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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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mich vergeblich nach einer Stube oder Wohnung um, in der ein Pförtner oder dergleichen wäre, der mir Auskunft geben könnte. Ich ging also in dem Gange weiter, der mir keine Treppe in die höheren Stockwerke zeigte, und gelangte in den Hof. Derselbe war mit großen, aber zum Teile schon zerbrochenen Steinen gepflastert. Ich sah da die Pflanzen des Professors Andorf stehen, die ihn bei dem Regen mit ihrem triefenden Wasser ergötzten, ich sah aber auch bei allen Fugen der Steine das Gras heraus stehen, das schön und unzertreten wuchs. An den Mauern, die den Hof bildeten, sah ich mehrere Tore, die zu Stallungen oder Wagenbehältern führen mochten, aber die Tore wurden nie geöffnet, was ihr ausgewittertes, vertrocknetes und zum feil zerfallenes Ausseher, das hohe Gras zu ihren Füßen und diebraunverrosteten Angeln bewiesen. Es waren auch drei Mündungen, die zu Treppen führten, aber die Mündungen sahen unwirtlich aus, und die Treppen schienen nicht betreten zu werden. Unter den erblindeten oder bläulich schillernden oder teils mit hölzernen Läden verschlossenen Fenstern sah ich auch einige mit reinem Glase, hinter denen weiße Vorhänge waren. Ich schloß, daß diese zu der Wohnung des Professors gehören möchten, wußte aber nicht, wie ich zu dieser Wohnung hinan gelangen könnte.
    In diesem Augenblicke hörte ich leise Tritte hinter mir, und vernahm eine nicht unangenehme, etwas feine Männerstimme, die sagte: »Wünschen Sie etwas?«
    Ich wendete mich um, und sah ein Männchen hinter mir stehen, das spärliche graue Haare auf dem Haupte und einen schlichten Ausdruck in dem Angesichte hatte. Es war nicht eigentlich angekleidet; denn es hatte nur linnene Beinkleider an, eine ähnliche Jacke, auf dem Kopfe nichts, und an den Füßen Pantoffel.
    »Ich suche den Herrn Professor Andorf«, sagte ich.
    »Was wünschen Sie denn von dem Herrn Professor Andorf?« erwiderte er, »kann ich vielleicht eine Botschaft oder eine Übergabe bestellen, der Herr Professor ist nicht zu Hause.«
    Ich sah den Mann näher an. Er hatte ein längliches Angesicht und blaue Augen. Seine Miene stieß nicht ab.
    »Ich hätte ein Buch zu übergeben,« sagte ich, »das nur in seine Hände gehört, aber da er nicht zu Hause ist, so kann das Buch auch ein anderes Mal zu ihm kommen, mein Gatte kann es ein anders Mal herüber schicken.«
    »Ich bin der Pförtner des Hauses,« erwiderte er, »Sie können mir das Buch schon anvertrauen; wenn Sie es aber vorziehen, es ihm selbst zu übergeben oder durch jemand Ihrer Leute übergeben zu lassen, so treffen Sie den Professor täglich bis neun Uhr früh, und meistens auch zwischen vier Uhr und sechs Uhr nachmittags.«
    Da ich unschlüssig zauderte und ihn ansah, sagte er: »Verehrte Frau, geben Sie mir das Buch, ich werde es behutsam anfassen, daß es nicht schmutzig werde, ich werde nicht in dasselbe hinein sehen, und werde es sogleich, wenn der Herr Professor Andorf nach Hause kömmt, in seine Hände geben.«
    Ich sah ihn wieder an. Das Anständige in seiner Stellung fiel mir auf. Seine Worte waren in dem Wenigen, was er mir sagte, sehr gewählt, wie man es in der bessern Gesellschaft findet, nur seine blauen Augen hatten etwas Unstättes, als blickten sie immer hin und her. Ich hatte nicht den Mut, ihn durch Mißtrauen zu kränken, ich nestelte meine Arbeitstasche auf, zog das Buch hervor, und gab es in seine Hände. Ich hatte es in kein Papier eingeschlagen, weil ich es selber zu übergeben gedachte. Er bemerkte den Umstand gleich und sagte: »Ich werde das Buch in ein Papier einwickeln, werde es so liegen lassen, bis der Herr Professor kömmt, und werde es ihm so übergeben.«
    »Ja, tun Sie das«, sagte ich, und mit diesen Worten schied ich aus dem Hause.
    Aber kaum war ich auf der Gasse, so bemächtigte sich meiner eine Unruhe. Etwa zwanzig Schritte von dem roten Pförtlein an der Mauer des nächsten Hauses saß gerne eine Obstfrau. Sie saß jeden Tag da, wenn nicht gar ein zu abscheuliches Wetter war; denn an gewöhnlichen Regentagen hatte sie einen breiten Schirm über ihr Warenlager ausgebreitet. Ich kannte die Frau sehr gut, und hatte oft schon für die Kinder von ihr Obst gekauft. Zu dieser Frau ging ich hin. Ich fragte sie, ob sie den Pförtner des Perronschen Hauses kenne. Sie sagte, daß sie ihn kenne, daß er ein ordentlicher Mann sei, daß, wenn er ausgehe, er gewiß immer vor Anbruch der Nacht nach Hause komme. Man könne ihm nichts nachsagen, er sei sehr stille. Übrigens sei es

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