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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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nur, in einem etwas herablassenden Tonfall, der die anfängliche Schräglage des Gespräches schlagartig umdrehte: »Es könnte doch auch sein – nur mal angenommen, bitte unterbrich mich sofort, wenn ich einen hirnrissigen Blödsinn sage , dass die Frau einfach ihren langweiligen Kurierjob satt hatte, mit ihrem Auto in die Toskana getürmt ist und sich dort hinter irgendeiner Töpferscheibe versteckt. Jedes Jahr machen das tausende Frauen so. Könnte das sein?«
    Wondrak stimmte zu: »Das könnte sein. Es könnte aber auch sein, dass sie gefesselt und geknebelt in einem feuchten Keller liegt, genau in unserem Revier, und in 48 Stunden tot ist, wenn wir nicht gleich etwas unternehmen.« Wondrak wusste genau, dass er gerade einen gewaltigen Unfug verzapfte. Aber da musste er jetzt durch. Könnte, wäre, würde – all dieser konjunktivische Fantasiekram hatte bei der kriminalistischen Feinarbeit nichts zu suchen. ›Haltet euch nicht an Spekulationen, sondern an die Fakten, sammelt so viele wie möglich und macht euch daraus ein Bild!‹ Das trichterte er seinen Schülern von Anfang an ein. Und nun machte er sich selbst zum Gespött des Konjunktivs.
    Wondrak wusste es, Stürmer wusste es.
    Überraschenderweise, und das war das Geheimnis ihrer guten Zusammenarbeit, trat Stürmer nun nicht nach, sondern reichte ihm die Hand: »Bring mir bis morgen einen einzigen brauchbaren Hinweis, dass Gefahr für Leib und Leben besteht, und wir starten eine Großsuche. Dann kannst du den Eventualmord oder auch den Vielleichtschonbaldmord aufklären. Wenn nicht, lassen wir sie ungestört in der Toskana weitertöpfern.«

     
    Verstört ging Wondrak zurück in sein Büro. Stürmer hatte vollkommen recht: Das war überhaupt nichts für die Mordkommission. Eine einfache Vermisstenmeldung gleich zur Mordsache aufzublasen! Was war bloß in ihn gefahren? Seine Schulklasse hatte ihn auf die Spur gesetzt. Vielleicht sogar aufgehetzt. Aber deshalb musste man doch nicht gleich eine leise Ahnung mit voller Puste hinaustrompeten! Hoffentlich hatte es sonst niemand mitbekommen. Der erfolgreichste Mordaufklärer Bayerns konnte sich nicht erinnern, jemals so blank dagestanden zu haben.

     
    Das Telefon klingelte, Veronika Veigl war dran.
    »Ach Gott«, dachte Wondrak, »die haben schon losgelegt. Die Vroni, der Nick und der alte Schneiderweiß wahrscheinlich auch.« Das Schlamassel war tiefer, als er zunächst gedacht hatte. Er hatte sich nun nicht nur vor seinem Chef blamiert, sondern auch vor seiner Abteilung.
    »Wir haben ihr PDA-Phone!«
    »Das schwarze Kastl?«
    »Genau. Das schwarze Kästchen, auf dem
    man den Empfang quittiert, wir haben es mit einem GPS-Chip geortet, im Fluss direkt hinter der Amper-Brücke.«
    »Schön, und?«
    »Und dann haben wir die letzten Menschen besucht, die auf diesem Kästchen ihre Unterschrift hinterlassen haben.«
    Jetzt wollte Wondrak eigentlich › schön, und weiter? ‹ sagen, aber es verschlug ihm doch ein wenig die Sprache. »Und das hat noch funktioniert, nach dem Bad in der Amper?«
    Veronika klärte ihn auf: »Nick hat die fünf letzten Adressen rekonstruieren können, die anderen sind den Bach runtergegangen. Aber auch diese paar haben es in sich!«
    »Du machst es aber spannend«, meinte Wondrak in einem Ton, der so unaufgeregt wie möglich klingen sollte. »Na schieß los!«
    »Halt dich fest: Alle fünf behaupten, dass gar keine Frau das Paket geliefert hätte, sondern ein Mann!«
    Wondrak, der sich noch vor wenigen Minuten bis auf die Knochen blamiert fühlte, verspürte ein gewisses Kribbeln in seine tauben Glieder zurückkehren. Seine Intuition, sein geniales Bauchgefühl! Es hatte ihn nicht getrogen! Ein Jubeln stieg in ihm auf, das er am Telefon nur mühsam unterdrücken konnte. »Wir können also davon ausgehen, dass die Frau nicht in der Toskana an einer Töpferscheibe sitzt, sondern Gefahr für ihren Leib und ihr Leben besteht?«
    »Ach, hast du das schön gesagt, Wondrak. Ja, mit großer Wahrscheinlichkeit ist die Frau in Gefahr. Der Mann hat sie wahrscheinlich bei einer Lieferung überwältigt und danach hat er kaltblütig weiter ausgeliefert, um die Spuren zu verwischen. So etwas macht man nicht spontan. Das hat der seit Längerem geplant. Oder es ist alles ein höllisch schlechter Scherz, aber daran mag niemand von uns glauben.«
    Wondrak wollte nun › Gott sei Dank ‹ rufen, doch er verbat es sich und seufzte: »Wir starten gleich eine Großfahndung.«
    Schnell hatte Wondrak seine

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