Wer will schon einen Vampir?: Argeneau Vampir 8
„Es geht darum, dass du nur einen Beutel zu dir genommen hast. Und wenn jetzt auch noch nicht mal Inez bei dir ist.... ”
„Sie hätte ich sowieso nicht gebissen”, versicherte Thomas ihm.
„Wieso nicht?”, wollte Bastien mit einer Spur zu viel Interesse wissen.
„Weil sie ganz nett zu sein scheint”, antwortete er ausweichend.
„Ganz nett? Als sie zu dir ins Hotel kam, hätte sie dir am liebsten den Kopf abgerissen”, gab Bastien belustigt zurück.
„Ja, aber sie sah süß dabei aus”, bestätigte Thomas. „Außerdem glaube ich nicht, dass es zu ihrer Stellenbeschreibung gehört, mich von ihrem Blut trinken zu lassen.”
„Nein, da hast du natürlich recht”, stimmte Bastien ihm seufzend zu. „Und normalerweise würde ich das auch gar nicht in Erwägung ziehen, aber Mutter ist verschwunden, und je länger sich die Suche nach ihr verzögert.... Abgesehen davon passiert Inez ja gar nichts, und es ist schließlich so etwas wie ein Notfall.” Als Thomas nichts erwiderte, seufzte Bastien frustriert. „Du musst auf einen späteren Flug umbuchen.”
„Nein”, protestierte der sofort. „Ich schaffe das schon, Bastien. Bis Amsterdam halte ich auf jeden Fall durch.”
„Und wenn neben dir ein Passagier mit Flugangst sitzt? Er wird nervös sein und schwitzen, und er wird dich mit seinem Geruch locken. Oder wenn sich die Stewardess in den Finger schneidet? Oder stell dir vor, du stehst in der Schlange am Flughafen und jemand bekommt Nasenbluten! Nein, das ist alles viel zu riskant, Thomas.”
„Bastien”, wandte Thomas ein, verstummte aber, als im Schlafzimmer ein Licht anging. Irritiert ging er zur Tür und warf einen Blick in den Raum, wo er zu seinem großen Erstaunen Inez entdeckte, die an einem kleinen Tisch saß. Offenbar hatte sie dort im Schein der Nachmittagssonne gesessen und gearbeitet, und nun, da es allmählich dämmrig wurde, sah sie sich gezwungen, die Tischlampe einzuschalten. So konnte sie besser sehen, was sie notierte, während sie über das Zimmertelefon mit jemandem sprach.
„Was ist los?”, fragte Bastien. Inez schaute zur Tür, entdeckte Thomas und lächelte ihn an, telefonierte dabei aber weiter. Er zwang sich, ebenfalls zu lächeln, dann wirbelte er herum und entfernte sich einige Meter von der Tür. „Sie ist hier.”
„Mutter?”, rief Bastien aufgeregt.
„Nein, Inez”, stellte Thomas klar.
„Oh.... ach so.... gut. Trink von ihr. Nur so viel, dass du den Flug hinter dich bringen kannst, ohne dich an deinem Sitznachbarn vergreifen zu wollen”, fügte er noch rasch hinzu, bevor Thomas abermals protestieren konnte. „Danach löschst du ihre Erinnerung und fährst zum Flughafen.”
Da Thomas nichts erwiderte, fuhr Bastien mit einem Seufzer fort: „Ich verstehe ja, dass du das nicht machen möchtest, Thomas. Aber du weißt so gut wie ich, dass du dich nicht inmitten von Sterblichen aufhalten solltest, wenn du hungrig bist.”
„Ich weiß”, lenkte Thomas ein. „Also gut.”
Er wartete nicht ab, ob Bastien noch mehr zu sagen hatte, sondern klappte das Telefon zu und dachte darüber nach, was er zu tun hatte. Der Gedanke, Inez beißen zu sollen, weckte in ihm tatsächlich Widerwillen. Dabei war er ein Vampir und hatte sich immer nur direkt von Sterblichen ernährt, bis vor rund fünfzig Jahren die erste Blutbank gegründet wurde. Seitdem bekam er seine Mahlzeiten im Plastikbeutel geliefert, und der Gedanke, nun wieder einen Menschen zu beißen, machte ihn nervös. Doch der eigentliche Biss war nicht der Grund für seine Unruhe, vielmehr war es der Gedanke daran, wie sehr er es genießen würde.
Er fürchtete sich regelrecht davor. Blutkonserven waren kalt und weitestgehend geschmacklos, wenn man sie mit frischem Blut verglich. Dem Blut aus dem Plastikbeutel fehlte der Geruch seines Eigentümers, es besaß keine Individualität, und es brachte nichts von den Lustgefühlen mit sich, wenn sich warmes, pulsierendes Blut in den Mund ergoss. Es war ein Unterschied wie der zwischen einem Fertigessen im Flugzeug und einer frisch zubereiteten Mahlzeit.
Natürlich konnte seine Art sich in den Night Club begeben und spezielle Drinks bestellen, die immer noch gewisse Charakteristika ihrer Spender in sich trugen. Diabetiker hatten beispielsweise süßlicheres Blut, dennoch war es kalt und nicht so köstlich wie welches direkt von der Quelle.... Und es war schon sehr lange her. Was, wenn er zu viel trank oder wenn er die Technik verlernt hatte, die Lust mit seiner
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