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an, mir in allen Details sein Navi zu erklären. Eine Lawine, die man losgetreten hat, ist nun mal traurigerweise schwer aufzuhalten. Während der 23-minütigen Autofahrt lerne ich alle wichtigen und unwichtigen Funktionen des kleinen Technikwunders kennen! Auch wenn ich den Mann zwischendurch enttäuschen muss, als ich ihm erkläre, dass die Sprachansagen des Gerätes nicht live gesprochen werden.
Joseph – wie er sich mir vorstellt – gibt sich enttäuscht: »Und isch dachte immer, datt die datt mit diesem Je-Pe-Ess wie mit einem Rundfunkjerät übermittelen.«
Das Wort Rundfunkgerät lässt mich ahnen, dass der gute Jupp mindestens achtzig sein muss und dass sein erstes Radio noch einer von Adolfs Volksempfängern war.
Unsere Fahrt führt uns zum guten Schluss in die Aachener Innenstadt. Nachdem das Taxameter gestoppt ist, gebe ich meinem Chauffeur die vereinbarte Summe Geld und will aus dem Wagen steigen. Jupp will es sich jedoch nicht nehmen lassen – mir noch über fünf Minuten – die Vorzüge seines Zauberkastens anzupreisen: »Sehen Sie – wenn man da druffdrückt, dann kann isch automatisch die nächste Tankstelle anzeijen lassen. Man nennt datt Po-Int Of Inter-Esst .«
Seinem Redeschwall kann ich nur Einhalt gebieten mit einem lapidaren: »Hören Sie. Ich habe eine sehr ansteckende Krankheit. In dem Gebäude dort wartet mein Arzt mit der rettenden Spritze.«
Der arme Joseph nimmt hektisch Reißaus. Und trotz seines tollen Navigationssystems – flüchtet er entgegen der Fahrtrichtung der soeben durchfahrenen Einbahnstraße.
Die Tatsache, dass ich in großer Hast die Wohnung verlassen musste, hat mich mein Blasenproblem verdrängen lassen. Gemeint ist jetzt keine Blasenentzündung. Denn diese wäre eine fast angenehme Wohltat im Vergleich zu dem, was sich mir auf der Toilette meines Zahnarztes darbietet. Denn mein langjähriger bester Freund sieht nach einem Tag Selbstmedikation aus wie ein Engländer, der zu lange unter der heißen Sonne Menorcas gelegen hat: Er ist eine riesige Brandblase. Einziger Unterschied zu einem der britischen Inselbewohner ist, dass mein Penis kein Handtuch hatte, um sich eine Liege in Poolnähe zu reservieren.
Mit dem letzten Tropfen Brandsalbe aus meiner mitgeführten Hausapotheke versuche ich, das Feuer zu löschen.
Jetzt wird man sich fragen, was ein normaler Mensch beim Zahnarzt macht, wenn er Beschwerden in einer ganz anderen Körperregion hat. Die Antwort ist recht simpel – der Termin steht bereits seit Wochen fest.
Während ich auf der Behandlungsliege Platz nehme, merke ich, wie es dort unten ein wenig zwickt. Um genau zu sein – ein Jucken, dass sich selbst der liebe Satan niemals hätte besser einfallen lassen können, hat mein bestes Stück heimgesucht. Zu der Qual im Genitalbereich gesellt sich nun auch noch der dringende Verdacht meines Arztes, dass zwei Feinde meiner Kindheit eine wilde Party feiern: Karius und Baktus.
Seit man uns im Kindergarten mit einem Aufklärungsfilm suggerieren wollte, dass die beiden aussehen wie Pumuckl und sein schwarzhaariger unehelicher Bruder, habe ich Angst vor Lochfraß in meinen Kauwerkzeugen.
Der Doktor beginnt zu bohren, nachdem er mir erklärt, dass ein Zahn im ersten Quadranten von jenen eben erwähnten Spießgesellen heimgesucht wurde.
Ich versuche, mich abzulenken. Die Zahnarzthelferin hilft mir dabei, allerdings weiß sie bis hierhin nichts von dieser ehrenvollen Aufgabe.
Holla die Waldfee … was für hübsche dunkle Augen. Wow. Wusste gar nicht, dass diese weißen Kittel so sexy sein können. Mein Gott – hat die überhaupt einen BH an? Ich glaube nicht. Das ist ja der Wahnsinn! Und dann dieser Mundschutz. Die sieht damit ja aus wie eine verschleierte exotische Bauchtänzerin!
Ich lese ihr Namensschild – ZFA Frau Özdemir steht dort.
›Bei Ali Baba und den sieben Zwergen. Das ist ja sogar so ein kleiner Flaschengeist aus Tausendundeine Nacht . Dios mio. Ist das ein scharfes Gerät. Und sie zwinkert mir so nett zu!‹, denke ich und beginne bereits, sie – im Geiste – auszuziehen.
Den Augenkontakt haltend bin ich gerade schon beim Vorspiel angelangt, als ich merke, dass das kleine Zirkusvolk in meiner Hose ein Zeltdach aufgebaut hat. Ein durchdringender Schmerz zieht sich durch meinen ganzen Körper. Die Löwennummer scheint als Nächstes auf dem Programm zu stehen und der Zirkusdirektor will keine Verzögerung in seinem Ablaufplan.
Ich unterdrücke den Impuls, lauthals schreien
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