Wer viel fragt
verfügbar
war. Ja, vielleicht dies und vielleicht das. Ja, vielleicht erlag ich
lediglich einem irrationalen Drang, zu prüfen und gegenzuprüfen.
Daheim, Treppe, Büro,
Bourbon, Glas, Eßzimmersessel.
Die Polizeiakte lag obenauf.
Ames, Iowa.
Überraschenderweise
hatte Leander Crystal eine Polizeiakte.
Zwei Verhaftungen 1939, das
erste Mal für schweren Autodiebstahl (Anklagen fallengelassen). Das
zweite Mal für geringfügigen Diebstahl. »Anklagen
fallengelassen, als Betreffender sich bereit erklärte, der Armee
beizutreten.«
Auf diese Weise erklärte
sich auch das fehlende Jahr.
Geboren 1920.
High-School-Abschluß 1938. Eine interessante Sache an sich war, daß
er überhaupt in der Schule hatte bleiben können. 1940 Eintritt
in die Army. Das Jahr dazwischen: Knast.
Motivation für Eintritt
in die Army: besser als Gefängnis.
Und das war es auch gewesen.
Die Army erfüllt einige hervorragende gesellschaftliche Funktionen.
Abgesehen von Bevölkerungsverringerung.
Es war schwer zu glauben, daß
der außergewöhnliche Mann, als den ich Eloise' Vater kannte,
auf diese Weise angefangen hatte. Zeit und Zähigkeit.
Und wir hatten etwas
gemeinsam. Wir hatten beide Autos geklaut - aber mich hatte man nie
erwischt. Das machte mich stolz.
Crystals Army-Zeugnisse ließen
den Schluß zu, daß er eine aktive und heroische
Kampfeslaufbahn gehabt hatte, während derer er zweimal ausgezeichnet
worden war, was ich wußte. Bei Kriegsende hatte er zu einer
Nachschubeinheit in Südfrankreich gehört, was ich nicht gewußt
hatte.
Es fanden sich Hinweise von
verschiedenen Vorgesetzten, die besagten, daß Crystal Interesse an
einer Army-Laufbahn bekundet hatte. Es gab einen einzigen Schönheitsfleck
in seiner Akte. Während der Grundausbildung hatte irgendeine Frau ihn
beschuldigt, der Vater ihres Kindes zu sein. Ein Verfahren wurde
eingeleitet, aber »die Anklage, gegen die der Soldat sich verwahrte,
wurde in der Folge fallengelassen.« Kurze Zeit später war er
nach Europa eingeschifft worden.
Während seiner Zeit beim
Militär wurden keine weiteren Anschuldigungen dieser Art mehr gegen
ihn erhoben. Hätte er damals bloß gewußt, was er heute wußte!
Genau so was war übrigens
auch Bud passiert, als er beim Militär war, Mn in London während
des Ersten Weltkriegs. Dort hatte eine Dame behauptet, ihr kurz vor der
Geburt befindliches Kind hätte denselben Vater wie ich. Und auch sie
ließ die Behauptung nach einer Fehlgeburt fallen. Ich schätze,
so was kann jedem mal passieren.
Ich gönnte mir einen
Drink und schwelgte in Ironie. Ich beschäftigte mich mit den
Armeeunterlagen von Sellman und Windom Graham. Ich hatte sie mir der
Vollständigkeit halber erbeten - mehr um der Pflicht als des Vergnügens
willen. Gute Soldaten, tapfere Soldaten, tote Soldaten.
Joshua Graham sah ich mir näher
an.
Er hatte sich spät im
Krieg, aber früh in seinem Leben zur Armee gemeldet, kurz nach seinem
achtzehnten Geburtstag.
Vom High-School-Abschluß
direkt zum Militär. Im Dezember 1944 kam er nach Europa, feierte im März
1945 seinen neunzehnten Geburtstag und wurde im August getötet, als
er mit einem Nachschub-LKW über eine bis dahin unentdeckte deutsche
Mine fuhr. Die Armee stufte seinen Tod als Unfall ein.
Die Geschichte, wie sie in
den Armeeunterlagen dargestellt wird, stimmte in jedem Punkt mit dem
überein, was Leander Crystal Estes geschrieben hatte.
Mein Hauptanliegen war erfüllt.
Crystal war in derselben Armee-Einheit wie Joshua gewesen. Behauptung bestätigt.
Außerdem hatte Joshua
im Nachschub unter Crystal gearbeitet.
Anhand meiner Notizen
arbeitete ich mich weiter durch Joshuas Akte. Das einzige, was ich nicht
überprüfte, war Leanders Behauptung, er sei am Unglücksort
gewesen und habe Joshuas letzte Worte gehört. Nach den
Armeeunterlagen war tatsächlich ein Mann am Ort gewesen, ein Zeuge,
und hatte Joshua bei dessen Tod zur Seite gestanden. Ein Arzt, der Arzt,
der später Joshuas Tod bescheinigt hatte. Ein Henry Chivian.
Aber Leander hatte den
Grahams geschrieben und den Platz des Zeugen eingenommen. Das fand ich
interessant. Daß Leander es für angebracht gehalten hatte, sich
an Joshuas Seite zu mogeln. Es schien ein beachtlicher Schritt von dem
kleinen Einbrecher aus Iowa bis zu dem tollkühnen Helden.
Es zeigte eine gewisse
Vorausplanung. Was sonst konnte es bedeuten?
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