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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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serviert?«
    »Du bist eingeladen!« erinnerte ich sie.
    »Na schön. Dann nehme ich Shrimps-Cocktail, danach das Entrecote und hinterher Mousse au chocolat.
    Einverstanden?«
    Frau Neuberths Sprachkenntnisse standen in umgekehrtem Verhältnis zu denen ihres Mannes, denn sie ließ sich die gesamte Speisekarte übersetzen und wußte hinterher noch immer nicht, was sie essen wollte. »Soll ich für dich bestellen, Hannelore?«
    Hannelore nickte, und Markus orderte etwas, das aus viel Grünzeug mit zwei hauchdünnen Scheiben Fleisch bestand. Nun war mir auch klar, weshalb sie ein hautenges Kleid tragen konnte, ohne darin ordinär auszusehen.
    Obwohl ich gern das Gegenteil behaupten würde, war das Essen hervorragend, und als wir halb fertig waren, kam sogar schon der Weinkellner mit dem Burgunder.
    Frau Neuberth trank Vichy-Wasser, anderes gab’s nicht, einmal wegen der Figur, zum anderen wegen des Führerscheins. »Wir teilen uns immer die Fahrten. Markus fährt hin und ich zurück.«
    Als die erste Flasche leer war, bestellte Herr Neuberth die zweite. Mit dem letzten Glas tranken wir Brüderschaft, und dann stellte Steffi selig beschwingt fest: »Siehste, Määm, nu isses doch noch ein schö-schöner Geburtstag geworden.« Worauf Herr Neuberth, der jetzt mit Markus angeredet werden mußte, Champagner orderte. Danach waren wir abgefüllt. Restlos!
    »L’addition, s’il vous plaît«, befahl er.
    »Séparé«, ergänzte ich, meine Kreditkarte zückend. Der Kellner ohne Schürze bedauerte, darauf sei man noch nicht eingestellt. Macht nichts, Euroschecks hatte ich auch dabei. Die wollte er ebenfalls nicht haben, die Abwicklung dauere zu lange, man müsse auf das Geld drei bis vier Monate warten. Was jetzt? Vom Inhalt meines Portemonnaies hätte ich allenfalls die Krabbencocktails bezahlen können.
    »Ich geh f-f-freiwillig in die K-küche und spüle Geschschirr«, bot Steffi an, »und w-wenn alle w-weg sind, m-machen wir den Sch-schuppen hier noch sauber.«
    Rettende Engel müssen keine Flügel haben, sie können auch mal Nadelstreifen tragen. Selbstverständlich seien wir seine Gäste, versicherte Markus und blätterte nahezu den gesamten Inhalt seiner Brieftasche auf den Tisch.
    »K-kommt nicht in Frage! Sie … d-du kriegst morgen einen Scheck. Mein Essen kann ich immer noch s-selber bezahlen.«
    »Das glaube ich dir ja, aber Geld ist nicht alles.«
    »N-nein, das nicht. B-bloß, wenn keiner die Kreditkarte akzet … apzek … also wenn keiner das D-ding nehmen will, lernt man Geld schätzen.«
    Auf der Rückfahrt erfuhr ich, daß wir entgegen meiner Behauptung vorgestern gar nicht die Route Napoléon entlanggekrochen waren, die läge nämlich weiter östlich, und dann müßten wir unbedingt noch den Grand Canyon Verdón besichtigen, immerhin die größte Schlucht Europas.
    »M-müssen wir das, Steffi?«
    »Klar müssen wir! M-machen wir auf der Heimreise.«
    Dreimal brachten wir uns gegenseitig zu unseren Wohnwagen, dann trat Steffi in ein Morastloch und hatte zu weiteren Spaziergängen keine Lust mehr. Außerdem waren die Hunde aufgewacht und kläfften im Duett. »Die müssen bestimmt n-noch mal Pipi, und du m-mußt soww-wso noch teleffnieren. Ich komm’ mit.« Sie zog Schuhe und Strümpfe aus. »T-tautreten ist gesund.«
    »Aber nicht mitten in der Nacht. W-warum soll ich jetzt telef-fonieren? Mit wem denn?«
    »Mit z-zu Hause. Ich habe versprochen, daß du an d-deinem Geburtstag anrufst.«
    »Die schlafen doch schon alle.«
    »Isss egal. S-sollen sie aufstehen. Wir sch-schlafen ja auch noch nich.«
    Neben dem Kiosk befanden sich zwei Zellen, eine für Münzen, für die andere brauchte man eine Telefonkarte.
    Die lag im Wagen. »Ich hab’ K-kleingeld.« Viel war es nicht, was Steffi aus der Tasche zog, es reichte höchstens für drei Minuten, doch sie bestand darauf, daß ich jetzt anrufen müsse. Nach dem achten Tuten nahm jemand den Hörer ab, und eine verschlafene Stimme murmelte:
    »Falsch verbunden.«
    »Katja?«
    »Ja. Aber hat das nicht bis morgen Zeit? Welcher Idiot holt einen nachts um halb eins aus dem Bett?«
    »Ich.«
    »Wer ist ich?« Irgendwie mußte sich wohl meine Stimme verändert haben. »Deine liebe Mami.«
    Schweigen. Dann: »Du hast auch schon bessere Einfälle gehabt. Was gibt es denn so Wichtiges.«
    »Gar nichts. Wir ha-haben ein bißchen Geburtstag gefeiert. Pfröhliche Pfingsten w-wollte ich d-dir auch noch wünschen.«
    Jetzt wurde sie mißtrauisch. »Sag mal, ganz nüchtern bist du

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