Werden sie denn nie erwachsen?
Toiletten sind sauber und die Duschen funktionieren.«
Demnach mußten wir den richtigen Platz erwischt haben. Vom Mercedes aus Stuttgart bis zum Motorroller mit Hamburger Nummer waren so ziemlich alle deutschen Bundesländer vertreten, aber auch ohne diese unübersehbaren Hinweise hätte ich sofort gewußt, daß wir uns in einer deutschen Kolonie befanden. Da gab es Wohnwagen, die inmitten eines transportablen Gartenzauns standen, bei anderen steckte ein schwarz-rot-goldenes Fähnchen in der Zeltstange, und wer besonders originell sein wollte, hatte seinem Heim sogar einen Namen gegeben. »Sanssouci« hieß das feuerrote Zelt mit transparentem Wintergarten davor und »Heinis Klause«
der Wohnwagen mit Fernsehantenne obendrauf. Vor dem »Fidelen Duo«, einem besonders luxuriösen Wohnmobil mit drei Meter Kunstrasen neben dem Ausstieg, bewässerte eine gar nicht so fidel aussehende dürre Frau zwei mitgebrachte Geranientöpfe, während an »Krügers Tusculum, bitte zweimal klingeln« ein handgemaltes Schild hing: Sind nicht zu Hause.
»Willst du hier wirklich bleiben? Mich erinnert die ganze Anlage ein bißchen zu sehr an Schrebergartensiedlung. Es fehlen bloß noch die Lampions.«
»Abwarten! Es ist ja noch nicht dunkel«, sagte Steffi.
Dabei gefiel mir der Platz als solcher. Die eine Hälfte lag auf der Meeresseite und erstreckte sich bis zum Strand, die andere befand sich jenseits der Straße in einem weitläufigen Kiefernwald, gefahrlos durch einen Fußgängertunnel zu erreichen. »Na schön, schlagen wir unser Lager im Wald auf«, stimmte ich schließlich zu.
Steffi warf einen flüchtigen Blick auf die vier vereinzelt stehenden Zelte. »Nee, lieber drüben am Meer, da sieht man wenigstens was.«
»Na, was denn wohl, deutsches Familienleben? Dazu brauche ich nicht nach Frankreich zu fahren, das habe ich zu Hause billiger.«
»Du warst eben noch nie auf einem richtigen Campingplatz!«
Die Formalitäten waren schnell erledigt. Wie zu erwarten, sprach man an der Rezeption auch Deutsch.
Nein, Strom und Wasseranschluß brauchten wir nicht, aber wir hätten zwei Hunde … so, das gehe in Ordnung?
Wunderbar. Fünfzehn Francs pro Tag? Bißchen teuer, nicht wahr? Aha, vielerorts seien Hunde verboten, na ja, dann … Und den Stellplatz dürften wir uns selber aussuchen? Ja, natürlich sagen wir gleich Bescheid, welche Nummer das Areal hat, und die Pässe bringen wir dann ebenfalls mit. Grillen nicht gestattet? Schade, doch durchaus verständlich bei den vielen Bäumen rundherum und der Trockenheit. Ach, seit Februar kein Tropfen Regen? In Deutschland gab es mehr als genug, vielleicht sollte man mal tauschen, hahaha …
Wir einigten uns auf einen Platz halbwegs zwischen Straße und Meer, wo man von den vorüberdonnernden Lastwagen nichts mehr und vom Strandgetümmel noch nichts hörte. Eine noch sehr jugendliche Eiche spendete etwas Schatten. Die beiden Plätze neben uns waren frei, gegenüber, lediglich durch einen breiten Weg getrennt, standen ein voluminöses Zelt mit einem großen Vorbau und daran angrenzend eine Art Küchentrakt, in dem es sogar Regale mit Töpfen, Geschirr und Vorräten gab. Und daneben lag ein dunkelblaues rundes Samtkissen, über dessen Bestimmung wir uns so lange den Kopf zerbrachen, bis die Zeltbewohner von ihrem Spaziergang zurückkehrten und Liliane auf den Samtpuff setzten.
Liliane trug weiße Locken, ein zum Kissen passendes, mit Glitzersteinen besetztes Halsband und auf dem Kopf ein Seidenschleifchen. Liliane war eine Pudeldame. Sie war so fein, daß sie gar nicht erst geruhte, unsere beiden Vierbeiner zur Kenntnis zu nehmen. Niederer Landadel kam für sie offensichtlich nicht in Betracht, und da Jojo nicht einmal den aufweisen konnte, war er für Liliane überhaupt nicht existent. Zur Strafe fraß er gleich am nächsten Morgen ihren Freßnapf leer, als sie zwecks Erledigung eines hündischen Bedürfnisses ihr Sitzkissen verlassen hatte.
Neben Liliane und ihren ebenso hochnäsigen Besitzern hatte ein englisches Ehepaar sein Zelt aufgebaut. Bis zum Nachmittag liefen beide in geblümten Bermudas und nicht weniger farbenfreudigen T-Shirts herum, doch kurz vor vier verschwanden sie regelmäßig im Zelt, um wenig später in korrekter Straßenkleidung wieder aufzutauchen.
Und Punkt vier erschien ein ähnlich gewandetes Ehepaar, woraufhin man am schon vorher gedeckten Tisch gemeinsam den Tee einnahm.
»Die Engländer haben doch alle einen Knall!«
kommentierte Steffi das sich
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