Werden sie denn nie erwachsen?
aus Gründen der Sparsamkeit hatten wir es uns verkniffen, in einem solchen zu speisen (ab vier Sternen auf der Speisekarte ißt man nicht, da speist man!), doch nach meinen bisherigen Erfahrungen mit der englischen Küche war mir der Verzicht nicht schwergefallen.
»Müßten wir für Janet nicht ein paar Blümchen mitnehmen?« Katja hatte recht, das müßten wir wohl.
Mrs. Hamilton wußte auch, wo wir welche bekommen würden. Gleich rechts die Straße runter, dann bei der Gabelung links und wieder die zweite Seitenstraße rechts.
Der Laden war nicht eben groß und hatte außer diversen Topfpflanzen nur drei Wassereimer voll Schnittblumen zu bieten. In einem schwammen Nelken, im zweiten Astern und im dritten Moosröschen, die ihr Haltbarkeitsdatum um mindestens zwei Tage überschritten hatten.
»Ist das alles?« wunderte sich Nicole. »Damit blamieren wir uns ja bis auf die Knochen. Kommt, wir suchen ein anderes Geschäft.«
Zwei fanden wir noch. Das erste hatte Moosröschen, Astern und Nelken zu Auswahl, und das zweite hatte Nelken, Moosröschen und Astern. Zusätzlich allerdings noch ein paar gelbe Freesienblüten. Zusammen mit einigen Röschen könnte das ganz ansprechend aussehen.
Die Verkäuferin zupfte die gewünschten Blumen aus dem Eimer und verschwand damit im Hinterzimmer. Als sie zurückkam, traute ich meinen Augen nicht. Sie hatte lediglich die Stengel zusammengebunden, kein bißchen Spargelkraut oder sonstiges dekoratives Grünzeug dazugetan, und als ich sie um Komplettierung dieses armselig aussehenden Sträußchens bat, wußte sie gar nicht, was ich eigentlich wollte. Ich hätte mir die Blumen doch selber ausgesucht.
Da gab ich es auf, bezahlte einen unangemessen hohen Preis und tröstete mich mit der Wahrscheinlichkeit, daß Janet mit den Gepflogenheiten einheimischer Blumenhändler vertraut war. Irgendwann würde sie ja mal nach Deutschland kommen, dann konnte ich ihr zeigen, was man unter einem Blumenstrauß zu verstehen hatte.
Mit einem richtigen Bukett würde ich sie begrüßen!
Vor dem Haus herrschte geschäftiges Treiben. Sascha belud den Transporter, oder besser gesagt, er versuchte es.
Würde er alles verstauen wollen, was um ihn herum schon aufgebaut war und was Vicky und Gaynor unentwegt heranschleppten, brauchte er einen Möbelwagen. Große Koffer und mittlere Koffer, Kleidersäcke, unzählige Kisten und Kartons, Federbetten, Stereoanlage, zwei Stehlampen aus getriebenem Messing (Souvenir aus Indien), Elektrogeräte, mindestens dreißig Stofftiere verschiedener Größe, Bilder, nicht gezählt die ganzen Hochzeitsgeschenke, die vom Kühlschrank bis zum Eßservice für sechs Personen reichten.
Mir konnte es ja egal sein, wie sie das ganze Zeug im Wagen unterbringen würden, nicht egal war mir die Frage,
wohin
sie damit wollten! Eine Wohnung hatten sie noch gar nicht, lediglich eine in Aussicht, aber die war erstens noch nicht ganz fertig und zweitens auch noch nicht vertraglich zugesichert. Das junge Paar würde sich also auf unbestimmte Zeit mit unserem Gästezimmer begnügen müssen, eine Tatsache, die mir überhaupt nicht schmeckte.
»Sind die eigentlich nicht ganz gebacken?« Entgeistert sah sich Katja um. »Wo wollen die denn mit dem Krempel hin? Etwa zu uns? Soviel Platz haben wir doch gar nicht.«
»Bis auf die Kleider, die Betten und das, was man sonst noch so haben muß, kommt erst mal alles in die Keller«, sagte Sascha unbekümmert. »Ihre ganze Abendgarderobe läßt Vicky sowieso noch hier.«
»Die wird sie zum Milchholen ja auch nicht brauchen«, murmelte Nicole, und dann lauter: »Wann warst du zum letztenmal in unserem Keller? Der ist nämlich voll.«
»Blödsinn. Wenn man da mal gründlich aufräumt, gibt es haufenweise Platz.«
»Da wird sich Mami aber freuen. Sie löchert uns schon seit einem Jahr, daß wir da unten mal Klarschiff machen sollen.«
»Ihr glaubt doch nicht etwa, daß ich …« fauchte Sascha.
»Wer denn sonst? Es sind ja nicht unsere Klamotten, die untergestellt werden müssen.«
Das Ein-, Aus-, Um- und wieder neu Einladen dauerte bis zum Spätnachmittag, dann endlich drückten wir zu dritt die hintere Tür zu und konnten nur hoffen, daß der schon etwas marode aussehende Schließmechanismus halten würde.
»Am besten gehst du jetzt in die Kirche und zündest eine Kerze an«, empfahl Steffi ihrem Bruder.
»Warum denn das?«
»Ich stelle mir gerade vor, was die Zollbeamten zu dieser vollgestopften Karre sagen werden! Was ist, wenn die auf
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