Wer viel fragt
eingeladen. Also, was ist los?«
»Ich mußte
pinkeln.«
»Pinkeln? Pinkeln, darüber
geht's wohl nicht? Das wird aus den Menschen, wenn sie ein paar Jahre im
Osten verbringen. Sie fangen an zu pinkeln. Entschuldige mich mal'n
Augenblick. Ich muß pissen.«
»Na, dann geh mal
pissen, Sergeant.« Er rührte sich nicht vom Fleck.
»Jetzt muß ich
nicht mehr.«
Ich ging. Als ich zurückkam,
tranken wir Kaffee. Eigentlich mag ich gar keinen Kaffee. Aber ich mag
Miller. Janie hatte den Raum verlassen, als ich kam, um sauberzumachen
oder irgendwas in der Art. Sie mag mich nicht. Das ist der Grund, warum
ich nicht mehr hier gewesen bin. Ich übe keinen guten Einfluß
aus oder so was. Zu wenig Ehrgeiz oder so was.
»Wie gut bist du in der
Beschaffung von Informationen aus dem Ausland?« fragte ich.
Er schüttelte den Kopf
wie eine tadelnde Mami. »Du weißt bereits alles, was man hier
in Erfahrung bringen kann?«
Ich lächelte und zuckte
mit den Schultern. »Wie leicht ist es?«
»Nicht leicht. Nicht
ohne Grund. Das kann ich nicht ohne weiteres anfordern. Es kostet
vergleichsweise viel Geld. Solche Sachen mag der Boss nicht.«
»Schrumpft euer Anteil,
wenn ihr das Geld für dienstliche Zwecke verwendet?«
Ȇbertreib nicht,
Al. Es geht nur, wenn ich eine Akte anlege und die Strategie des Falls mit
Captain Gartland abspreche. Was für Sachen willst du?«
»Ich will eine
verschwundene Ausländerin aufspüren.«
»Ah. Die Akte vom Ausländeramt.
Die habe ich mir angesehen. Das ist ziemlich lange her.«
»Wenn ich könnte,
wüßte ich gern mal, ob es in ihrer Heimatstadt irgendwelche
Unterlagen über sie gibt, seit sie in diesem Land verlorengegangen
ist. Wenn sie soviel Geld hatte, wie das Konsulat behauptet, muß sie
irgendwelchen Besitz gehabt haben oder Familie oder etwas, das sie
loswerden mußte oder für das sie irgendwie Vorsorge treffen mußte,
bevor sie beschloß verlorenzugehen. Irgend jemand dort muß
irgend etwas wissen. Wenn sie zurückgekehrt ist, schön. Wenn sie
sich hier versteckt hält, müßten ihre Leute zu Hause das
wissen.«
»Ich kann nicht, Al.
Ich kann nicht eines Abends hereinspaziert kommen und den fünfzehn
Jahre alten Fall einer verschwundenen Ausländerin neu eröffnen,
nur so zum Spaß.
Ich mag da unten zwar
unsichtbar sein, aber Akten und Anfragen aus dem Ausland sind es nicht.«
»Okay«, sagte
ich. Ich hatte nicht wirklich erwartet, daß er es tun würde.
Nicht richtig. Nun, na schön, ich hatte es schon erwartet.
»Wie wär's, wenn
du hier nach ein paar Leichen Ausschau hieltest?«
»Irgendwelche
speziellen Leichen?« Janie war nicht im Zimmer, also konnte er mir
ohne eigenes Risiko so einen Ball zuspielen. Janie ist etwas argwöhnisch,
wenn ich in der Nähe bin. Das liegt daran, daß ich ein guter
Freund der Dame war, die Miller vor ach so langer Zeit eigentlich hatte
heiraten wollen. Es hätte nicht funktioniert. Alle Beteiligten wissen
das, nur Janie nicht.
»Ja. Tote Leichen. Ich
will, daß die Fingerabdrücke meiner Ausländerin mit allen
nichtidentifizierten Frauenleichen verglichen werden, die zwischen dem 1.
September 1954 und, sagen wir mal, dem 1. Januar 1955 gefunden wurden.«
Polizisten bekommen etwas
Verschrobenes. Sie entwickeln einen seltsamen Sinn für Humor. Ohne daß
ich einen Witz gemacht hätte, lachte Miller und lachte.
»Na komm schon«,
sagte ich, »das ist hier im Land. Das kannst du machen.«
»Möchtest du die
modrigen Leichen bestimmter Orte überprüfen lassen, oder die im
ganzen Land?«
»Im ganzen Land. Woher
zum Teufel soll ich wissen, wo sie ist? Das kannst du doch machen, oder?
Habt ihr nicht so eine Art Zentralregister für die Speicherung von
Fingerabdrücken nichtidentifizierter Leichen im ganzen Land?«
»Davon hab ich bisher
noch nie was gehört. Wäre aber keine schlechte Idee. Ich geh der
Sache nach. Bis dahin könntest du mal drei oder vier Städte
rauspicken, und ich seh mal, was sich machen läßt.«
»Okay. Versuch's mit
Indianapolis, New York, Lafayette und Ames, Iowa. Wann kriege ich die
Infos?«
»Großer Al,
glaube mir, wenn irgend etwas zusammenpaßt, wirst du's erfahren.«
»Ah, welche Beruhigung.
So beruhigt war ich nicht mehr, seit der Dekan mir damals sagte, er sei
sicher, daß ich, wenn ich hart arbeitete, in all meinen Fächern
bestehen und auf dem College bleiben
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