Werden sie denn nie erwachsen?
wie viele Löffel Kaffee in die Maschine müssen, während sich die Zwillinge nicht einigen können, ob die Servietten nun zu Bischofsmützen oder zu Schwänen gefaltet werden sollen. Zu allem Überfluß muß ich auch noch ein Stück von jeder selbstgebackenen Torte probieren, ergibt mindestens vier, hinterher ist mir regelmäßig schlecht, aber das liegt dann nicht am Kuchen, sondern an der Aufregung.
Nun war es mal wieder soweit. Der dreifache Festtag rückte immer näher, und ich hatte schon vorsichtshalber meine Freundin Irene um Asyl gebeten. Berlin ist weit genug weg.
»Den Muttertag wirst du zwangsläufig auch hier ertragen müssen, doch abends seilen wir uns ab. Wir gehen schick essen und dann ins Theater oder in die Oper, ganz wie du willst. Ist mein Geburtstagsgeschenk.«
Das klang verlockend, und dabei wäre es vermutlich auch geblieben, hätte Steffi nicht eine noch viel bessere Idee gehabt. »Was hältst du von einem Urlaub?«
»Urlaub? Um diese Jahreszeit? Wo denn?« Wir hatten Mitte April, meistens nieselte es, und im Thermometer verkroch sich immer noch das Quecksilber. Sogar in Kenia hatte die alljährliche Regenzeit begonnen. »Jetzt kann man keinen Urlaub machen, höchstens in der Karibik oder irgendwo in Südostasien, und daran hattest du wohl nicht gedacht?«
»Natürlich nicht. Viel zu weit und viel zu teuer. Ich kann aber ganz billig ein Wohnmobil kriegen, und damit könnten wir doch losziehen. Südfrankreich zum Beispiel, Camargue, Provence, ein bißchen die Küste lang, und wo es uns gefällt, bleiben wir ein paar Tage. Wir sind autark, auf keinen Campingplatz angewiesen, können stehenbleiben, wo wir wollen … was hältst du davon?«
»Gar nichts!« sagte ich sofort. »Und du hast dich auch immer über die Wohnwagenurlauber mokiert, die wie Schnecken ihr Haus mit sich herumschleppen.«
»Ich rede doch nicht von einem
Wohnwagen,
sondern von einem Wohnmobil. Das ist ein Motor mit Haus drumrum. Hier, guck dir das Ding doch erst mal an!« Sie legte einen bebilderten Prospekt auf den Tisch. Ich bestaunte Wohnmobile von Güterwagengröße, in denen immer eine lächelnde Mami am hinteren Ende vor dem Herd stand, umgeben von zwei bis vier Kindern, am Tisch in der Mitte saß eine kartoffelschälende Oma, und draußen auf einer Blümchenwiese beschäftigte sich der Papi mit dem Gartengrill. Das ganze Freiluftmobiliar entsprach in Anzahl und Größe ungefähr unseren Terrassenmöbeln.
Doch es gab auch kleinere Wohnmobile. Die hatten ein Ziehharmonikazelt auf dem Dach, das man abends aufzuklappen hatte, wenn man schlafen gehen wollte. Da auf allen Fotos die Sonne schien, blieb es der Phantasie des Betrachters überlassen, wie gemütlich diese luftige Bettstatt bei Sturm und Regen sein würde.
»Nee, danke, das ist nichts für mich.« Ich faltete den Prospekt wieder zusammen.
»Du gehst immer gleich ins Extreme. Die mittleren Größen hast du dir überhaupt nicht angesehen.« Steffi blätterte erneut und zeigte auf ein Gefährt, das mit seinen geriffelten Wänden ein bißchen wie Baucontainer aussah.
Über der Fahrerkabine befand sich eine Ausbuchtung.
»Der da wäre es. Ist für vier Personen konzipiert, also hätten wir zu zweit mehr als genug Platz.«
»Zugegeben, etwas handlicher ist er ja, aber du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß ich mit so einem Möbelwagen über die Landstraßen fahre? Ich würde garantiert jedes zweite Verkehrsschild mitnehmen.«
»Fahren würde
ich
natürlich«, sagte Steffi sofort, »mir macht das nichts aus. Ich bin schon mit größeren Kalibern fertig geworden.«
Das allerdings stimmte. Alles, was einen Motor und vier Räder darunter hat, kann von Steffi vorwärtsbewegt werden. Sie hat es sogar geschafft, mit einem Achttonner fünfundvierzig Kilometer weit über die Autobahn bis zur nächsten Raststätte zu brettern, weil der Fahrer einen Asthmaanfall bekommen hatte. »Ich konnte den armen Kerl mitsamt seinen hunderttausend Adventkerzen doch nicht einfach sitzenlassen.«
Da es sich bei dem armen Kerl um einen gar nicht so armen Kegelbruder mit gutgehender Spedition handelte, haben wir nie mehr Probleme, wenn wir mal einen Lkw brauchen. Doch wann braucht man den schon?
Steffi bohrte weiter: »Im Mai soll es in Südfrankreich am schönsten sein, schon richtig warm, noch nicht so viele Touristen, vielleicht kann man ja sogar baden …«
»Im Mittelmeer? Nein, danke, und wenn, dann nur im Taucheranzug. Das ist schon vor dreißig Jahren eine Kloake
Weitere Kostenlose Bücher