Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
raushängen. Und hing obendrein bei mir herum. Nichts hatte sich verändert. Ach so, abgesehen von meinem älteren Ich, das einen Trip aus der Zukunft hierher gebucht hatte und ebenfalls bei mir abhing.
Zu blöd, dass ich keinen Schimmer hatte, was ich gegen diese Anwesenheit übel wollender Geister unternehmen sollte. Wir alle hingen in einer Warteschleife, und ich konnte mir nicht vorstellen, was ich unternehmen sollte, um uns aus dem Wartespiel herauszukatapultieren.
Gar nichts konnte ich mir vorstellen. Ich war weder ein geheimes Genie noch eine Computerspezialistin. Ich war kein Arzt, kein Cop und auch kein Farmer, der sich zum Menschenfreund gewandelt hatte. Ich war kein alter, weiser Vampir und keine schwangere Millionärin. Ich war keine Werwölfin in einem Rudel, das ihr Macht und Rückhalt gab, und ich war auch kein ehemals wilder Vampir, der Jahrzehnte der Folter überlebt hatte.
Ich war nichts in der Art. Ich war lediglich vor meinem Tod eine etwas überdurchschnittlich begabte Büroangestellte gewesen und nach meinem Tod eine beträchtlich unterbelichtete Vampirkönigin.
Was ich konnte, war, ohne Vorbereitung und Unterstützung in brenzlige Situationen reinzurasseln. Was ich konnte, war, durch ein Problem zu stapfen, bis ich zufällig über die Lösung stolperte …
Du musst deine Stärken wahrnehmen. Denn du besitzt Stärken.
Oh.
Oh!
Ich klickte und sicherte mein Königinnen-Tagebuch, das bislang zwei Absätze umfasste. Klappte meinen Laptop zu, erhob mich und streckte mich. »Was meinst du, Lucy …«
»Nenn mich nicht so!« Ihr Mund war verächtlich gekräuselt, doch sie beobachtete mich argwöhnisch. Beinahe … nervös?
Satan fürchtet dich. Findest du das denn gar nicht interessant?
Doch, das tat ich. Endlich.
»Lucy, wie wär’s, wenn wir zur Sache kommen?«
Der Teufel schaute mir in die Augen … und wusste, dass ich wusste.
39
»Warum? Warum, Beetlejuice? Mehr will ich ja gar nicht wissen, bevor wir tun, was du willst. Also warum?«
»Mein Name ist Beelzeb…«
»Lass das! Warum?«
Sie schnaubte verächtlich. »Das würdest du doch nicht verstehen.«
»Lass das! Hast mir lange genug die Ohren vollgesummt, wie überlegen du bist und was für ein elender Wurm ich im Vergleich zu dir bin. Die Leier kenne ich. Aber du musst es mir erklären, du arrogantes Stück. Bevor du mich tötest und ich laut kreischend zur Hölle fahre, habe ich ein Recht darauf, es zu erfahren. Ich werde nicht sterben, bevor ich nicht weiß, darauf kannst du einen lassen!«
Sie breitete die Hände aus, und in einem dieser merkwürdigen Momente, da ich nicht wusste, warum ich dachte, was ich dachte, sah ich wieder einmal, was für schöne Hände sie hatte. »Was also willst du wissen? Ich werde tun, was in meiner Macht steht.«
»Sehr gut. Vielen Dank.« Wieder einmal holte ich völlig unnötigerweise Luft – schon komisch, wie schwer man alte Gewohnheiten aufgibt. »Zuerst gab es das Nichts, und dann gab es Gott, und er hat euch geschaffen, und dabei ist es dann eine Weile geblieben … es gab nur ihn und seine Engel, dann erst hat er die Menschen erschaffen. Also bist du nie Mensch gewesen und kannst dich gar nicht in unser erbärmliches, langweiliges Leben einfühlen, nicht wahr? Und du existierst seit fünf Milliarden Jahren, kannst also kein sonderlich positives Bild von der Menschheit haben. Für dich ist es, als betrachtest du einen Haufen Grashüpfer, und die sind dir so fremd, dass es nicht mal den Versuch lohnt, ihre Königin zu sein, du könntest es ihnen ja nicht mal erklären. Folglich ist es leichter für dich, wenn du dein Ding mit ihnen durchziehst und dich wenig um die negativen Konsequenzen scherst. Stimmt das ungefähr?«
Satan hob ihre eleganten Schultern. »Das stimmt.«
»Also warum, warum, warum?«, rief ich. Gleich würde ich weinen. Ich hoffte nur, der Teufel würde es nicht merken. »Warum machst du dir überhaupt die Mühe? Warum die vielen Tricks, warum die Heimlichtuerei? Warum versuchst du immer noch, die Menschen zu den schlimmsten Taten zu verleiten? Das kann doch inzwischen nicht mehr interessant sein … schließlich hast du sämtliche Spielarten des Bösen der menschlichen Rasse erlebt. Schon vor einer Million Jahren musst du gewusst haben, dass die Menschen dich nicht mehr überraschen können. Dass alles so verdammt langweilig sein würde. Was also ist der Sinn des Ganzen?«
»Also«, setzte Satan an. Dann stutzte sie und überlegte. Schließlich sagte sie:
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