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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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vermutete Nicole, »er ist doch sowieso nicht begeistert gewesen, daß er ausgerechnet nach England fahren soll. Er kann doch die Engländer nicht leiden.«
    »Verstehe ich nicht, er kennt ja gar keinen. Und jetzt glaubst du, er hat sich die Bierflaschen absichtlich auf den Fuß geschmissen?« Mit einer unmißverständlichen Handbewegung Richtung Stirn deutete Katja an, was sie von den Überlegungen ihrer Schwester hielt.
    »Nicht so direkt, mehr unbewußt. Er hat einfach nach einem Grund gesucht, sich vor der Reise drücken zu können.«
    »Na, ich weiß nicht. Das hätte er doch wesentlich einfacher haben können. Bei einer getürkten Sehnenscheidenentzündung hätte eine Elastikbinde am Bein genügt, und die kann man sich selber drumwickeln.«
    »Bist du denn sicher, daß sein Gips echt ist?«
    Er war echt, denn Sascha mußte seinen Vater am nächsten Morgen zur Kontrolluntersuchung bringen.
    Noch drei Tage bis zur Hochzeit!
    Abends kam Steffi, um ihren Vater zu bedauern und ihr Hochzeitskleid vorzuführen.
    »Wenn du eventuell noch eine Blümchenbluse dazu trägst, ziehe ich doch meinen Hosenanzug an«, sagte ich beim Anblick des sandfarbenen Jackenkleids.
    »Nebeneinander sehen wir ja aus wie im Katalog, Sparte ›Modelle auch in Übergrößen lieferbar.‹«
    Nein, sie hatte keine Bluse gekauft, sondern ein Top, das ich fälschlicherweise als Oberteil eines Unterrocks angesehen hatte und auch dann keinen sonderlichen Unterschied bemerkte, nachdem ich über meinen Irrtum aufgeklärt worden war.
    Mit ihrem Engagement als Chauffeur war sie einverstanden gewesen. »Ich habe zwar noch nie einen Transporter gefahren, doch ich habe ’ne gute Haftpflichtversicherung, und im Rechtsschutz bin ich auch.
    Wie ist das eigentlich, fährt man in England nicht links?«
    »Da übernehme ich das Steuer«, sagte Sascha sofort, »Linksfahren bin ich gewöhnt. In Australien hatten wir uns einen Tag lang einen Ranch-Rover gemietet.«
    »Das nennst du Erfahrung?« höhnte sie. »In dieser Einöde sind dir doch höchstens ein paar Känguruhs begegnet.«
    Sascha äußerte sich nicht näher, vielmehr holte er die Karten und erklärte seiner Schwester anhand der bereits mit Blaustift markierten Strecke, wie er zu fahren gedächte. »Wir rauschen morgen nachmittag gegen fünf ab, gehen gleich auf die Autobahn, sind spätestens um acht in Luxemburg, und dann nehmen wir die Route nationale direkt nach Calais. Das müßten wir bis zur ersten Fähre schaffen. Von Dover sind es dann noch mal drei Stunden bis Southsea.«
    »Ich denke, wir müssen nach Portsmouth?«
    »O heilige Einfalt«, stöhnte Sascha, »Southsea ist ein Vorort von Portsmouth. Ein Seebad!«
    »Woher soll ich das denn wissen?« Sie beugte sich wieder über die Karte. »Und wenn wir nun über Aachen fahren und dann links rüber …«
    Ich ließ die beiden allein und ging nach oben. Mir war nämlich etwas eingefallen. Ich nahm das Schwiegermutterkleid aus dem Schrank, entfernte die Schutzhülle vom Wintermantel und stülpte sie über das Kleid. Zumindest auf der Hinfahrt war der Transporter leer, also würden das sandfarbene Vorjahresmodell nebst Blümchenbluse die Reise nach England faltenlos überstehen.
    Noch zwei Tage bis zur Hochzeit!
    Begleitet von vielen guten Wünschen, zwei Thermoskannen Kaffee und einem Freßkorb mittlerer Größe schaukelte der LT 28 los. In letzter Minute hatte Steffi noch um Überlassung von Nicoles Kassettenrecorder gebeten. Mit Kopfhörern. »Dann kann ich mir wenigstens die Stöpsel aufs Ohr drücken, wenn Sascha mich wieder vollabert.«
    Hinten im Laderaum wippten an einem von Wand zu Wand gespannten Draht vier mit Wäscheklammern fixierte Kleider, und darunter stapelten sich ebenso viele Koffer. Wir würden – Traum aller Flugreisenden – nur mit einer Handtasche in die Maschine steigen und keine Sorgen haben müssen, ob das Gepäck nicht doch versehentlich auf dem Weg nach San Francisco war. Oder noch weiter weg. Nach neuesten Erkenntnissen sollen ja die Saturnringe aus verlorengegangenem Fluggepäck bestehen.
    Noch zwei Tage bis zur Hochzeit!

6
    Es gibt Tage, da reicht die Zeit nicht mal für einen Nervenzusammenbruch! Als ich kurz vor sieben in die Küche kam, wischte Katja gerade den Boden auf. »Leg dir endlich eine neue Kaffeemaschine zu, das Ding hier hat doch noch James Watt selber gebaut!«
    »Was ist denn passiert?«
    »Weiß ich nicht. Plötzlich schwamm die Brühe überall, bloß nicht in der Kanne.«
    Über unseren Köpfen

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