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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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     war. Ja, vielleicht dies und vielleicht das. Ja, vielleicht erlag ich
     lediglich einem irrationalen Drang, zu prüfen und gegenzuprüfen.
    Daheim, Treppe, Büro,
     Bourbon, Glas, Eßzimmersessel.
    Die Polizeiakte lag obenauf.
     Ames, Iowa.
    Überraschenderweise
     hatte Leander Crystal eine Polizeiakte.
    Zwei Verhaftungen 1939, das
     erste Mal für schweren Autodiebstahl (Anklagen fallengelassen). Das
     zweite Mal für geringfügigen Diebstahl. »Anklagen
     fallengelassen, als Betreffender sich bereit erklärte, der Armee
     beizutreten.«
    Auf diese Weise erklärte
     sich auch das fehlende Jahr.
    Geboren 1920.
     High-School-Abschluß 1938. Eine interessante Sache an sich war, daß
     er überhaupt in der Schule hatte bleiben können. 1940 Eintritt
     in die Army. Das Jahr dazwischen: Knast.
    Motivation für Eintritt
     in die Army: besser als Gefängnis.
    Und das war es auch gewesen.
     Die Army erfüllt einige hervorragende gesellschaftliche Funktionen.
     Abgesehen von Bevölkerungsverringerung.
    Es war schwer zu glauben, daß
     der außergewöhnliche Mann, als den ich Eloise' Vater kannte,
     auf diese Weise angefangen hatte. Zeit und Zähigkeit.
    Und wir hatten etwas
     gemeinsam. Wir hatten beide Autos geklaut - aber mich hatte man nie
     erwischt. Das machte mich stolz.
    Crystals Army-Zeugnisse ließen
     den Schluß zu, daß er eine aktive und heroische
     Kampfeslaufbahn gehabt hatte, während derer er zweimal ausgezeichnet
     worden war, was ich wußte. Bei Kriegsende hatte er zu einer
     Nachschubeinheit in Südfrankreich gehört, was ich nicht gewußt
     hatte.
    Es fanden sich Hinweise von
     verschiedenen Vorgesetzten, die besagten, daß Crystal Interesse an
     einer Army-Laufbahn bekundet hatte. Es gab einen einzigen Schönheitsfleck
     in seiner Akte. Während der Grundausbildung hatte irgendeine Frau ihn
     beschuldigt, der Vater ihres Kindes zu sein. Ein Verfahren wurde
     eingeleitet, aber »die Anklage, gegen die der Soldat sich verwahrte,
     wurde in der Folge fallengelassen.« Kurze Zeit später war er
     nach Europa eingeschifft worden.   
    Während seiner Zeit beim
     Militär wurden keine weiteren Anschuldigungen dieser Art mehr gegen
     ihn erhoben. Hätte er damals bloß gewußt, was er heute wußte!
    Genau so was war übrigens
     auch Bud passiert, als er beim Militär war, Mn in London während
     des Ersten Weltkriegs. Dort hatte eine Dame behauptet, ihr kurz vor der
     Geburt befindliches Kind hätte denselben Vater wie ich. Und auch sie
     ließ die Behauptung nach einer Fehlgeburt fallen. Ich schätze,
     so was kann jedem mal passieren.
    Ich gönnte mir einen
     Drink und schwelgte in Ironie. Ich beschäftigte mich mit den
     Armeeunterlagen von Sellman und Windom Graham. Ich hatte sie mir der
     Vollständigkeit halber erbeten - mehr um der Pflicht als des Vergnügens
     willen. Gute Soldaten, tapfere Soldaten, tote Soldaten.
    Joshua Graham sah ich mir näher
     an.
    Er hatte sich spät im
     Krieg, aber früh in seinem Leben zur Armee gemeldet, kurz nach seinem
     achtzehnten Geburtstag.
    Vom High-School-Abschluß
     direkt zum Militär. Im Dezember 1944 kam er nach Europa, feierte im März
     1945 seinen neunzehnten Geburtstag und wurde im August getötet, als
     er mit einem Nachschub-LKW über eine bis dahin unentdeckte deutsche
     Mine fuhr. Die Armee stufte seinen Tod als Unfall ein.
    Die Geschichte, wie sie in
     den Armeeunterlagen dargestellt wird, stimmte in jedem Punkt mit dem
     überein, was Leander Crystal Estes geschrieben hatte.
    Mein Hauptanliegen war erfüllt.
     Crystal war in derselben Armee-Einheit wie Joshua gewesen. Behauptung bestätigt.
    Außerdem hatte Joshua
     im Nachschub unter Crystal gearbeitet.
    Anhand meiner Notizen
     arbeitete ich mich weiter durch Joshuas Akte. Das einzige, was ich nicht
     überprüfte, war Leanders Behauptung, er sei am Unglücksort
     gewesen und habe Joshuas letzte Worte gehört. Nach den
     Armeeunterlagen war tatsächlich ein Mann am Ort gewesen, ein Zeuge,
     und hatte Joshua bei dessen Tod zur Seite gestanden. Ein Arzt, der Arzt,
     der später Joshuas Tod bescheinigt hatte. Ein Henry Chivian.
    Aber Leander hatte den
     Grahams geschrieben und den Platz des Zeugen eingenommen. Das fand ich
     interessant. Daß Leander es für angebracht gehalten hatte, sich
     an Joshuas Seite zu mogeln. Es schien ein beachtlicher Schritt von dem
     kleinen Einbrecher aus Iowa bis zu dem tollkühnen Helden.
    Es zeigte eine gewisse
     Vorausplanung. Was sonst konnte es bedeuten?

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