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Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
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wieder ein junger Mensch, auch wieder ein Schlaganfall. Ich habe ihn in unser MRT geschoben, und diesmal hat man noch mehr sehen können, der Tod ist erst gestern gegen Mitternacht eingetreten. In seinem Gehirn sieht es aus, als hätte ein Blitz eingeschlagen. Schon wie ein Schlaganfall, aber eine wirklich wüste Ausgabe, so was hab’ ich noch nie gesehen.«
    »Wie heißt er denn?«
    »Arnold Langer aus München.«
    »Langer. Sagt mir jetzt nichts. Ist das sein voller Name?«
    »Warte mal, sein voller Name war Arnold Otto Langer, Arnold war sein Rufname.«
    Wondrak schrieb auf den Zettel vor sich ›Arnold Otto Langer‹, er las den Namen laut vor und kürzte dann denn Otto auf O. ab, und schließlich ließ er den Punkt hinter dem O weg.
    »Der Olanger!« Wondrak sagte jetzt ein paar Sekunden lang nichts. Wer ihn kannte, wusste, dass er auf Österreichisch nachdachte, und danach mit einem ein paar Oktaven tieferen Dialekt weitersprechen würde.
    Melanie kannte ihn gut, und wunderte sich gar nicht.
    »Und sog mir, wann isser gstorbn? Todeszeitpunkt?«
    »Gestern zwischen 23.15 Uhr und 23.45 Uhr.«
    »Waßt du no den Todeszeitpunkt von dem Madl, von Selena?«
    »Ja, den hab’ ich mir gemerkt, das ist so eine Zahl, die ist so merkfähig wie fünf vor zwölf. Es war 23.24 Uhr.«
    »Hat dea Olanger zufällig a Uhr am Arm?«, fragte Wondrak.
    »Ja, aber die ist kaputt.«
    »Und genau um 23.24 Uhr stehen geblieben«, mutmaßte Wondrak.
    »Weiß nicht, ist eine Digitaluhr.«
    »Na, das wäre auch ein bisserl zu vordergründig gewesen«, meinte Wondrak, der langsam wieder auf hochdeutsches Terrain zurückkehrte.
    »Wieso ist denn die Leiche diesmal überhaupt so schnell bei dir gelandet?«
    »Sein Anwalt hat ihn gefunden. Er war mit ihm heute Morgen verabredet, weil Langer gegen seine Kündigung klagen wollte. Der Anwalt hat die Tür aufbrechen lassen, und weißt eh, wie Anwälte sind – für die gibt’s ja nie einen natürlichen Tod.«
    »Für mich ja auch nicht, wie du weißt.«
    »Stimmt, aber jetzt sag schon, gibt es eine Verbindung zwischen den beiden Toten?«, drängte Melanie.
    »Und ob. Der Tote von gestern wurde von Selenas Freund beschuldigt, ihr Mörder zu sein.«
    Auf der anderen Seite des Telefons hörte Wondrak einen Pfiff der Anerkennung. »Wondrak, mein herzliches Beileid. Mit medizinischer Hilfe kannst du diesen Fall nicht knacken.«

     
    Auf dem Weg nach Starnberg telefonierte er mit Professor Toplitz in Hannover, der es kaum erwarten konnte, Langer in seine Super-Röhre zu schieben. »Heute Abend, könnten wir ihn da haben? Ich bereite alles für eine Nachtschicht vor! Vielen Dank, Kommissar Wondrak!«
    Das war ein wirklich gebührendes Ende für Arnold O. Langer, der zu Lebzeiten reichlich Nachtschichten geschoben hatte.

     
    »Hallo, Miriam, ich muss Timo sprechen«, stürmte Wondrak den Empfang der Agentur.
    »Das geht jetzt nicht, Anweisung von ganz oben, das Team darf jetzt überhaupt nicht gestört werden. Ganz wichtige Präs…«
    Wondrak zog seine Dienstmarke. »Hallo! Ich bin kein Werbemittelvertreter. Und das ist kein Schlüsselanhänger mit einem Werbelogo.«
    Das sah Miriam natürlich auch schnell ein. »Entschuldigung, ich rufe ihn gleich.«
    Timo kam fröhlich um die Ecke gelaufen. Wondrak begrüßte ihn mit einem: »Der Olanger ist tot.«
    »Das ist gut«, sagte Timo vollkommen ungerührt.
    »Wo waren Sie gestern zwischen 23 und 24 Uhr?«
    »Bis 22.30 Uhr war ich hier in der Agentur, dann bin ich nach Bruck zu Selenas Großmutter gefahren. Dort habe ich übernachtet.« Timo nannte ihm ihre Adresse und Wondrak belehrte ihn darüber, dass er unter Mordverdacht stünde und nicht ohne Abmeldung verreisen dürfte. Darauf antwortete Timo, dass er das dürfte, weil er vom Starnberger Rechtsanwalt Professor Doktor Dreher vertreten würde.
    Wondrak stellte fest, dass er Timo nun nicht mehr so nett fand.

     
    Die alte Dame war gekleidet, als wollte sie auf einen Trachtenumzug gehen. Eine weiße, gebügelte Bluse, ein grünes Dirndl und eine bunte Schürze darüber gebunden. Das lange, silberne Haar in einem Kranz um ihren Kopf geflochten und ein paar Feldblumen hineingesteckt. Das Gesicht alterslos. Sie mochte 70 oder 80 sein, hatte aber bereits mit 40 bestimmt genauso ausgesehen. Die Frau ging auf keinen Umzug, sie ging in den Stall. »Kommen Sie, Herr Kommissar. Ich zeigen Schäflein Ihnen«, sagte sie in ihrem harten Dialekt, der nur durch ein paar lustige grammatikalische Pirouetten

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