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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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verursacht hatte.
    Für den Augenblick ließ
     ich die Sache auf sich beruhen und machte mich über Leander Crystals
     Ausgaben aus der Zeit vor 1956 her.
    Mit Ausgaben kenne ich mich
     besser aus als mit Einnahmen.
    Ich konnte eine ganze Menge
     positiver Zuordnungen herstellen.
    Schließlich hatte ich
     eine Reihe Haushaltsausgaben, Kaufhausrechnungen und Steuerzahlungen. Es
     überraschte mich doch, wie ungewöhnlich und herausragend die
     Schecks an Jacques Chaulet gewesen waren. Als ich mir die eingelösten
     Schecks das letzte Mal angesehen hatte, waren sie mir viel normaler
     erschienen. Daraus mußte ich wohl schließen, daß ich mit
     der Übung mehr Geschicklichkeit entwickelte, eine verbesserte Fähigkeit,
     das Gewöhnliche vom Ungewöhnlichen zu unterscheiden. Mir wurde
     klar, wie dumm ich gewesen sein mußte, daß mir Schecks im Wert
     von zwanzigtausend Dollar, die an einen einzigen Mann gegangen waren,
     nicht gleich zu Anfang aufgefallen waren.
    Trotzdem, jetzt konnte ich
     anhand von Datum und Zahlungsempfänger genau ermitteln, wozu jede
     Zahlung diente.   
    Wie bei einem Puzzle. Die
     Dinge, die mir seltsam vorkamen, konzentrierten sich auf das Haus auf der
     Fünfzigsten Straße, die Europareise und den New-YorkAufenthalt,
     während dessen Eloise geboren wurde. Die Dinge, die das Haus
     betrafen, hatte ich schon einmal durchgesehen: Kauf, Renovierung und
     scheinbar mietfreier Status sämtlicher Bewohner, seit Crystal das
     Haus erstanden hatte.
    Die Europareise gab mir etwas
     mehr. Sie hatten in sechseinhalb Monaten fast neunzehntausend Dollar auf
     den Kopf gehauen. Das schien mir für 1953/54 eine Spur zuviel. Ich
     fragte mich, ob es schwierig war, diese Art Taschengeld zu verplempern.
     Ich fragte mich, ob sie vielleicht irgendwelche phantastischen Käufe
     getätigt hatten. Ich wünschte, ich hätte noch die Briefe,
     die Eloise mir damals so gnädig überlassen hatte; ich hätte
     gern noch einmal Fleurs Briefe an ihren Vater gelesen. Ich konnte mich
     nicht an die Erwähnung irgendwelcher schönen Dinge erinnern,
     aber vielleicht hatte ich damals auch nicht nach dieser Art von Hinweis
     gesucht. Was man wahrnimmt, hängt ja so sehr davon ab, was man sehen
     will.
    Ich hätte gern einen
     Blick auf die Aufschlüsselung der Kosten geworfen, aber da war nichts
     zu wollen. Getrennt aufgeführt war lediglich ein Traveller's Cheque
     über siebzehntausend Dollar und ein Scheck an das Reisebüro
     Matador über 2941,91 Dollar.
    Der sprang mir ebenfalls ins
     Auge. Bißchen happig für Flugtickets, aber nicht gerade viel für
     Hotelbuchungen in gut sechs Monaten. Vielleicht Tickets plus ein paar
     Hotels. Mochte hingehen.
    Matador hatte mit Leander
     einige gute Geschäfte gemacht.
    Die New-York-Reise hatten sie
     ebenfalls vermittelt. September '54. Der Scheck war vom Fünften
     datiert und belief sich auf 307,52 Dollar. Auch das erschien mir hoch, da
     es außerdem noch einen Scheck über 4102 Dollar für das
     Essex-House-Hotel gab. Aber manche Leute leben auf großem Fuße.
     Und im Essex House ist das durchaus möglich. Ich rechnete mir aus, daß
     es vom 6. September bis zum 15. November ungefähr siebzig Tage waren.
     Okay, beinahe sechzig Dollar pro Tag, nicht schlecht.        
    Aber man fängt langsam
     an, sich zu wundern.
    Ich war noch mit Wundern
     beschäftigt, als mir in den Sinn kam, daß Chivian
     wahrscheinlich mit ihnen gekommen war, und ich fühlte mich etwas
     besser. Drei Leute können viel mehr verzehren als zwei.
    Hmmmm. Chivian.
    Um zweiundzwanzig Uhr zwölf
     knöpfte ich mir das Telefon vor. Wählte Lafayette, Indiana. War
     ein Gefühl, als spräche ich mit dem Arzt meiner Tochter.
    Er war selbst am Apparat.
     Seine Stimme klang frisch, nicht verschlafen, und auch nicht verärgert.
     Ich fragte mich, was er tat und was er erwartet hatte. Dann wurde mir
     klar, daß der Mann Arzt war und daß das, was ich hörte,
     die professionelle Stimme war.
    »Guten Abend, Sir«,
     sagte ich mit meiner besten nasalen, schrillen Stimme. »Es tut mir
     leid, daß ich Sie zu dieser späten Stunde störe, aber mein
     Name ist Harrison Fall von Perücken Fall und Falls, Inc. Wir sind
     eine alteingesessene Perückenmanufaktur, und ich wüßte
     gern, ob Sie bereit wären, einen unserer Vertreter zu Hause oder in
     der Praxis zu empfangen, damit er Ihnen eine, wie ich glaube, ziemlich
     einzigartige Kollektion von Herrenperücken vorführen kann.«
    »Nein«, sagte er.
    

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