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Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Titel: Wer zweimal stirbt, ist laenger tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Janice Davidson
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jeden Fall die bessere Alternative.
    »Ach, jetzt hör aber auf! Du willst einen tiefgefrorenen nehmen?«
    »Das ist ein Truthahn, Jess. Den brauchen wir. Und hier haben wir gleich die fette Auswahl.« Ich betatschte die gefrorenen Kadaver. »Mal sehen, man rechnet ein Pfund pro Person, abgesehen von den Toten, die essen ja nichts. Also da wären … ähm … Nick/Dick und Mom und Baby Jon (aber der steht ja noch nicht so auf festes Essen), du schaffst ungefähr neun Pfund, Sinclair, Marc und Garrett und ich dagegen essen nichts, also wären wir bei … ähm …« Mathe war noch nie meine starke Seite gewesen. Hatte ich möglicherweise vergessen, die Eins zu übertragen? »… äh …«
    »Aber dann nimmt man doch keinen tiefgefrorenen! Hol wenigstens einen frischen. Oder können wir was Koscheres kriegen?«
    »Ein frischer Truthahn würde bedeuten, dass ich schon vor zwei Wochen ein Thanksgiving-Dinner beschlossen und einen frischen Vogel bestellt hätte, und überhaupt und in allem ein verantwortungsvoller, wohlorganisierter Mensch wäre. Was nach allem, was du seit ewigen Zeiten von mir weißt, ziemlich unw…«
    »Schon gut. Tut mir leid. Aber die tiefgefrorenen Viecher sind so zäh und trocken.«
    »Truthahn ist immer trocken und zäh. Hör auf, dich wie ein reicher Snob zu benehmen.« Da Jessica reich war, musste ich so etwas eigentlich kaum jemals sagen. Sie hatte stets hautenge Jeans getragen (lange, bevor sie in Mode gekommen waren, und nun, da sie nicht mehr modisch waren, trug Jess sie wieder) und T-Shirts. In Apple Valley hatten wir uns ein Häuschen geteilt und bei Discountern eingekauft.
    Jess hätte sich jeden Monat einen neuen Ferrari leisten können, hielt sich aber an spritsparende Untersätze wie Toyota Camry und Ford Fusion. Die Villa hatte sie nur gekauft, weil unser altes Domizil von Termiten befallen gewesen war und weil sie fand, eine Vampirkönigin müsse unbedingt ein Versteck, einen Schlupfwinkel im Keller, zahlreiche Gästezimmer und einen riesigen, zeitweise von Zombies befallenen Speicher besitzen.
    »Ich benehme mich nicht wie ein Snob. Glaube ich zumindest. Ich versuche nur, mich des Babys wegen gesund zu ernähren.«
    »Oder der Babys.« Drillinge wären eine Erklärung für diesen Riesenbauch. Oder meinetwegen auch Siebenlinge.
    »Ein Baby«, berichtigte Jessica mit Nachdruck.
    Ich schnappte mir einen Zehnpfünder und warf ihn in den Wagen. Dieser Wagen machte mich wahnsinnig. Zuerst hatte er ganz okay gewirkt, doch inzwischen merkte ich, dass ein Rad klemmte. Ich musste höllisch aufpassen, um nicht aus Versehen jemanden zu …
    »Tut mir leid«, sagte ich zu der Mittdreißigerin, die einen dieser Riesenwagen schob, in denen der Nachwuchs auf einen Plastiksitz geschnallt werden kann, der wie ein Thron auf dem Wagen hockt. Niemand fragt ja nach meiner Meinung, aber wäre es nicht einfacher, die Rotznasen im eiskalten Auto zu lassen, während man den Feiertagsgroßeinkauf erledigt? »Äh, fröhliches Thanksgiving!«
    »Ja, genau«, erwiderte die Frau mit einer der Gelegenheit angemessenen Dosis müder Verzweiflung. Zwischen den Tiefkühl-Truthähnen und der sechs Meter messenden Auslage mit Füllungen hatte ich eine Seelenverwandte gefunden. Wobei mir einfiel …
    »Eine Fertig-Füllung? Und auch noch mit Pilzen?«, maulte Jess. »Also ehrlich, Bets. Soll das das langweiligste Essen aller Zeiten werden?«
    »Man kann es in fünf Minuten zubereiten, und niemanden interessiert es einen Scheiß, Jessica. Wir sind nicht in New England, sondern in Minnesota und haben echt Wichtigeres zu tun, als hausgemachte Austernfüllung mit Walnüssen und … keine Ahnung, Craisins zuzubereiten.«
    »Oooh. Craisins! Das hört sich interessant an.«
    Ich hatte mich über meinen Einkaufswagen gelehnt, stützte das Kinn auf die verschränkten Hände und lenkte mit den Ellenbogen. »Das Problem ist nur, dass ich keinen Plan habe. Ich habe nicht mal einen Schimmer, wie ich einen Plan ersinnen soll. Alles, was ich vor mir sehe, ist das blanke Nichts.«
    »Tja, so ist das eben.« Sie war mit den Trauben fertig und schaute sich hungrig um. Entdeckte einen Ständer mit Backzutaten und schnappte sich eine Tüte Schokoladenraspel. »Ich meine, das ist halt deine Art. Du machst alles auf den letzten Drücker. Und manchmal klappt es sogar.«
    »Und manchmal müssen Menschen sterben. Ich krieg’s diesmal aber einfach nicht gebacken. Ich bin Maverick, nachdem Goose auf der Miramar-Fliegerschule ins Gras gebissen

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