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Wer viel fragt

Wer viel fragt

Titel: Wer viel fragt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Z. Lewin
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ich, ihre Kontaktlinsen nicht zu
     verlieren. Falls eine heraussprang, würde sie bestimmt in dem Gewirr
     der Wimpern hängenbleiben.
    Ich war zu Fuß zu
     Matador gegangen; es war kein schlechter Tag, und man konnte sich
     ausrechnen, daß man, selbst wenn die Luft nicht gut zum Atmen war,
     durch die körperliche Betätigung des Gehens wenigstens wieder
     ausgleichen konnte, was man durch das Einatmen der Abgase an Gesundheit
     einbüßte. Nicht daß ich mir wirklich um meine Gesundheit
     Sorgen gemacht hätte. Es war meine mentale Gesundheit, die mir jetzt
     zu schaffen machte; ein Mangel an Klarheit, eine Art von Wahnsinn.
    Ein Stadium des Jobs und ein
     Berufsrisiko, wenn man das Glück hat, daß ein Job ein gewisses
     Maß an Nachdenken erfordert.
    Statt nach Hause zu gehen,
     zweigte ich nach links ab und ging durch die Innenstadt. Über den
     MonumentCircle, die Drehscheibe von Indianapolis.
    Indianapolis ist von dem
     Assistenten des Mannes entworfen worden, der Washington D.C. auf dem
     Gewissen hat. Es hat einen Mittelpunkt, von dem die Straßen ausgehen
     wie Speichen von einer Nabe. Ein zentraler Kreisverkehr mit acht
     Ausfallstraßen. Natürlich treffen nur vier wirklich auf den
     Kreis, und eine davon ist nur zwei Blocks lang, aber das Prinzip ist
     erhalten geblieben, und die Diagonalstraßen spielen an Kreuzungen
     die gleichen bösen Streiche wie in Washington. Mir wären da
     jederzeit die rechteckigen Blocks lieber, deren Straßen in die eine
     Richtung und deren Avenues quer dazu verlaufen.
    Ich ging zur Bibliothek.
     Vorbei an Lyman Brothers, dem Schauplatz meines ersten Jobs fern von zu
     Hause. Wo ich für einen Dollar die Stunde ein Bestandsverzeichnis
     angelegt habe.
    Wo ich Füllfedern und Blätter
     gezählt habe, alles mit dem Preis pro Stück multipliziert und
     dann zusammengerechnet. Ich schwor mir, daß ich nie wieder arbeiten
     würde. Man sieht, was mir das eingebracht hat. Aber es gehörte
     einem netten Kerl.
    Ich ging nicht schnell.
    Ich hatte Versatzstücke,
     alle möglichen Versatzstücke. Zum Beispiel halbe Menschen.
     Menschen, die an irgendwelchen Orten lebten und dann nirgendwo lebten. Zum
     Beispiel künstliche Befruchtung und Schwangerschafts neurosen. Das
     Leben mußte doch einfacher sein als all das. Ockhams Satz von der
     geringstmöglichen Anzahl von Annahmen. Quod erat demonstrandum.
    Es ging auf elf Uhr zu. Ich
     beschloß, Miller aufzuwecken.
    Nur daß mir das nicht
     gelang. Er war bereits auf. Und frühstückte. »Was ist los
     mit dir? Kann man dir denn nirgendwo entkommen?«  
    »Nur in Kentucky«,
     sagte ich ohne Hintergedanken. »Ich war gerade auf dem Heimweg, da
     sind an einer Kreuzung, die ich gerade überqueren wollte, zwei Autos
     zusammengestoßen.«
    Sind sie tatsächlich.
     »Also beschloß ich, nicht nach Hause zu gehen, sondern statt
     dessen dich zu besuchen. Okay?«
    »Heiliger Bimbam. Mach
     uns noch eine Kanne Kaffee, Schätzchen, wir haben's hier mit einem
     Verrückten zu tun. Ja, es ist okay.«
    Während ich in der
     Telefonzelle stand, rief ich noch Andrew Elmitts Nummer an. Es klingelte
     zwölfmal, bevor er an den Apparat ging.
    Ja?« sagte er.
    Ich gab mich zu erkennen und
     fragte: »Ist das Päckchen, das ich Ihnen überlassen habe,
     von der Beschaffenheit, die Sie bei unserem letzten Gespräch vermutet
     haben?« Ich kann nämlich auch geschwollen daherreden.
    »Ja, das ist es. Heute
     abend nach acht habe ich die genauen Berechnungen fertig.«
    Okay. Schweizer Konten und
     halbe Menschen.
    Ich dankte dem freundlichen
     Herrn, legte auf und wartete an der Bushaltestelle, um darüber
     nachzudenken, wie ich ihm seine hundertfünfzig Dollar wieder
     abluchsen konnte.
    Vielleicht ein kleiner
     Einbruch?
    Der Bus kam. Miller wohnt in
     einem kleinen Haus auf der Illinois Avenue, oberhalb von dem, was die
     Einunddreißigste Straße gewesen wäre, wenn es eine
     Einunddreißigste Straße gegeben hätte. Das Haus war nicht
     weit entfernt von einem Straßencafe, wo ich zum ersten Mal Jazz live
     gehört habe. Man nimmt den Meridian-Bus zur Dreißigsten Straße
     und geht zu Fuß. Haltestelle Kindermuseum.
    Ich ging schnell, weil ich
     Millers Kaffee brauchte und aufs Klo mußte.
    Am Frühstückstisch
     wurde unser Gespräch auf hoher Ebene begonnen.
    »Möchtest du was
     essen?«
    »Nein danke. Bloß
     Kaffee.«
    »Du warst lange nicht
     mehr hier.«
    »Mich hat ja auch
     niemand eingeladen.«
    »Heute hat dich auch
     niemand

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