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jede Boeing 747 durch die Luftbewegung zum Absturz gebracht hätte, lacht sie mich an.
Es bedarf keiner Überredungskünste, sie in die – der Disco angeschlossenen – Cocktailbar zu entführen, um sogleich den ins negativ gekippten Flüssigkeitshaushalt aufzufüllen. Am Thresen bestelle ich mir ein Männergetränk – Wodka pur – und ihr einen Frauen-Schlabber-Drink: Erdbeer-Daiquiri.
Mit einem unfreundlichen »Da haste den Kram!«, bekomme ich von der gepiercten und hautbemalten Rockerbraut hinter der Theke meine Getränke. Was für eine dumme Kuh – so bekommt die niemals einen Mann ab.
Während wir uns hinsetzen, weiß ich auf einmal gar nicht mehr, worüber ich mich mit ihr unterhalten soll. Politik? Wirtschaft? Kultur oder Sport? Über das letzte Buch von Umberto Eco? Es ist nicht gerade so, dass mich ihr Anblick sprachlos machen würde, aber ich habe urplötzlich einen Blackout. Nur sabbern sollte ich jetzt keinesfalls wieder.
Für geschätzte vier Minuten herrscht absolute Stille. Wir gucken uns eigentlich nur an. Sie bewegt mit kleinen Posen ihren Körper zum Rhythmus von Madonnas Papa Don’t Preach und ich klopfe mit dem rechten Zeigefinger den Takt mit.
Schließlich fummelt sie ihr Handy aus der Tasche und beginnt gelangweilt, eine SMS zu schreiben. Nur einige Zeit später bekommt sie eine Antwort.
»Cool. Das war Chris. Er ist gleich wieder zuhause. Wir können noch was bei ihm trinken. Haste Bock mitzukommen? Ich habe keinen Schimmer, wo Chris wohnt.«
»Spricht nix dagegen. Also willst du gehen?«
»Ja. Suuuupi . Lass uns verschwinden«, sagt sie ohne Zögern.
Beim Verlassen der Keller-Disco spricht mich abermals der idiotische Türsteher an: »Aha. Musste jetzt ins Bett? Hoffentlich ist die Bettpfanne schon geleert. Hahaha.«
Eine kurze Einschätzung der Lage lässt mich die eingangs erwähnten Ninja-Kampfschläge vergessen. Vor dem Gebäude ist alles menschenleer. Keine Zeugen – keine Hilfe. Da die Feder bekanntermaßen mächtiger ist als das Schwert, versuche ich es mit einer schlagfertigen Antwort.
»Sag mir mal. Wird zuhause dein Badezimmer renoviert?«
Irritiert guckt mich mein größeres sowie viel breiteres Gegenüber an: »Wie meinste das denn?«
» Puh . Ja – keine Ahnung. Ansonsten würde ich nach unten gehen und deiner Sexpartnerin, der ehemaligen Klofrau, Hallo sagen. Denn du stinkst so sehr nach Kuhmist aus dem Maul, dass du bestimmt nochmals einen ablassen solltest. Zudem redest du auch nur Mist. Guck Dich doch an. Du bist älter als ich und denkst, mich veräppeln zu können? Was für eine Frechheit. Das werde ich dem Geschäftsführer stecken, denn ich habe Eure Website gemacht!«
Letzterer Teil stimmt sogar – der Rest entspringt meiner Fantasie. In seinem kleinen Spatzenhirn arbeitet es nun für zwei bis drei Sekunden. Es ist wie bei den Dinosauriern: Der Typ ist zwar riesig, aber hat ein Hirn in Erdnussgröße. Von Leas Position höre ich nur ein lautes Schlucken – ich glaube da hat jemand Angst oder war ich das selbst?
Der Türsteher auf der anderen Seite hat sicherlich keine Angst, aber aggressiv ist er nun! Er holt aus und will mir mit der rechten Faust mitten ins Gesicht schlagen. Ich kann mich unter seinem Schwinger bücken und beantworte die Brachialgewalt mit einem Tritt gegen seine Fersen. Nicht unbedingt die feine englische Art zu kämpfen, aber mir egal. Er stolpert und fällt rücklings auf den Hintern. Wie eine umgedrehte – auf ihrem Panzer liegende – Riesenschildkröte von den Galapagosinseln liegt der dicke Kerl nun am Boden und rudert mit den Armen. Einziger Unterschied zu den netten grünen Tierchen ist, dass er nicht unter Artenschutz steht.
Kommt der nochmals hoch? Wild schimpfend liegt er immer noch da. Recht mutig stelle ich mich über ihn und sage: »Das war Notwehr! Und ich habe Dich bislang nicht verletzt. Also, wenn du diese peinliche Geschichte lieber für Dich behalten willst, lässt du mich ab sofort in Ruhe! Du hast Glück, dass außer uns keiner hier ist!«
Er stammelt mir eine Antwort entgegen: »Okay. Dann hilf mir zumindest auf!«
Man ist ja kein Unmensch und so helfe ich dem Typen auf. Leider habe ich keinen Gabelstapler zur Hand, denn er wiegt bestimmt dreimal so viel wie ich. Tatsächlich bleibt er friedlich und versucht nicht nochmals, mir eine überzuziehen.
Mit leiser Stimme und einer Träne im Knopfloch sagt er: »Tut mir leid. Habe ’nen beschissenen Tag gehabt. War nicht in Ordnung von
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