Wer Wind sät
mit den Grundstückseigentümern abgeschlossen. Variante B war relativ teuer, bedurfte aber keiner zusätzlichen Investition, da die Grundstücke, die von der Zuwegung betroffen sein würden, Land und Gemeinde gehörten. Wir hatten allerdings Bedenken hinsichtlich des Naturschutzes, die sich letztendlich auch nicht ausräumen lieÃen. Deshalb kam nur Variante A in Frage.«
Pia dachte an die Feldhamster.
»Wieso wurden die betreffenden Grundstücke plötzlich aus dem Landschafts- beziehungsweise Naturschutzgebiet herausgenommen?«, wollte sie wissen.
»Das genaue Prozedere entzieht sich meiner Kenntnis«, entgegnete Waldhausen glatt. »Die Auflagen wurden erfüllt. Wir hatten keinen Grund, den Bauantrag abzulehnen.«
Das alles klang nach übelster Vetternwirtschaft, in die vermutlich nicht nur das Umweltministerium, sondern auch die Stadt Eppstein, vielleicht auch Kreis und Land verstrickt waren. Theissen hatte ganz sicher die richtigen Stellen geschmiert, und Theodorakis wusste das. Plötzlich wurde Pia bewusst, dass der Mann sich mit seinem öffentlichen Konfrontationskurs auf sehr dünnes Eis begeben hatte. Ein ehemaliger Insider, der auspackte. Pia dachte an Theissens unbeherrschten Angriff auf Theodorakis am Mittwochabend. Die WindPro hatte zweifellos am allermeisten zu verlieren, sollte der Bau des Windparks scheitern, und Stefan Theissen war nicht der Mann, der sich das einfach so gefallen lassen würde. Pia bezweifelte, dass er an der Ermordung Hirtreiters direkt beteiligt war, aber sie kam ihm sicherlich nicht ungelegen. Theodorakis war in Gefahr und zu arrogant, das zu bemerken.
Pia bedankte sich bei Waldhausen für das Gespräch und verlieà das Ministerium. Auf dem Weg nach unten kontrollierte sie ihr Handy, das sie stumm geschaltet hatte. Zwei Anrufe in Abwesenheit. Sie rief Kai zurück. Es war ihm gelungen, Durchsuchungsbeschlüsse für die Häuser, Büros und Wohnungen der Hirtreiter-Brüder zu bekommen. Um eins war Einsatzbesprechung, danach sollte es losgehen.
»Und?«, erkundigte Kai sich. »Was sagt der Typ?«
»Er will Theodorakis nichts gegeben haben. Seine Abneigung gegen seinen früheren Kollegen war ziemlich deutlich.« Pia ging zu ihrem Auto, das sie ein paar hundert Meter weiter vor einem Autohaus abgestellt hatte, um sich den umständlichen Weg auf das Parkdeck des Ministeriums zu sparen. Diese Bequemlichkeit hatte ihr ein Knöllchen beschert.
»Theissen hat die Baugenehmigung nur durch Bestechung bekommen, todsicher.« Sie pflückte den blauen Zettel von der Windschutzscheibe und stopfte ihn in die Hosentasche. »Ich habe das ungute Gefühl, dass ich gerade in ein Hornissennest gestochen habe.«
»Die Hornissen sind ja nicht hinter dir her«, erwiderte Kai.
»Das nicht.« Pia setzte sich hinters Steuer. »Aber hinter meinem Lieblingsverdächtigen.«
*
Bodenstein stellte sein Auto auf dem Parkplatz an der Georg-Pingler-StraÃe ab, übersah groÃzügig den Parkscheinautomaten und bog in die FuÃgängerzone ein. Schräg gegenüber von Tchibo, wo er gestern mit Nika gesessen hatte, befand sich das Café Kreiner. Sein Vater saà an einem der Tische unter der ausgefahrenen Markise, blass und hager, vor sich ein unangetastetes Stück Erdbeerkuchen.
»Was ist denn passiert?«, fragte Bodenstein besorgt. »Du siehst ja aus, als wärst du einem Gespenst begegnet.«
Er setzte sich und bestellte einen Kaffee. Ohne Milch und Zucker.
»Ich ⦠ich bin noch ganz durcheinander«, erwiderte sein Vater und griff nach der Kaffeetasse, aber seine Hand zitterte so stark, dass er sie wieder sinken lieÃ. Da haben wir was gemeinsam, dachte Bodenstein. Seit gestern Abend hatte er überhaupt keinen Appetit, nicht einmal der Erdbeerkuchen, den sein Vater verschmähte, lockte ihn. Die Bedienung brachte den Kaffee.
»Also«, sagte er, »jetzt erzähl schon.«
Heinrich von Bodenstein holte tief Luft.
»Ich komme gerade vom Notar«, begann er endlich. »Er hat heute Morgen bei mir angerufen und mich um Erscheinen gebeten.«
»Ach, dann war also tatsächlich Ludwigs Testament in dem Umschlag.«
»Ja. Es war zwar noch nicht die offizielle Eröffnung, aber der Notar hat auf Drängen von Gregor und Matthias Ludwigs Testament verlesen.«
Bodenstein sah seinen Vater neugierig an.
»Und? Hat er dir etwas
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