, bis ich beweisen konnte, daß man mich
belogen hatte oder nicht. Ich würde keine neuen Wege erkunden. Würde
Notizen durchgehen, okay. Würde Leute besuchen, die zu besuchen ich
mir bereits vorgenommen hatte. Die Unterlagen überprüfen, die
ich Miller abgeschwatzt hatte, und ihm sagen, was ich in der Hand hatte.
Meine Post lesen. Und
vielleicht einen Blick auf die Bilder werfen, die ich mir bei Crystal
beschafft hatte.
Und wenn binnen einer Woche
nichts dabei rauskam, würde ich meinen Scheck einlösen und das
Geld abheben und…
Ich ging zum Mittagessen zu
Joe. Dort wäre ich beinahe an meinem zweiten Hamburger erstickt, als
mich schlagartig der unbezwingbare Drang überkam, zu meiner nächsten
Bank zu rennen. Ungeachtet der Tatsache, daß Samstag war. Ich würde
an die Tür hämmern, bis irgend jemand mir aufmachte. Als ich
mich zum dritten Mal verschluckte, riß ich mich endlich zusammen,
bestellte Zitronenbaiser, Torte, Schokoladeneiscreme, schwarzen Kaffee und
beschloß, der Sache drei Tage zu geben, maximal.
26
Mrs. Forebush war ganz die
alte. Ich fragte mich nur, was sie in diesem Haus in der Fünfzigsten
Straße tat. Ob sie jemals ausging; wie sie an ihre Lebensmittel kam.
Der nächste Laden ist an der Ecke Neunundvierzigste und Washington
Boulevard, drei stattliche Häuserblocks weiter. Bei näherem
Nachdenken dämmerte mir, daß sie wohl zurechtkam.
Als wir im Viktorianischen
Zimmer von Indianapolis saßen, gab ich ihr die Geschichte so wieder,
wie Crystal sie mir aufgetischt hatte. Ich hatte die Möglichkeit
erwogen, das Ganze noch etwas zu schönen, mir dann aber überlegt,
daß sie sicher um Eloise' willen schweigen würde, wenn ich das
schon um fünfzigtausend Dollar willen tat. Ich ließ Crystals
finanzielles Angebot unerwähnt.
Als ich fertig war, sagte
sie: »Fleur war nie besonders in sich gefestigt. Jetzt ergibt das
Ganze wohl einen Sinn.« Sie sah mich mit großer Aufmerksamkeit
an, um festzustellen, ob ich genauso dachte.
»Das tut es wohl«,
sagte ich und versuchte, genauso aufmerksam zurückzuschauen.
»Aber ich sehe das
Problem nicht. Das Kind wurde ehelich geboren, und es war Fleurs Kind;
mehr war nach dem Testament nicht nötig. Wozu also die Geheimniskrämerei?«
»Vielleicht weil es
schwierig ist, sich dazu zu bekennen, daß man sich anfangs mit einer
Lüge beholfen hat«, sagte ich gnädig. »Was mich
betrifft, ich habe einen beträchtlichen persönlichen Respekt für
Leander Crystal entwickelt. Er ist ein ungewöhnlicher Mann.«
Sie nickte nachdrücklich.
»Ihm gehört dieses Haus, wissen Sie. Er läßt mich
hier mietfrei wohnen und gibt mir eine Art Pension.«
»Das haben Sie mir erzählt.
Wann sind Sie hier eingezogen?«
»Fast unmittelbar nach
dem Tod des armen Estes. Fleur und Mr. Crystal sind zwei Tage nach der
Beerdigung nach New York abgereist, und er hatte alles Nötige in die
Wege geleitet, damit die Umzugsfirma mich zwei Tage später hier
herbrachte.«
»Wissen Sie, wann er
das Haus gekauft hat?« Ich habe auch mal ein Haus gekauft; war 'ne
Menge Trouble. »Nein, aber es war damals bewohnt. Ich glaube, er hat
die Mieter rausgeworfen, oder sie sind von selbst ziemlich schnell
ausgezogen. Sie haben ziemlich viele Lebensmittel hiergelassen und
Porzellan und solche Dinge. Porzellan Marke Woolworth.«
Sie warf einen anerkennenden
Blick auf ihre eigene Porzellanvitrine. »Sehen Sie diese Schale mit
dem Blumenmuster? Das ist Minton.«
»Sehr hübsch.«
»Und das Essen. Lauter
merkwürdige Gemüsearten.
Artischockenherzen und
Endivien. Aber was kann man von einer Ausländerin schon erwarten? Sie
war nämlich Ausländerin. Wußten Sie das?«
»Nein, das wußte
ich nicht. Woher wissen Sie es denn?« Sie sah mich scharf an, als hätten
meine Worte eine Art von Kritik enthalten, was sie wahrscheinlich auch
taten. Die
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