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Titel: Werben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Zimmermann
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zu wollen. Doch zu spät – unweigerlich beiße ich meinem unschuldigen Dentalspezialisten auf die Finger.
    Immerhin schreit er jetzt für mich ! Wenngleich es andersherum befreiender wäre.
    Bemerkenswert ist, dass nun Frau Özdemir völlig entsetzt dreinschaut, aber nicht wegen meiner Bissigkeit oder gar aus Mitleid zu ihrem Arbeitgeber. Der Sachverhalt ist ein ganz anderer: Scheinbar hat sie noch nie eine solch ausgebeulte Hose zu Gesicht bekommen. So fange ich ihren entsetzten Blick auf und erkenne angewidert, dass sie eine dieser schrecklichen Leute sein muss, die bei Unfällen am Straßenrand gaffen, ohne behilflich zu sein.
    Hätte ich nicht den Mund voller Watte, würde ich ihr meine Empörung wahrscheinlich an den Kopf schmeißen. Aber so bin ich zum Schweigen verdammt.
    Derweil hat der liebe Herr Doktor seine Fassung wiedererlangt und nennt mich einen Vierjährigen beim ersten Zahnarztbesuch . Mein Kopf läuft rot an. Herr Doktor scheint nicht bemerkt zu haben, dass der Circus Roncalli auf seiner Liege gastiert. Vielleicht ist er aber auch kein Tier- und Akrobatikliebhaber, man kann nie wissen. Schwer schaffe ich es, mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren: die nun einsetzenden Schmerzen im ersten Quadranten.
    »AHHHHHHHHHH!«, diesmal schreie ich doch noch auf.
    Der Biss in die Hand von Doktor Frankenstein muss den aufgebohrten Zahn stark in Mitleidenschaft gezogen haben. Frau Özdemir schließlich rennt erschrocken aus dem Zimmer. Was auch immer Muslime als vergleichbare Geste eines Bekreuzigens machen: Die gelernte ZFA macht genau diese Geste, bevor sie die Tür zuknallt.
    Den Rest der Behandlung verbringe ich in einem Trance-ähnlichen Zustand und dem Verlangen nach Lachgas. Mein Doktor der Zahnheilkunde entlässt mich letztendlich mit den höflichen Worten: »Kommen Sie bitte nie wieder!«
    Ich bedanke mich für die schonungslose Ehrlichkeit und räche mich damit, einige Magazine aus dem Wartezimmer mitzunehmen.
    An Arbeit ist heute nicht mehr zu denken – per Telefon lasse ich mich wegen schlimmer Penis… – Zahnschmerzen beim Chef entschuldigen.

Siebtes Kapitel

    Eine reife Vorstellung

    »Stopp! Also mit den Schuhen und der Baseballkappe kommste hier aber nich’ rein!«
    Vor mir steht ein Typ, der mindestens so hoch wie breit ist, der aber zugleich auch so dumm wie groß sein muss.
    Die Security der Disco Tanztheater Gloria mag offenbar meinen Klamottenstil nicht. Dabei weiß ich nicht, was deren Mitarbeiter gegen Turnschuhe einzuwenden hat. Chucks waren doch niemals wirklich out! Außerdem ist seine Bomberjacke ebenso nicht gerade ein Highlight der Pariser Mode Wochen. Vielleicht will er uns mit seinem Fashionstatement auch mitteilen, dass sein Kindheitstraum einst der Beruf des Piloten gewesen ist. Keine Ahnung.
    »Worauf wartest du denn. Zieh Leine. Deine Freunde dürfen rein. Nur der Hipster-Typ mit dem zotteligen Vollbart, der ausschaut, als sei ihm eine Ratte im Gesicht explodiert. Der muss genau wie du draußen bleiben – sein Opi-Hut hat hier auch nix verloren!«, grinst er Moss Man und mich mit offenem Mund an.
    Immerhin weiß ich jetzt, warum er kein Pilot werden konnte! Der Kerl hat zig Amalgamplomben. Daher muss ich nicht nur daran denken, wie die etwaigen kleinen Lufteinschlüsse ihm – bei sich ändernden Druckverhältnissen im Flugzeug – die Zähne sprengen würden. Nein, zugleich denke ich an meine Behandlung bei Frau Özdemir und Doktor Frankenstein. Eine Geschichte, die ich für immer geheim halten werde.
    »Hör mal, Alter. Du siehst doch ganz nett und intellent aus. Wir sind Freunde vom Kevin. Lass uns doch rein. Der wartet drinnen«, sage ich zu ihm.
    Einen Kevin kenne ich eigentlich gar nicht, aber die Chance, dass einer von den Angestellten in der Disco so heißt, ist einen Versuch wert. Die Generation Kevin arbeitet hier ganz bestimmt!
    »Woher kennst du meinen Namen?«, antwortet mir die laufende Kante.
    ›Verflucht!‹, denke ich.
    »Tja. Mensch, Kevin. Lange nicht mehr gesehen! Wie geht’s denn deiner Mutter? Seit der Förderschule ist ja eine Unendlichkeit vergangen!«, erfinde ich und klopfe ihm auf die Schulter.
    Ungläubig guckt mich die Gebissruine an. In seinem kleinen Türsteherhirn scheint er nach einer Schublade zu suchen, in der er mich finden könnte. »Wie is’n dein Name? Hilf mir mal auf die Sprünge!«
    »Kevin. Weißte nicht mehr? Ich bin’s der … Justin!«, improvisiere ich weiter.
    »Also mein Bruder heißt Justin. Dich

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