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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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das Alleinsein nicht genießen würde, aber er war allein und freute sich über Gesellschaft. Selbst wenn sie auf vier Pfoten durchs Wohnzimmer spazierte.

     
    Schon seltsam, dachte sich Wondrak, nachdem er mit Charlotte zu Abend gegessen hatte, dass eine Katze, die kein Wort sagen kann, sehnsüchtiger vermisst wird als eine Frau, die die aufregendsten Geschichten erzählen kann, die ein Mann sich vorstellen kann. Niemand vermisst Clara Braunstätter. Niemand außer ihrer Firma. Und die bemerkte ihr Fehlen auch nur, weil sie das schwarze Kastl, das sich PDA-Phone nennt, zurückhaben wollte.
    »Na, Charlotte? Jetzt stell’ dir mal Folgendes vor: Du sitzt in einem offenen Cabrio und fährst durch Paris. Du hast nichts an außer ein paar schwarzen Seidenhandschuhen.« Charlotte sah ihn mit süffisant aufgestellten Ohren an. So, als wollte sie sagen: interessante Idee. Vielleicht werde ich ja in meinem nächsten Leben als Pornostar wiedergeboren. Wondrak kraulte Charlotte noch ein wenig gedankenverloren, dann rollte sie sich auf ihrer Kamelhaardecke ein und war eingeschlafen. Na bravo, da ist die Liebste nach drei Wochen endlich wieder zu Hause und dann schläft sie ein!

     
    Wondrak erhob sich leise und ging hinaus. Er stieg aufs Fahrrad, um noch eine kleine Runde über den Markt zu drehen. Der Durchgangsverkehr, der wie ein zweiter Fluss durch die Mitte der Stadt brauste, war versiegt, und so konnte Wondrak den Weg von der Brücke über die Amper bis hoch zum Rathaus auf der Straße radeln, ohne Angst haben zu müssen, überfahren zu werden. Das war Wondraks abendliche Bergwertung, denn von der Amper bis zum Rathaus war ein Höhenunterschied von mindestens 50 Metern zu überwinden! Oben angekommen, an der Passhöhe gewissermaßen, genoss er den Ausblick über das Tal und gab seinem Drahtesel die Sporen. Unten genehmigte er sich für diese sportliche Höchstleistung üblicherweise ein Erdbeereis mit Sahne in Furtmanns Eisdiele, die für die heißen Tage zusätzlich zum Eis eine kühle Flussterrasse direkt an der Amper zu bieten hatte.
    Das wäre auch heute sein Ziel gewesen, wären ihm nicht diese Zettel ins Auge gefallen, die überall an den Straßenlaternen hingen: ›Katze entlaufen‹.
    Unter dieser Überschrift war eine Katze abgebildet. Wondrak hatte großes Verständnis für die Sorgen verlassener Katzeneltern, deshalb sah er sich das Bild genauer an. War das nicht Charlotte? Sie war kaum wiederzuerkennen mit diesem rosa Babymützchen auf dem Kopf. Aber sie hatte diesen Blick, der typisch Charlotte war. Er besagte: Ja, ich weiß, ich lasse mich hier in eine demütigende Situation bringen, aber das Essen ist dafür hervorragend.
    Wondrak hatte nicht vor, Charlotte wieder herzugeben, trotzdem nahm er sein Telefon und wählte die auf dem Zettel angegebene Nummer.
    »Thamm«, meldete sich am anderen Ende der Leitung eine Frauenstimme.
    »Hallo, Thomas Wondrak hier. Ich rufe an wegen der Katze, die zuerst mir und dann Ihnen weggelaufen ist. Sie ist jetzt wieder bei mir.«
    »Ach so«, hörte er auf der anderen Seite der Leitung.
    »Ich kann Sie also einerseits beruhigen«, fuhr Wondrak fort, »Charlotte ist nicht von einem Auto überfahren worden, andererseits kann ich Ihnen aber auch keine Hoffnungen machen, sie Ihnen zurückzugeben. Ich habe sie selbst drei Wochen lang sehr vermisst.«
    »Das verstehe ich«, entgegnete die sympathische Frauenstimme. »Und ich bin wirklich beruhigt.«
    Die Stimme der Frau klang aber nicht beruhigt, sondern bedrückt. Nach ein paar Minuten wusste Wondrak auch, warum. »Meine Kinder sind gerade völlig durcheinander, zurzeit geht’s bei uns drunter und drüber. Zuerst stirbt unser Kindermädchen, dann läuft die Katze weg … Könnten wir nicht irgendein Lebenszeichen von ihr bekommen? Schicken Sie mir doch einfach per MMS ein Foto von ihr aufs Handy!«
    Na klar, dachte er, mit solch elektronischem Hexenwerk stand Wondrak bekanntermaßen auf Kriegsfuß, aber das würde er einer wildfremden Frau gegenüber nie zugeben. »Ich könnte sie ja mal zum Spielen vorbeibringen, als Leihkatze gewissermaßen.«
    »Ah, das wäre toll, wenn Charlie uns mal besuchen käme!«
    »Wie nennen Sie sie? Charlie? Das ist ja passend. Ich hab’ sie Charlotte getauft.«
    »Ja, unser Kindermädchen hat ihr den Namen gegeben, Selena … Vorgestern Nacht ist sie einfach an einer Herzattacke gestorben. Furchtbar, so ein junges Mädchen. Wir vermissen sie alle sehr.«
    Irgendwo in Wondraks

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