Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Werbevoodoo

Titel: Werbevoodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ono Mothwurf
Vom Netzwerk:
geglaubt, gäbe es Nokia heute nicht. Außergewöhnlicher Erfolg beginnt immer mit einem Regelbruch. Denn wer als Erster erfolgreich die Regel bricht, hat als Erster die Chance, Erster zu werden.«
    Auf der Leinwand hinter ihm leuchtete in einer wunderbaren Schrift, die kein Powerpoint-Programm jemals gesehen hatte, das Wort ›Erster!‹ auf.
    »Nein, wir werden das Parfum nicht Erster nennen, das wäre zu platt. Aber das Gefühl, das wir damit erzeugen wollen, ist es, Erster zu sein.«
    Und dann warf Timo in loser Folge Bilder an die Wand: Neil Armstrong auf dem Mond, Edmund Hillary und Tenzing Norgay auf dem Mount Everest, Jane Goddall mit einem Gorilla, Muhammed Ali, Albert Einstein, erfolgreiche Menschen wie du und ich eben.
    »Ein Parfum ist ein magisches Fluidum. Mit dem Druck auf den Zerstäuber setzt man seinen Zauber frei. Die meisten Parfum-Versprechen sind Variationen eines einzigen Zauberspruches. Der lautet: ›Mach’ mich unwiderstehlich!‹«
    Der Satz leuchtete hinter Timo an der Wand auf.
    »Das gilt für Männer- und Frauen-Düfte. Mit unterschiedlichen Ausprägungen. Bei den Zaubersprüchen für Frauen geht es mehr um Jugend und Schönheit, bei Männerdüften um Potenz und Erfolg. In dieser Ecke ist kein Platz mehr. Schon gar nicht für Projekt Alpha. Das Thema sexuelle Attraktivität ist in der Werbung zum Allgemeinplatz geworden, der bestenfalls noch für Deos reicht, nicht aber für ein neues, hochwertiges Parfum. Projekt Alpha ist ein anderer Duft. Es ist ein Duft für Krieger und Sieger.«
    Irgendetwas hatte unhörbar klick gemacht, es war, als hätte jemand › Genau! ‹ gerufen. Die Zustimmung war greifbar.
    »Das ist unser Thema. Es geht um die ganz großen Kriege und die ganz großen Siege. Jeden Tag werden sie errungen. Jeder Tag im Büro ist eine Schlacht. Jede gelungene Verhandlung ist ein gewonnener Krieg. Jeder Flirt ist ein Sieg. Das ist die Welt unseres Alpha-Mannes!«
    Sogar Schneidervater, der die Präsentation bereits kannte, war gebannt von Timos Vortrag. Timo glaubte, was er sagte. Und dadurch wurde es wahr. Er brauchte keine komplizierten Marketing-Anglizismen, um seine Zuhörer zu beeindrucken. Je einfacher es war, was er sagte, umso glaubwürdiger erschien es.
    »Aber das war jetzt alles Theorie. Wie erreichen wir, dass uns der Alpha-Mann unsere Botschaft abkauft? Wir nehmen etwas, das tief in ihm steckt. Die berühmteste Schlacht aller Zeiten. Sie steckt auch in Ihnen. In jedem von uns. Die größte Streitmacht der Welt hat drei Legionen und sechs Kohorten gesandt, um Germanien zu unterwerfen. 20.000 Soldaten mit 5.000 Reit-, Zug- und Tragetieren. Ein 20 Kilometer langer Zug der perfektesten Kriegsmaschinerie. Und doch hat sie gegen germanische List, gegen nebliges Herbst- und Regenwetter keine Chance. Vier Tage und drei Nächte dauerte die Schlacht im Teutoburger Wald. Es war im Herbst vor genau 2000 Jahren. Und ihr Held hieß Arminius.«
    In altdeutscher Fraktur-Schrift tauchte auf der Wand hinter Timo der Schriftzug ›Arminius‹ auf.
    »Arminius war der erste Alpha-Mann. Gibt es einen besseren Namen für einen Kämpfer? Ihm widmen wir unseren Duft. Und er soll seinen Namen tragen.«
    Ehrfürchtig neigte Timo seinen Kopf und nun setzte Musik ein.
    Timo nahm Platz, sodass sich die Zuseher ganz auf den Film konzentrieren konnten.
    Ein nebliger, regnerischer Wald, überall tropfte es, überall klirrten Schwerter, flogen Speere durchs Bild, alles in Zeitlupe. Ungeheuer faszinierende Bilder. Kein Wunder, stammten die Szenen doch aus dem 100 Millionen Dollar-Spielfilm Gladiator.
    Die Musik nahm an Dramatik zu. Ein Schwert wurde von oben durchs Bild geschlagen. Man spürte, der Kampf war zu Ende. Ruhe breitete sich aus.
    Dann sagte eine bebende Männerstimme, während die Kamera durch den dampfenden Wald schweift:

     
    »Heute haben wir die mächtigste Streitmacht der Welt besiegt. Morgen liegt die nächste Schlacht vor uns.
    Wir treffen uns um neun.«

     
    Dann hörte man einen Windhauch, und von links wehte ein Nebelfetzen ins Bild, aus dem sich die Schrift materialisierte:

     
    ›Arminius
    Für die Unsterblichen.‹

     
    Timo blieb sitzen und sagte kein weiteres Wort. Damit signalisierte er, dass sein Part zu Ende war. Natürlich hatte Timo noch alternative Ideen dabei, doch sein Gefühl sagte ihm, dass es nicht nötig sein würde. Er fühlte, dass Selena die Regie in diesem Stück führte.
    Pichler, der Vertriebschef, setzte an, etwas zu sagen. Normalerweise ließ

Weitere Kostenlose Bücher