Werke
versprochen hatte, mit den Kindern zu Juliana und ihrer Großmutter. Sie waren dieses Mal mit Geschenken beladen. Katharina trug ein großes Bilderbuch, in welchem die verschiedensten Dinge abgebildet waren, Franz trug auch Bücher, dann Tafeln, auf denen Gegenstände gezeichnet waren, die man malen konnte, und ein Kästchen mit Farben und Pinseln, und der Großvater brachte sehr schöne Pfauenfedern, Federn von Goldfasanen und Silberfasanen, dann farbige Bänder, Lappen, Fäden und Schnüre, und endlich farbiges Papier und eine Schere. Er gab zuerst seine Dinge an Juliana, und sagte, daß er ihr dies alles von seiner Heimat gebracht habe. Sie nahm, was sie fassen konnte, in die Hände, und hielt anderes noch mit dem Ellenbogen an sich, und sah ihn an. Dann warf sie alles auf das Bett der Großmutter und nahm seine Hand in ihre beiden und drückte sie. Dann kam Franz hinzu und gab ihr die Bücher und das andere. Sie legte alles sogleich auf das Bett und sagte zu Stephan: »Das gibst auch du mir?«
»Mit meinem Willen gibt es dir Franz«, sagte der alte Mann.
»So nehme ich es«, sagte das Mädchen.
Dann gab ihr Katharina das Bilderbuch, indem es dasselbe aufschlug und auf die Bilder wies.
Juliana tat einen Blick hinein, legte das Buch auf das Bett, wandte sich zu Stephan und sagte: »Das gibst auch du mir,«
»Mit meinem Willen gibt es dir Katharina«, sagte Stephan.
»So nehme ich es«, antwortete das Mädchen.
»Tu es,« sagte Stephan, »und verwende die Sachen, wie du willst.«
Das Mädchen stand nun noch immer da und blickte ihm in das Angesicht.
Die Großmutter saß auf einem Schemel und hatte das hie und da zerrissene Kleid um sich ausgebreitet, sie schaute auf den Vorgang, und um ihre Lippen war ein Lächeln, das man nicht verstehen konnte, wie wenn etwa ein einziger Sonnenstrahl auf einen rauhen, dürren Fels trifft und auf ihm einen düsteren Lichtschein hervorbringt.
Stephan blieb eine Zeit mit den Kindern da und ging dann wieder fort.
Er kam nun öfter mit Franz und Katharina in das Holzhäuschen, das an dem kleinen Felde stand, welches von Gebüschen umgeben und von dem wilden Gehölze begrenzt war. Alles, was er und die Kinder gebracht hatten, war zum Schmucke des kleinen Holzzubaues verwendet worden. Die Pfauenfedern, die anderen Federn, Streifen, Bänder, Schleifen, Papierrosen, Lappenzieraten, Schnüre, Fäden und anderes war eingefügt und geordnet. Mit den Farben waren auf die weißen Papierbögen, die Franz gebracht hatte, auf Holzspäne und andere Dinge der Kammer Striche, Kreuze und andere Gestaltungen gemalt worden.
Das Bilderbuch hing umgeschlagen an einer Schnur hernieder, und das Bild, das es zeigte, war mit einem Faden umbunden, daß es nicht zuklappen konnte. Die Großmutter war geschmückt, daß man sie kaum kennen konnte. Juliana hatte von all den Dingen gar nichts an sich.
Das wilde Mädchen kam auch sehr oft in das Schreinerhäuschen und brachte meistens etwas mit. Es brachte schöne Zweige oder Blumen oder bunte Steinchen oder kostbare Waldschwämme oder Beeren, die es in Körbchen von Birkenrinde tat, welche es mit seinem Taschenmesser verfertigt hatte. Es richtete seine Gaben immer an Stephan.
Alle Tage, wenn er mit den Kindern zu dem Waldbrunnen ging, kam das wilde Mädchen auch. Meistens war es schon bei dem Brunnen, wenn er kam. Dann stand es ruhig da, sah zu, wenn er Wasser schöpfte und trank und den Kindern zu trinken gab. Und wenn er Anstalten zum Fortgehen machte, lief es schnell auf dem Pfade hin, der zu seinem Holzhäuschen führte. Stephan aber ging seinen Weg in das Schreinerhäuschen.
Wenn er, was auch jetzt wieder geschah, mit den Kindern zu den drei Sesseln ging, so ging das Mädchen mit.
Sonst lief es, wenn es in dem Schreinerhäuschen war, mit den Kindern auf dem Anger herum, tanzte mit ihnen und spielte mit ihnen.
Zuweilen ging Stephan früher als zur gewöhnlichen Stunde zu dem Brunnen und harrte auf das Mädchen, bis es kam. Es kam immer. Während des Harrens stieg Franz öfter auf den hohen Stein, der über dem Brunnen lag, und blickte herum. Dann tat er auch nicht selten, wie das wilde Mädchen einmal auf diesem Steine getan hatte; er warf die Arme empor oder streckte sie aus, oder tat dies mit dem einen oder dem andern und rief Worte, die er entweder in dem Augenblicke zusammenstellte, oder die er schon wußte. Ehe aber das Mädchen kam, kletterte er stets wieder herunter.
Von dem, daß das wilde Mädchen zu der Mutter und Muhme hinüberziehen
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