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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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Mordtruppe zusammengetrommelt. Eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei durchkämmte die umliegenden Wälder und im Kommissariat wurde mit Hochtouren daran gearbeitet, den Titel ›höchste Aufklärungsrate‹ nun auch noch mit dem Prädikat ›die meisten verhinderten Eventualmorde‹ zu krönen.

     
    »Schon seltsam, wie du das immer machst, Wondrak! War das nun Glück oder Intuition?«, fragte ihn Stürmer.
    Wondrak zögerte. »Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Du hattest völlig recht: Eigentlich war es ein klassischer Vermisstenfall. Ich bin durch Zufall da reingestolpert, den Fall hätte ich sonst nie auf den Tisch bekommen, und plötzlich wird eine Entführung draus. Vielleicht hab’ ich auch selbst eine Mordsache draus gemacht.« Wondrak zuckt mit den Schultern.
    »Hör auf, jetzt wirst du esoterisch«, unterbrach ihn Stürmer. »Geh’ lieber ermitteln.«
    Stürmer hatte Wondrak freie Hand erteilt, allerdings hatte er seine Großzügigkeit gleich mit einer Einschränkung versehen: »Keine Extrawürste bitte! Oder zumindest keine, die Geld kosten.« Allein die Ausgaben für das Vanilleeis aus Furtmanns Eisdiele hatten sich im letzten Monat auf 34 Euro summiert! »Der Rechnungshof macht mir die Hölle heiß wegen deiner spinnerten Ideen! Weißt du, wie hoch der Polizeietat für Vanilleeis in München ist? Null Euro! Und wir verfüttern pro Jahr 400 Euro an Kriminelle! Wie soll ich das irgendjemandem in diesem Land erklären?« So stolz Stürmer auf seine Erfolgsbilanz war, die zu einem Großteil auf das Konto des zartschmelzenden Eises gingen und die damit verbundenen überaus feinfühligen Verhörmethoden Wondraks, so betrübt blickte er jedes Jahr auf den Prüfbericht des Bundesrechnungshofes.
    Wondrak nickte verständnisvoll und dachte kurz an die Steigwasserleitung zu seiner Espressomaschine, die er letzten Monat hatte einbauen lassen. Davon wollte er Stürmer eigentlich erzählen, bevor es der Rechnungshof tat, aber das hatte noch ein bisschen Zeit. Erst den Fall klären, dann die Belohnung kassieren, so sollte es laufen. Auch wenn sich Wondrak die Belohnung längst genehmigt hatte.

14. Kaffeezeit
    In der Schöngeisinger Straße hatte ein Serviceladen für Espressomaschinen aufgemacht, der an zwei Tagen in der Woche geöffnet hatte, und eines schönen Tages war Wondrak hineingegangen und hatte gesagt: »Grüß Gott, ich hab’ eine Faema E61 von 1968, bin ich hier richtig?«
    Ein Mann mit einem mächtigen Schädel, einem ebenso mächtigen Vollbart und kurzen, stämmigen Beinen hob seinen Kopf aus einem chromglänzenden Kasten, lächelte ihn an und sagte: »Willkommen zu Hause.«
    Spontan dachte Wondrak: Wenn er einen Hut aufsetzt, sieht er aus wie Andreas Hofer. Vor ihm stand der wiedergeborene Tiroler Freiheitskämpfer. Ein Revolutionär. Einer, der einen Haufen Tiroler Bauern dazu bringt, Napoleons Armee mit Sensen und Dreschflegeln zu bezwingen.
    »Zweigruppig oder dreigruppig?«
    »Dreigruppig.«
    »Ah, die Legende. Sehr schönes Gerät. Aber komm mal mit, ich hab’ auch was Schönes!« Und er führte ihn in den hinteren Teil des Ladens, wo eine kleine Theke aufgebaut war. »Ich bin übrigens der Andreas.«
    »Ich bin Thomas. Aber alle sagen Wondrak zu mir.«
    »Soll ich Thomas oder Wondrak sagen?«
    »Das überlasse ich ganz dir.«
    »Okay, schau dir mal meine Faema an … Thomas!«
    Mit der größten Gelassenheit thronte ganz hinten, am Ende des kleinen Ladens, der von funkelnagelneuen Espressovollautomaten nur so wimmelte, ein chromblitzender kaffeetechnischer Oldtimer. Ein Bugatti für Espressoliebhaber. Im Neuzustand. Oder sogar besser als neu. »Magst einen?«
    Wondrak liebte es zwar, selbst den Kaffee zu mahlen, den Siebträger einzusetzen und das heiße Wasser zu dosieren, genauso sehr mochte er es aber, dabei zuzusehen, wenn es jemand in Perfektion beherrschte. Und Andreas konnte das im Schlaf. Wer braucht schon einen Kaffeevollautomaten, wenn er Hände hat, die automatisch arbeiten?, dachte Wondrak, während Andreas ihm die Geschichte dieser Luxusmaschine erzählte.
    »Was, 63er-Baujahr?«, unterbrach Wondrak ihn. »Die ist ja genauso alt wie ich!«
    »Ja, aber etwas besser in Schuss!«, entgegnete Andreas mit einem süffisanten Seitenblick auf Wondraks Bäuchlein. »Du nimmst Zucker?«
    Wondrak musste grinsen. Es kam ihm vor, als würde er Andreas schon ewig kennen. »Na, du darfst reden, Andreas. Dein Pflegezustand ist doch auch bestenfalls Drei minus.«
    »Bestenfalls. Auf einer

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