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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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    »Man braucht kein Genie
     zu sein, um damit klarzukommen.«
    Ich beließ es dabei.
     Ich war kein Genie. Ich steckte einen Stapel in jeweils eine meiner
     Jackentaschen und ließ mir auf dem Weg nach draußen von ihm
     seine Spielzeuge zeigen. Er hatte sogar einen kleinen Computer im
     Untergeschoß. Aber ich bereute meine Investition beziehungsweise
     meine beginnende Investition nicht, denn er hatte auch einen Flipper
     direkt neben dem Computer stehen. »Für meinen Sohn«,
     sagte er, als er meinen Blick bemerkte, und lächelte.
    Ich wette. Und hätte
     fast gewettet, daß er gar keinen Sohn hatte. Aber abzüglich
     seiner hundertfünfzig blieb mir nicht mehr viel Geld zum Wetten.
    Ich schlurfte davon; wir
     einigten uns, daß ich seinen Anruf abwarten würde.

35
    Noch im Hausflur, auf dem Weg
     zu meinem Büro, sah ich, daß dessen Tür offenstand, weit
     offen, nicht nur einen Spaltbreit.
    Mein Herz begann zu hämmern.
     Ich hasse Überraschungen, vor allem, wenn ich weiß, daß
     eine bevorsteht, aber nicht weiß, was oder in diesem Falle wer mich
     erwartet. Ob ich meine Verteidigung mobilisieren muß oder meinen
     Charme.
    Ich dachte kurz darüber
     nach, einfach wieder zurückzumarschieren, bei den Cops vorbeizugehen
     und mit Miller zu reden. Widerstrebend entschied ich mich dagegen. Ich
     wollte Miller nach meinem abendlichen närrischen Anruf nicht mit
     einem persönlichen Auftritt zusätzlich unter Druck setzen.
    Aber ich konnte auch nicht
     direkt ins Büro gehen. Also stattete ich meinem leerstehenden
     Nachbarbüro einen kurzen Besuch ab. Ich öffnete das Schloß
     und schlüpfte hinein. Es waren nur zwei schmutzige, leere Räume,
     abgesehen von den Verbesserungen, die ich im Umfeld der Badewanne
     vorgenommen hatte. Ich suchte mir die am wenigsten vergammelte Ecke aus
     und deponierte mein Notizbuch dort.
    Dann den Satz Fotos, die ich
     in einem Manila-Umschlag bei mir trug. Dann mein Jackett mit seinen
     Taschen voller Einnahmen und Ausgaben.
    Während der wenigen
     Schritte zurück zu der Mausefalle, die ich mein Zuhause nenne, fragte
     ich mich, wer oder was genau dort auf mich warten mochte.
    Als ich durch die offene Tür
     spähte, kam mir ein Verdacht.
    Mein Büro war leer.
    Nach einer schnellen
     Bewegung, um festzustellen, ob irgend jemand hinter der Tür stand,
     ging ich so leise, wie ich konnte, hinein. Ich schlich auf Zehenspitzen zu
     meiner Wohnzimmertür hinüber. Auch sie stand offen. Bevor ich
     hindurchschaute, blieb ich stehen, um zu lauschen. Ich hörte nichts.
     Vielleicht hatte ich einfach, als ich am Morgen aus dem Haus ging, alle Türen
     offengelassen. Obwohl ich versuche, auf solche Dinge zu achten, könnte
     es mir passiert sein. Ich rahmte mir im Geiste ein Bild von mir selbst,
     wie ich auf Zehenspitzen durch meine eigene leere Wohnung schlich. Ein
     Beschatter, der sich vor seinem eigenen Schatten fürchtete.
    Aber wie soll ein Mann leben,
     wenn er sich nicht ernst nimmt?
    Ich schlich weiter in mein
     Hinterzimmer.
    Mein Eßzimmersessel war
     umgedreht, zum Fenster herum.
    Auf eine seiner breiten
     Ulmenarmlehnen hing ein Kopf mit walnußfarbenem Haar herunter.
    Er rührte sich nicht.
     Ich stand, wie mir schien, eine Ewigkeit dort, und der Kopf rührte
     sich nicht.
    Ich sah mich im Zimmer um.
     Keine anderen Leute, und auch ansonsten anscheinend unberührt. Ich
     warf noch einen Blick auf den Hinterkopf meiner früheren Klientin.
     Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, was ich tun sollte. Ich schlich mich,
     immer noch auf Zehenspitzen, zu ihr.
    Ich schaute in ihr Gesicht.
     Augen geschlossen, bleich. Reglos.
    Ich nahm ihre Hand. Sie war
     warm.
    Sie öffnete die Augen
     und schaute in meine. Ließ ihre Hand in meiner und reckte sich
     langsam. Und wachte langsam auf.
    »Ich bin schon eine
     ganze Weile hier«, sagte sie. Der Schlaf verlieh ihrer für gewöhnlich
     so gewandten Redeweise etwas Benommenes. Ich ließ ihre Hand los,
     wich vorsichtig ein Stückchen zurück und setzte mich vor sie auf
     den Fußboden.
    Was unvermeidlicherweise dazu
     führte, daß ich ihr unter den Rock schaute. Das machte mich
     verlegen, also stand ich auf und setzte mich statt dessen aufs
     Fensterbrett. Von dort aus lenkte mich der tiefe Ausschnitt ihres Kleides
     ab. Sie zeigte eine ganze Menge Teenagerdekollete.
    Das machte mich auch
     verlegen. Ich holte mir meinen Telefonstuhl und schob ihn vor sie hin.
     Weder drüber noch drunter. War zauberhaft. Meine

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