Wer zuerst kommt, küsst zuerst
davonging.
Unsicher, was sie als Nächstes tun sollte, setzte sie sich wieder ins Auto und startete den Motor. Das klang gut – als hätte ihn jemand in Schuss gehalten. Wahrscheinlich Cruz’ Haushälterin, dachte sie grimmig. Die Frau musste unglaublich sauber gewesen sein. Sie konnte keinen einzigen Kratzer sehen und keine Spur von …
Ihr Blick fiel auf den Kilometerzähler. Als sie es an Cruz verloren hatte, war das Auto erst wenige Monate alt gewesen. Sie war mit ihren Freundinnen nach Kalifornien und zurück gefahren sowie einige Male zum College und von da nach Hause. Sie konnte sich nicht an den genauen Kilometerstand erinnern, aber es konnten nicht mehr als fünfzehntausend Kilometer gewesen sein.
Der Kilometerzähler zeigte 14.423.
Es kann unmöglich jemand mit diesem Auto gefahren sein, dachte sie irritiert. Aber es funktionierte einwandfrei. Hatte Cruz den Wagen tatsächlich all die Jahre aufgehoben? Das war die einzig logische Antwort, nur, dass sie vollkommenunlogisch war. Warum hätte er das tun sollen? Er hätte es verkaufen und locker dreißig-, vierzigtausend dafür bekommen können. Vielleicht sogar noch mehr. Wenn es ihm nicht um das Auto gegangen war, warum hatte er sich dann überhaupt auf ein Rennen gegen sie eingelassen? Und warum gab er ihr den Wagen jetzt zurück?
4. KAPITEL
A m Samstagmorgen tauchte Cruz mit Kaffee und einem halben Dutzend Umzugskartons in Lexis Wohnung auf. Er sagte sich, dass er hier war, um ihr zu helfen, und vermutlich um sicherzugehen, dass sie tat sächlich bei ihm einzog. Trotz der Zeitungsannonce würde er erst glauben, dass sie wirklich ihm gehörte, wenn sie in seinem Bett läge.
Der Wohnkomplex war klein. Er bestand aus vierund zwanzig Wohneinheiten, alle zwei- oder dreigeschossig, und einige mit kleinem, nach hinten raus liegendem Garten. Lexis Wohnung lag am Ende. Er parkte davor und trug dann den Kaffee und die Kartons zur Haustür.
Sie öffnete nur wenige Augenblicke, nachdem er auf die Klingel gedrückt hatte, und starrte auf die flachen Kartons in seiner Hand.
„So viel zum Thema Vertrauen“, begrüßte sie ihn. Dann trat sie einen Schritt zurück, um ihn hereinzulassen.
„Man kann nie genug Kartons haben.“
Er betrat den offenen Flur und nahm die blassen Farben und die Helligkeit nur am Rande wahr. Denn im Grunde galt seine Aufmerksamkeit allein Lexi.
Sie trug Jeans und T-Shirt, lief barfuß und war unge schminkt, aber da es früh am Samstagmorgen war, war das ei gentlich keine Überraschung. Trotzdem strahlte sie etwas Un widerstehliches aus. Sie sah noch leicht verschlafen aus und unglaublich sexy.
Sie schielte auf den Kaffee. „Ist der für mich?“
„Ein fettarmer Latte Macchiato“, erwiderte er. „Ich wusste nicht, was du magst.“
„Fast richtig.“ Sie nahm ihm den Becher aus der Hand, trank einen Schluck und seufzte. „Oh ja. Jetzt bin ich wach.Du bist ganz schön früh auf.“
„Du auch.“
„Aber ich wohne hier. Für mich war es also weniger anstrengend. Komm doch richtig rein.“
Sie führte ihn in ein großes Wohnzimmer. An der Wand hingen zwei Gemälde, es standen einige Kunststücke aus Glas herum, der Couchtisch war mit Zeitschriften bedeckt und auf dem Fußboden lag eine auf einen Block gekritzelte To-Do-Liste.
Lexis Handschrift zeigte sich überall – in dem dezenten Muster des Sofas genauso wie in den achtlos hingeworfenen High-Heels neben dem Clubsessel. Zwei Aquarelle von Thomas McKnight flankierten den kleinen Kamin.
„Keine Rüschen?“, fragte er.
Sie lachte. „So mädchenhaft bin ich dann doch nicht. Zumindest nicht in den Zimmern, in denen ich Besuch empfange. Du solltest mal mein Schlafzimmer sehen. Da wimmelt es nur so von Spitze und Satin.“
Die Worte blieben in der Luft hängen. Er dachte an ihr Schlafzimmer oder genauer gesagt: an ihr Bett. Wie es aussah, wie es sich anfühlte. Wer hatte mit ihr darin gelegen, und hatte er sie befriedigt? Cruz musste an die Nacht denken, als er und Lexi zusammen gewesen waren. Alles war perfekt gewesen – besser als perfekt –, bis er herausgefunden hatte, dass sie noch Jungfrau war. Warum hatte sie ausgerechnet mit ihm ihr erstes Mal erleben wollen?
Seitdem quälte ihn diese Frage, doch die Qual war nichts, verglichen mit der Hitze, die jetzt in ihm hochstieg.
„Hast du, äh, Klebeband für die Kartons mitgebracht?“, versuchte sie das Thema zu wechseln.
„Liegt im Auto.“
„Oh, gut.“ Sie sah ihn an, dann wieder weg. „Habe ich mich schon
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