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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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Kriminaloberstübchen klingelte es, aber er konnte die Richtung nicht orten.
    »Ich bringe Charlotte morgen Abend vorbei.«
    »Um halb acht gehen die Kinder ins Bett, meinen Sie, Sie schaffen es vorher?«
    »Ja, das wird schon gehen«, brummelte Wondrak und erkundigte sich nach der Adresse. »Wir sehen uns morgen!«

20. Die Verbesserung des Unverbesserlichen
    »Wondrak, bei mir unten ist ein Andreas Hofer«, meldete ihm der Empfang. »Soll ich ihn raufschicken?«
    »Nein, der ist wichtig! Ich hole ihn selbst ab!« Wondrak begrüßte seinen Gast wie einen Freund. »Na, hast du es gleich gefunden?«
    »Klar, war ganz einfach – neben der Klosterkirche gleich links! Und dann der rechte Eingang.«
    Das Kommissariat und die Polizeischule lagen direkt nebeneinander mit zwei getrennten Eingängen. Links ging es in die ehemaligen Räume des Invalidenheims, die heute als Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege dienten, die Pforte rechts führte in die alten Gemäuer des säkularisierten Zisterzienserklosters, ins Revier der Kripo. Von Wondraks Zimmer aus hatte man einen unverbauten Blick über die vor knapp zehn Jahren renovierte Klosteranlage, die immer mehr zum Magneten des Lankreises wurde. Von Gartenmessen bis zu Open-Air-Konzerten, von Antiquitätenbörsen bis zu Hip-Hop-Wochenenden war alles geboten. Wondraks Arbeitsplatz, der ursprünglich in jeder Hinsicht am Rande des Nirgendwo lag, war seit der Renovierung immer attraktiver geworden. Nicht ohne Stolz zeigte er Andreas seinen Arbeitsplatz.
    »Und? Hast du viel zu tun?«, fragte Andreas Hofer, während er seinen Blick über die ehemaligen Stallungen schweifen ließ, die zu einem modernen Kongresszentrum umgebaut worden waren, an dem jede Woche eine andere Firma ihr Event, wie sie es nannten, zelebrierte.
    »Mordkommission, das hört sich so toll an. Und besteht doch nur aus Papierkram und Schreibtischarbeit«, erzählte Wondrak, während er für sich und seinen Gast zwei kleine Espressi zubereitete.
    »Wenn es mal einen Mordfall gibt, dann ist der meistens so simpel gestrickt, dass das jeder Streifenpolizist könnte«, spielte Wondrak seine Erfolgsbilanz herunter. 89,5   Prozent Aufklärungsquote bei Gewaltdelikten, damit war Fürstenfeldbruck unangefochtener Spitzenreiter der bundesdeutschen Kriminalstatistik. An jedem einzelnen Prozentpunkt war Wondrak mehr oder weniger direkt beteiligt. Ein potenzieller Mörder war also gut beraten, sein Handwerk außerhalb der Landkreise Fürstenfeldbruck, Landsberg am Lech, Starnberg und Dachau auszuüben.
    »Eigentlich bin ich ja zufrieden«, gab Wondrak zu. »Ich stehe dort, wo ich immer stehen wollte: auf der Seite der Guten. Und kämpfe gegen die Bösen. Das wollte ich schon, seit ich beim Kinderfasching meinen ersten Sheriffstern bekommen habe. Eigentlich könnte ich zufrieden sein. Aber in Wahrheit fehlt mir etwas. Ab und zu an die eigenen Grenzen gehen, so an der Wand stehen, dass man nicht mehr weiter weiß – da fühlst du dich erst lebendig.«
    »Ich weiß, was du meinst«, stimmte Andreas zu, während er seinen Espresso aufmerksam inspizierte. »Meinen Kaffeemaschinenladen hab’ ich auch nur nebenbei, weil mir in meinem richtigen Job etwas fehlt.«
    »Was ist denn dein richtiger Job?«, fragte Wondrak.
    »Steuerberater. Bei einer Unternehmensberatung in München. Ich wohne nur in Fürstenfeldbruck und pendle jeden Tag nach München, wie 30.000 andere aus dem Landkreis. Aber das ist jetzt grad nicht mein Lieblingsthema. Dein Kaffee ist viel interessanter.«
    Auch Andreas machte, wie Wondrak zwei Tage zuvor, erst einmal die Zuckerprobe, mit der er die Festigkeit der Crema testete. Er streute einen Löffel Kristallzucker auf den Schaum und sah zu, wie er den Kampf gegen die Schwerkraft aufnahm. Er würde ihn niemals gewinnen, aber die Zeit, in der er es schaffte, den Zucker am Abtauchen zu hindern, war der Gradmesser für seine Qualität. Der Moment, in dem der Zucker verschwand, bot ein magisches Schauspiel. Die Crema öffnete ihren Mund und verschluckte ihn. Fast könnte man meinen, man hörte den leisen Seufzer, wenn der Zucker auf Tauchstation ging. Und wenn die Crema dick genug war, und das war sie bei Wondraks Kaffee selbstverständlich, schloss sich der Mund sofort danach wieder.
    »Sehr schön«, lobte Andreas und während er den Zucker verrührte, ließ er seine Augen über Wondraks Kaffeemaschine gleiten. Diese Maschine war der Grund, warum es in dem Gemäuer nicht nach kaltem

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