Werke
unversehens von der Erde genommen würde, und setzte aus Vaterlandsliebe den Kaiser zum Erben ein. Er tat das Testament in die Lade seines Schreibtisches.
Wenn er es auch aufgegeben hatte, sein Herz noch an eine Frau zu hängen, so war dies nicht auch mit Freunden der Fall. Er hatte solche immer gehabt, und da er alt wurde, bekam er derselben noch mehr. Ja sogar die Frauen wurden ihm wieder zugetaner, freilich nicht in dem Sinne, daß sie ihn hätten ehlichen wollen; denn da er älter wurde, stachen seine Wunderlichkeiten, obwohl sie noch größer geworden waren, nicht mehr so hervor, ja sie wurden, da sie von Witz und Einbildungskraft unterstützt wurden, zur Lebhaftigkeit, die einen alten Mann ganz besonders ziert, und er wurde überall liebenswürdig geheißen. Auch seine körperliche Nichtstimmung verschwand, da man Schönheit und Übereinstimmung bei einem Alten nicht suchte.
Unter seinen Freunden war der erste und geliebteste sein eigener Verwalter. Schon in früher Jugend – und er ist sehr früh zum Besitze seines Vermögens gelangt – sah er ein, daß er durch seine Einbildungskraft sich zu Versuchen, stetten Abänderungen, ja zu Vernachlässigungen seines Anwesens hinreißen lasse, die namentlich im Landbaue stets von schlechten Erfolgen begleitet sind. Daher sah er sich nach einem jungen Manne um, der ihm sein Vermögen verwalten könnte, und weil er mit seinem Verstande sehr gut die Eigenschaften anderer Menschen abzuschätzen wußte, so gelang es ihm auch, einen sehr tüchtigen zu finden. Er erwarb ihn als Vorstand seiner Güter mit einem sehr anständigen Gehalte und mit der Bedingung, daß er sich von niemanden etwas einreden lasse, am allerwenigsten von ihm selber. Der Vertrag wurde unterzeichnet, und die Männer fuhren recht gut mit einander. Der Verwalter verstand seine Sachen trefflich, machte das Gut nach und nach immer besser, verliebte sich in dasselbe, betrachtete es und behandelte es zuletzt wie sein eigenes, und gewöhnte sich, zu seinem Herrn zu sagen, er solle sich nicht in fremde Sachen mischen; nur daß sie Geld und Geldsachen in einer eigenen Truhe behandelten, zu der jeder einen Schlüssel hatte, daß sie das Geld wie das eines Dritten ansahen, und sich ihre Bezüge davon auszahlten. Der Verwalter hatte auch seine Wunderlichkeiten, und ging namentlich in die Bücher und politischen Ansichten seines Herrn ein, so daß sie sich liebten, daß der Schloßherr immer auf seinem Schlosse blieb, und daß der Verwalter keine bessere Stelle verlangte.Beide schienen dasselbe Los des nicht verehlichten Lebens gezogen zu haben.
Aber wie die Schicksale der Menschen wandelbar sind, der Verwalter geriet noch in seinen vorgerückteren Jahren in die Fallstricke eines Mädchens, und heiratete es.
Nun kam ein ganz seltsames Verhältnis über den Schloßherrn. So wie der Verwalter sich als Eigentümer des Gutes betrachtete und selbes so behandelte, so betrachtete sich der Schloßherr als verheiratet. Wenn sein Verwalter immer auf den Feldern, Wiesen, in den Wäldern war und sagte: mein Haber, meine Bäume, mein Holz, mein neugekauftes Feld; so war der andere immer in dem Schlosse und sagte: unser Kasten, unsere Aussicht, unsere neuen Geräte, unsere Kinder.
So wie der Verwalter und der Schloßherr früher immer an demselben Tische gespeist hatten, so blieb es auch jetzt, und der Schloßherr speiste mit der Familie des Verwalters. Da einmal Kinder kamen, da zeigte es sich recht, wie sehr der Schloßherr zu dem Familienleben geeignet gewesen wäre; denn er war ein Kinderfreund, und die Kinder merkten das sehr bald, und es kam die Tatsache zum Vorscheine, daß alle viere zu dem Schloßherrn du sagten, es war ihnen mit aller Strenge nicht abzugewöhnen, er war froh darüber, und wäre betrübt geworden, wenn es ihnen abzugewöhnen gewesen wäre. Die Schloßbewohner wohnten alle in demselben Flügel, und wenn ein Fremder gekommen wäre, der die Verhältnisse nicht gekannt hätte, so würde er geglaubt haben, der Schloßherr sei ein alter Verwandter, der unter seinen Angehörigen seine letzten Tage zubringe.
Das erste Kind, welches dem Verwalter geboren wurde, war ein Mädchen. Es bekam den Namen Ludmilla. Der Schloßherr wollte es nicht so nennen, er nannte es nur immer abgekürzt Lulu.
Das zweite Kind war ein Knabe, Alfred, das dritte ein Mädchen, Clara, und das vierte ein Knabe, Julius.
Damit war die Reihe abgeschlossen, es erschienen keine mehr.
Lulu wuchs heran. Sie bekam die verständigen,
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