Wer zuletzt lacht, küsst am besten: Roman (German Edition)
Wimpern und einem weißen Umhang mit der Aufschrift »Ich bin die Braut« über den hageren Schultern war sie aufgesprungen.
»Du wirst mir NICHT den Tag versauen, Becca Ramsey!«, hatte sie in einem Ton gedroht, der so furchteinflößend war, dass sogar Sadie sich in ihrem Stuhl ganz klein gemacht hatte. Tally Lynns Augen waren zu Schlitzen geworden, und auf ihrer glatten Stirn war eine Ader hervorgequollen, als sie mit ihrem perfekt manikürten Zeigefinger anklagend auf ihre Brautjungfer deutete. »Das ist MEIN Tag, nicht deiner. Jeder weiß, dass Slade alles vögelt, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Er bescheißt dich nun schon seit zwei Jahren, und du hast dich mit dem nichtsnutzigen geilen Bock abgefunden. Also halt verdammt noch mal die Klappe wegen Slade. Und wenn sonst noch jemand von euch auf die Idee kommt, mir den Tag zu versauen, kann er gleich hinter Becca durch die verdammte Tür verschwinden.« Dann hatte sie sich wieder hingesetzt und der Stylistin ein Zeichen gegeben, ihre Arbeit fortzusetzen, als hätte sie sich nicht gerade vor aller Augen in einen weiblichen Satan verwandelt. »Mehr Kajal, bitte.«
Sadie hatte gegrinst, so stolz war sie auf ihre leidenschaftliche kleine Cousine, die sie nicht besonders gut kannte. Auch wenn Tally sie dazu zwang, ein Mini-Abschlussballkleid und eine aufgeplusterte texanische Frisur zu tragen. Die sie nicht einmal getragen hatte, als sie sich noch als Texanerin gefühlt hatte.
»Sie dürfen die Braut jetzt küssen«, verkündete der Pfarrer und gab dem Bräutigam ein Zeichen, sich Tally Lynn zu schnappen, sie über seinen Arm zu beugen und ihr einen Schmatzer aufzudrücken. Ein schmerzlicher Anflug von etwas durchzuckte Sadies Herz. Neid war es nicht. Eher eine Mahnung daran, dass auch sie eines Tages jemanden finden wollte, der mit ihr vor den Altar treten wollte, um zu geloben, sie immer zu lieben, und sie über seinen Arm zu beugen.
»Liebe Gemeinde, Mr und Mrs Hardy Steagall.«
Sadie drehte sich um und machte sich bereit, dem Hochzeitspaar zurück durchs Kirchenschiff in den Vorsaal zu folgen. Vielleicht lag in dem schmerzlichen Zucken auch ein klitzekleiner Hauch Wehmut.
Als sie von dem herzförmigen Bogen wegschritten, hakte sie sich bei Rusty ein. Sie war sich nicht ganz sicher, warum sie auch nur den klitzekleinsten Hauch von Wehmut verspürte. Sie war nicht traurig über ihr Leben. Ihr Leben gefiel ihr.
»Lassen wir es krachen?«, fragte Rusty sie verstohlen aus den Mundwinkeln, während sie durchs Kirchenschiff schritten.
»Klar.« Sie könnte ein Glas Wein vertragen. Vielleicht lag es daran, dass ihre Cousine, Tante Bess und Onkel Jim so glücklich waren. Vielleicht auch an ihrem Kaugummikleid und dem Sträußchen aus rosa und weißen Blumen in ihrer Hand. Vielleicht auch daran, dass sie wieder in Lovett war, wo der Sinn des Lebens darin bestand, zu heiraten und Kinder in die Welt zu setzen. Sie war sich nicht ganz sicher, woher dieser plötzliche Stimmungsumschwung kam, aber sie fühlte sich sehr unverheiratet und allein. Sogar Rusty war nur eine Leihgabe. Seine Freundin befand sich irgendwo im Getümmel. Soweit sie wusste, waren sie selbst und die frisch getrennte Becca die einzigen Singlefrauen im ganzen Herzliebchen-Hochzeitspalast. Sogar ihre Cougar-Tante Charlotte hatte es geschafft, einen Begleiter aufzutreiben.
Sadie reihte sich für die Fotos wieder ein, lächelte in die Kamera und tat so, als wäre ihre Stimmung nicht auf dem Tiefpunkt. Sie freute sich für ihre Cousine. Aufrichtig. Aber sie konnte es nicht erwarten, in ihr richtiges Leben zurückzukehren, wo sie sich nicht wie eine männerlose Versagerin fühlte.
Nach den Fotoaufnahmen fanden sich alle im Speisezimmer ein, das ganz in Rosa, Gold und Weiß gehalten war. Tally Lynn umarmte Sadie und drückte sie fest an ihr weißes Baiser-Kleid. »Ich freue mich tierisch, dass du kommen konntest.« Ihr Gesicht strahlte vor Glück und Verliebtheit, als sie hinzufügte: »Mensch, Sadie, ich weiß einfach, dass du die Nächste bist.«
Da es lieb gemeint war, als Bestärkung, zwang sich Sadie zu einem Lächeln und brachte sogar ein fröhliches »Vielleicht« zustande.
»Ich hab dich mit ein paar von den Tanten an einen Tisch gesetzt.« Sie deutete auf einen der runden Tische, die mit Rosen und Tafelaufsätzen aus rosafarbenen Teelichten geschmückt waren. »Sie freuen sich tierisch, dass du hier bist, und das gibt euch die Gelegenheit, euch mal richtig zu
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