Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
Mat war starrköpfig und stolz. In seinen Augen hatte sie ihn an der Nase herumgeführt.
Sie blickte auf sein zerzaustes Haar und das verknitterte T-Shirt, das er über den Shorts trug. Sein Kinn war unrasiert, und er ging barfuß. Er sah umwerfend zerknautscht aus und schien sich so wohl in seinem Bärenkörper zu fühlen, dass selbst das Anrühren von Babybrei maskulin bei ihm wirkte.
»Ich hab Kaffee gemacht, falls du einen willst.« Fast immer kümmerte er sich um den Kaffee, aber heute fühlte er sich zum ersten Mal genötigt, dies zu verkünden. Sie war zu einem Hausgast degradiert worden.
»Danke.«
»Wir haben kaum was zum Frühstück.«
»Ich weiß. Ich war ja beim Einkaufen dabei, schon vergessen?«
»Falls du was brauchst …«
»Nein, ist schon gut.«
»Da stehen noch ein paar Frühstücksflocken und ein bisschen Milch, aber ich glaube nicht, dass noch …«
»Hör auf! Hör sofort auf damit!«
Ein pikierter Ausdruck trat auf seine Miene. »Wie bitte?«
»Ich bin noch genau dieselbe Person wie gestern. Du brauchst nicht auf Zehenspitzen um mich herumzuschleichen!«
Sie kehrte ihm den Rücken zu und ging nach draußen.
Mat verfluchte sich, weil er sich von seinem Zorn hatte hinreißen lassen. Die Story war alles, was jetzt noch zählte, und er musste seine Gefühle in den Griff bekommen für diesen Job. Er nahm einen vertrockneten Keks aus einer Schachtel auf der Anrichte, drückte ihn Button in die Hand und ging mit ihr nach draußen.
Der Tag war trübe, schwül und wolkenverhangen. Das lange, taufeuchte Gras streifte seine nackten Beine, als er zum Obsthain schlenderte, wo sie dastand, die Arme um den Oberkörper geschlungen. Einen Moment lang fühlte er sich schwach werden. Sie sah so verdammt verletzlich aus. Aber seine Anwandlung ging vorüber.
»Mrs. Case!«
»Ich heiße Nell!« Mit wehenden Haaren wirbelte sie zu ihm herum. »Einfach nur Nell.«
»Mit allem Respekt, aber das stimmt nicht. Und da liegt das Problem.«
Nell stemmte die Hände in die Hüften. »Ich sage dir, wo du dir deinen Respekt hinstecken kannst!«
»Leider muss ich wissen, was hier vorgeht!«
»Nein, musst du nicht!« Dann ließ sie die Arme fallen. »Tut mir Leid. Ich wollte nicht arrogant klingen.«
»Du schuldest mir die Wahrheit«, sagte er hartnäckig.
Er hatte Recht, aber es gehörte nicht zu ihren Gewohnheiten, sich irgend jemandem anzuvertrauen. First Ladys konnten es sich nicht erlauben, ihre Geheimnisse preiszugeben. Trotzdem, etwas war sie ihm schon schuldig.
»Ich musste einfach weg. Ich – ich wollte bloß einmal wie ein ganz normaler Mensch leben …«
»Ist das nicht ein extremer Entschluss gewesen?«
»Das muss dir natürlich so vorkommen, aber …«
»He, wo sind denn alle?« Beide drehten sich um, als Lucy den Kopf zur Tür rausstreckte. Das T-Shirt, in dem sie geschlafen hatte, reichte ihr bis zu den Knien, und sie musste wohl mit nassen Haaren eingeschlafen sein, denn sie standen ihr wie ein Hahnenkamm hoch. Ihr bloßer Anblick bewirkte, dass Nealy sich besser fühlte. Wenigstens einen gab es noch, für den sie nur Nell war.
»Wir sind hier draußen«, rief sie überflüssigerweise.
»Streitet ihr euch?«
»Nicht unbedingt.«
Mat schien ebenso froh über die Unterbrechung zu sein wie sie. »Wo hast du das T-Shirt her?«
Lucy zog ein finsteres Gesicht. »Hab’s irgendwo gefunden.«
»Ja, in meinen Sachen.«
Nealy hatte kein Bedürfnis, ihre Unterhaltung mit Mat fortzusetzen, also ging sie wieder zum Wohnmobil zurück. Sie lebte auf Pump und wollte jede Sekunde dieser Frist genießen.
Lucy trat beiseite, um sie hereinzulassen. »Gibt’s irgendwas zum Frühstück, was nich ätzt?«
Nealy musste an sich halten, sie nicht zu umarmen. »Nächstes Mal frag einfach, ob wir etwas Essbares haben, okay?«
Lucys Stirn umwölkte sich erneut. »Ich hab die Frühstücksflocken satt.«
»Dann mach dir einen Toast.«
»Toast ätzt auch.«
»Lucy, sprich nicht so mit … Nell«, mahnte Mat vom Türrahmen aus.
Nealy fuhr zu ihm herum. »Das geht nur Lucy und mich was an!«
»Ja, Jorik, halt dich da raus!«
»Das genügt, Lucy«, sagte sie. »Du bekommst … äh … fünfzehn Strafminuten wegen Respektlosigkeit.«
»Strafminuten?« Fassungslos blickte Lucy sie an. Nealy wusste aus ihren Besuchen in Kindergärten über Strafminuten Bescheid und wies mit ausgestrecktem Zeigefinger nach hinten. »Fünfzehn Minuten. Und schließ die Tür hinter dir. Dann kannst du ein bisschen darüber
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