Wer will schon einen Traummann: Roman (German Edition)
nachdenken, wie man sich Erwachsenen gegenüber verhält.«
»Du willst mich wohl verarschen.«
»Das sind nochmal fünfzehn Minuten für eine unflätige Ausdrucksweise. Willst du noch mehr aufgebrummt bekommen?«
Lucy blickte Mat an, als erwarte sie, dass er sie vor Nells neuester Verrücktheit rettete, aber er wies nur mit einer barschen Kopfbewegung nach hinten. »Das war überfällig.«
»Ist ja wohl das Allerletzte! Ich hab noch nicht mal gefrühstückt !« Sie stürmte davon und knallte die Tür, so laut sie konnte, hinter sich zu.
Mat setzte Button ab. »Tut mir Leid. Mit sowas solltest du dich nicht herumschlagen müssen.«
»Wieso nicht? Ich schlage mich schon seit Mittwoch damit herum.«
»Ja, aber …«
»Hör auf, mich wie einen Gast zu behandeln«, fauchte sie. »Ich mache jetzt Buttons Frühstücksbrei. Wenn du was Intelligentes zu sagen hast, dann raus damit. Ansonsten halt die Klappe!«
Sie stakste zum Spülbecken und dachte bei sich, dass Nell Kelly vielleicht doch noch nicht ganz tot war.
Mat kochte. Er war derjenige, der Unrecht erleiden musste – aber sie tat, als wäre alles seine Schuld.
Die Tatsache, dass er sein Inneres einfach nicht unter Kontrolle bekam und die Sache mit der nötigen beruflichen Distanz betrachtete, machte alles nur noch schlimmer. Hier brauchte er nach der größten Story seiner gesamten Karriere nur die Hand auszustrecken – und alles, was er tun wollte, war, seine Zielperson bei den Schultern zu packen und zu schütteln, bis ihr die gepflegten aristokratischen Zähne klapperten.
Seine Beherrschung ging endgültig flöten, als er ein paar Stunden später an der Kasse eines Tankstellensupermarkts im ländlichen Südillinois stand, ihre Einkäufe bezahlte und merkte, dass Nell – Mrs. Case – verschwunden war. Ein kalter Schauder durchzuckte ihn. Zum ersten Mal wurde ihm klar, dass diese Dame von einem Trupp Secret-Service-Agenten beschützt werden müsste, und sie hatte nur ihn.
Er raffte die Tüten zusammen und jagte hinaus. Sie war nicht ins Wohnmobil zurückgegangen. Es stand gleich vor der Tür, und er hätte sie sehen müssen. Sein Blick glitt über ein paar staubige Fahrzeuge hinweg, eine Tanksäule und einen böse dreinblickenden deutschen Schäferhund. Wo, zum Teufel, steckte sie?
All die ominösen Voraussagen der Verschwörungscracks aus dem Radio schossen ihm durch den Kopf. Er rannte zur Seite des Gebäudes und erblickte ein überwuchertes Feld, einen Haufen alter Autoreifen, aber keine entschwundene First Lady. Als er zur anderen Seite gerast war, stand sie vor einer Telefonsäule, neben einem Luftschlauch.
»Verflucht noch mal!«
Ihr Kopf zuckte hoch, als er die Tüten fallen ließ und auf sie zujagte. Sie sprach rasch ins Telefon und hängte auf.
»Tu das nie wieder!« Er wusste, dass er brüllte, konnte es aber nicht abstellen.
»Hoffentlich waren da keine Eier in den Tüten. Und was soll ich nie wieder tun?«
»Einfach so zu verschwinden! Ich dachte, du wärst … verdammt, Nell, wenn wir nicht in diesem Trailer sind, dann will ich, dass du an mir klebst wie eine Klette, hast du verstanden?«
»Wäre das nicht ein bisschen unbequem für uns beide?«
First Lady oder nicht, er musste ein paar Dinge klarstellen. Wütend zischte er sie an: »Für dich ist das Ganze vielleicht unheimlich komisch – die entsprungene Prinzessin zu spielen, die sich mit dem Pöbel amüsiert -, aber es ist kein Spiel. Hast du überhaupt eine Ahnung, was geschehen kann, wenn du in die Hände von Extremisten fällst?«
»Davon habe ich mehr Ahnung als du«, zischte sie zurück. »Und du bist der einzige, der weiß, wo ich bin. Zugegeben, du benimmst dich manchmal ein bisschen extrem, aber …«
»Wage es ja nicht, darüber zu witzeln!«
Sie lächelte ihn an und flüsterte: »So gefällst du mir schon besser.«
Sein Blut erreichte den Siedepunkt. »Du findest das lustig, oder?«
»Nicht lustig. Es ist bloß schön, wieder den alten, arroganten Mat zu erleben.« Ihr Lächeln erlosch. »Und ich amüsiere mich nicht mit dem Pöbel.«
»Wie würdest du’s nennen?«
»Freiheit!« Ihre Augen blitzten. »Das ist ein Grundrecht eines jeden amerikanischen Bürgers, bloß für eine First Lady nicht! Jetzt hör mir mal gut zu, Mat Jorik …« Zu seiner Verblüffung stach sie ihm mit dem Finger in die Brust. »Im vergangenen Jahr habe ich meinen Mann zu Grabe getragen und mich breitschlagen lassen, ein Amt weiter auszuüben, das ich gar nicht mehr will. Von
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