Wer viel fragt
vertuschen.
Es war auch nicht viel Geld für
einen Arzt, den man zu einem Umzug in eine andere Gegend veranlassen
wollte, jedenfalls nicht, wenn er auch nur ein wenig Klasse hatte, und
irgendwie war mir klar, daß jemand, der so lange mit Crystal zu tun
hatte, einfach etwas Klasse haben mußte. Aber es war eine hübsche
Leibrente, und vielleicht war dieser Chivian ein entgegenkommender, nicht
sehr anspruchsvoller Bursche.
Warum ging ich davon aus, daß
jeder, der mit Crystal zu tun hatte, anspruchsvoll sein mußte?
Dann kam mir der Gedanke, daß
das Ganze auch bedeuten konnte, daß irgend jemand im Hause Crystal
ein Junkie war.
Fleur wahrscheinlich.
Und warum Lafayette? Warum
nicht Indianapolis?
Die Stadt war doch groß
genug, um Geheimhaltung zu sichern, wenn das gewünscht wurde. Das
hatte Crystal mit seinem ›Ames‹ -Büro bewiesen. Natürlich
war diese Entscheidung in den späten Fünfzigern getroffen
worden, aber Indianapolis war schon damals ziemlich groß gewesen,
eine Stadt mit mehr als vierhunderttausend Einwohnern. Vielleicht spielten
wehmütige Erinnerungen an die alten Zeiten in Frankreich und der Name
Lafayette eine Rolle.
Ich hätte mich um ein
Haar an fünf Uhr vorbeigedacht. Aber eben nur um ein Haar.
Ich nahm den Hörer ab,
erbat und bekam von der Auskunft in Lafayette Chivians Praxisnummer und wählte
dann direkt.
Dann hatte ich eine sehr
freundliche Stimme am Apparat, die sagte: »Praxis Dr. Chivian.«
Sehr freundlich. Klang jung und hübsch und, nun ja, eben freundlich.
Ich bat sie um einen Termin, was sie ganz zutreffend auf den Arzt bezog
und nicht auf sich.
»Vielleicht nächsten
Montag um zwei Uhr?«
»Ich hatte gehofft,
etwas früher kommen zu können; ich meine, wäre es
vielleicht irgendwie möglich, mich morgen nachmittag reinzuquetschen?«
»Wegen welcher
Beschwerden wollen Sie den Doktor denn konsultieren?«
»Es, hm, es handelt
sich um ein Männerproblem.«
»Ich verstehe.«
Sie verstand! »Wenn Sie morgen so gegen zwei Uhr reinkommen,
versuchen wir, Sie nicht allzu lange warten zu lassen. Würden Sie mir
vielleicht noch Ihren Namen und Ihre Adresse geben?«
Ich hätte die Sache um
ein Haar versaut, indem ich mich Henry nannte. »Ich heiße
Harry, das heißt Harrison Keindly.«
Ich buchstabierte es ihr.
»Aber ich werde allgemein Harry genannt.«
»Also gut, Harry, Sie
kommen morgen gegen zwei. Vielen Dank für Ihren Anruf.«
Sehr freundlich. Ab und zu
ist eine Stimme einfach genug.
Das Dinner verbrachte ich mit
der Frage, was ich anziehen sollte.
Meine
Nach-Tischvor-Schlummer-Phase verbrachte ich sehr tugendhaft mit Büroarbeit.
Ich ging Crystals Steuerunterlagen und Rechnungen durch. Ich nahm jedes
Foto zur Hand, studierte jedes Blatt durch mein Vergrößerungsglas
und versuchte, so gut es mir möglich war, herauszufinden, was zum
Teufel es möglicherweise bedeuten konnte.
Der Erfolg war nicht gerade
umwerfend. Meine Vertrautheit mit Papierkram rund ums Geld ist nur
rudimentär. Als ich mit solchen Dingen zu tun hatte- während
meiner kurzen Wohlstandsphase Ende der Fünfziger -, kümmerte
sich ein Steuerberater um den ganzen Kram. Ich habe nur unterzeichnet.
Ich hatte ständig gegen
wahre Völkerscharen zu kämpfen, von denen ich damals umgeben
war, alles hochqualifizierte Experten für alles mögliche außer
für Geld, die die ganze Zeit über nichts anderes sprachen als
darüber, was man mit seinem Geld anfangen sollte. Ich bekämpfte
sie erfolgreich; den ganzen Weg zurück nach Hause, nach Indianapolis.
Es ist noch ein Grund, warum es mir innerlich widerstrebte, mich sorgfältig
mit Crystals Unterlagen zu beschäftigen. Irgendwie hatte die ganze
Sache noch eine andere Dimension für mich, aber nachdem ich erst mal
angefangen hatte… Ich fand drei Informationen, die mir etwas
sagten. Urkunden und Kaufverträge für zwei Häuser und
Unterlagen über den Verkauf eines dritten.
Der Verkauf betraf das als
›Haus Graham‹ bekannte Grundstück auf der North
Meridian Street. Es brachte im August 1955 das hübsche Sümmchen
von sechsundneunzigtausendfünfhundert Dollar ein. Ungefähr zur
selben Zeit wurde das Haus auf dem Jefferson Boulevard mit der Nummer 7019
für achtundfünfzigtausend Dollar erworben.
Die dritte Immobilie war mir
ebenfalls bekannt. Ein Haus auf der Fünfzigsten Straße auf
einem 15 mal 20 Meter
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