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Wer Wind sät

Wer Wind sät

Titel: Wer Wind sät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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diese einen Fluchtversuch wagen würde, aber sicher war sicher. Noch eine Panne, und die Engel würde ihr den Kopf abreißen. Frauke Hirtreiter wuchtete sich aus dem Auto und ging zum Streifenwagen, der wenig später rückwärts aus dem Hof rollte.
    Kröger lief telefonierend im Hof hin und her, und Pia fiel die Vermieterin ein, die händeringend hinter ihrer Haustür wartete.
    Â»Hat sie wirklich ihren Vater umgebracht?«, erkundigte sie sich mit kaum verhohlener Sensationsgier. Eine Mörderin im eigenen Haus – mit solchen Neuigkeiten würde sie unbestritten der Star der Nachbarschaft sein, wenigstens für eine Weile.
    Â»Das wissen wir noch nicht«, entgegnete Pia zu ihrer Enttäuschung. »Vielen Dank, dass Sie mich angerufen haben, Frau … äh … Meyer. Sie waren eine große Hilfe. Und wenn Sie noch etwas sehen oder hören, melden Sie sich gleich, okay?«
    Die alte Frau strahlte glücklich. Ihr grauer Alltag war schlagartig aufregend geworden.
    Â»Ja, das mache ich. Gerne.« Sie nickte eifrig.
    Pia rang sich ein Lächeln ab und ging zu ihrem Auto. Kröger, der sein Telefonat beendet hatte, folgte ihr.
    Â»Und?« Sie ließ sich auf den Sitz fallen und schnallte sich an. »Hast du was über den Roller herausbekommen?«
    Â»Ja, und zwar etwas ziemlich Eigenartiges«, antwortete Christian Kröger und stieg ebenfalls ein. »Stell dir vor: Der Roller von dem Bürschchen ist auf unseren Toten zugelassen.«
    Â»Wie bitte?« Pia blickte ihren Kollegen erstaunt an. »Auf Hirtreiter?«
    Â»Nein.« Kröger angelte nach seinem Sicherheitsgurt. »Auf Rolf Grossmann.«
    *
    Die beiden Streifenwagen warteten vorne an der Straße. Einer der Beamten, der die Örtlichkeiten kannte, schlug vor, einen Wagen in den Feldweg zu schicken, für den Fall, dass Theodorakis durch den Garten flüchten sollte. Pia nickte und fuhr zu dem Einfamilienhaus, in dem Theodorakis und seine Freundin wohnten. Ein schmuckloser Bau aus den Sechzigern, wie beinahe alle Häuser in der Siedlung. Kröger forderte unterdessen per Telefon Verstärkung aus seinem Dezernat an, um das Haus gleich nach Theodorakis’ Festnahme gründlich zu durchsuchen. Der Beschluss würde nachgereicht.
    Vor der Garage des Hauses gegenüber wuschen ein Vater und seine zwei halbwüchsigen Söhne die Familienkutsche, im Vorgarten nebenan mähte ein dürrer Opa seinen ohnehin schon akkurat getrimmten Rasen. Spießige Vorstadtidylle par excellence. Als der Streifenwagen hinter Pias Auto anhielt, stellte der Alte im Nachbargarten den Rasenmäher ab und schlurfte an den Jägerzaun.
    Â»Bei denen geht’s ja heute zu wie im Taubenschlag«, kommentierte er ungefragt. »Und jetzt schon wieder die Polizei …«
    Â»Wie meinen Sie das?«, fragte Pia.
    Â»Na ja, vor einer Stunde war schon mal die Polizei da. Zu einer Hausdurchsuchung.«
    Â»Tatsächlich?« Pia war erstaunt. »Die Polizei?«
    Â»Ja, die waren in Zivil. Ich habe natürlich gefragt. Man will als Nachbar ja wissen, was das zu bedeuten hat, wenn fremde Leute Kisten und Müllsäcke aus dem Haus nebenan tragen.« Er nestelte ein Stofftaschentuch aus der Tasche seiner Cordhose und wischte sich die Schweißperlen von der geröteten Glatze.
    Â»Aha. Und Herr Theodorakis und Frau Franzen? Was haben die dazu gesagt?«
    Â»Die habe ich nicht gesehen. Aber er muss zu Hause sein. Seine Rostlaube steht auf jeden Fall da.« Der Alte nickte missbilligend in Richtung eines schwarzen 3 er BMW . »Wir alle hier haben das ja kommen sehen. Der junge Mann, der ist zwar immer ganz höflich, aber wir haben uns immer gedacht, dass mit dem etwas nicht stimmt.«
    Der Nachbar beugte sich ein Stück weiter über seinen Gartenzaun und senkte die Stimme zu einem konspirativen Flüstern.
    Â»Meine Frau, die hat da ein ganz gutes Gespür. Die meint, er wäre vielleicht ein Terrorist, so ein … Schläfer. Wie die, die in Amerika die Flugzeuge entführt haben. Bisschen arabisch sieht er ja auch aus, nicht wahr?«
    Pia sah, wie Kröger nur mit Mühe ein Grinsen unterdrückte, und hütete sich davor, dem Nachbarn zu widersprechen. Was auch immer sich vor einer Stunde hier abgespielt hatte, man hatte dem Alten ganz sicher einen Bären aufgebunden. Vor der Haustür des Nachbarhauses erschien die Terrorismusexpertin der Siedlung in

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