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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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des verschiedensten edlen Obstes. Sie ging durch den Wald dahin. Hierauf gelangte sie auf grünen Rasen, auf dem zerstreute Bäume standen. Es waren Obstbäume, es war edles Laubholz, darunter manches aus entfernten Erdgürteln, es waren Nadelbäume, besonders alte mächtige Weimutskiefern. Sie ging unter den Bäumen dahin, dann kam sie auf einen ganz freien Rasenplatz, welcher sich links zu einem sanften Hange erhob. In der Mitte der Dachung dieses Hanges stand eine einzige Eiche, die als gewaltiges Gebilde die geneigte Fläche beherrschte. Auf diese Eiche ging Gerlint zu. Als sie sich ihr näherte, sah sie Dietwin, den Jüngeren, von der Eiche weg gegen den Rand des Hanges gehen. Sie blieb ein Weilchen stehen. Dann ging sie wieder weiter gegen die Eiche. In einer angemessenen Entfernung von derselben blieb sie stehen, legte ihre Arme vor der Brust über einander, und betrachtete denBaum. Sein Schaft ging schlank empor, und man hätte dessen Mächtigkeit nicht erkannt, wenn nicht von ihm die untersten Äste in der Dicke zweier Männer in die Breite gegangen wären. Und von ihnen bis zum Wipfel empor waren die Äste, an Stärke abnehmend, rings um die tragende Säule in gleichförmiger Gefälligkeit verbreitet. An ihren tausend Ausläufen war das strotzige, kraftvolle Laub. Gerlint sah lange auf die Gestalt dieses Baumes. Dann ging sie in einem Kreise um ihn herum und betrachtete ihn von allen Seiten. Als sie ihre Betrachtung geendigt hatte, ging sie langsam gegen den Rand der Höhe hinan. Sie ging zu einer Stelle, auf welcher ein großer Fels auf dem grünen Rasen lag. Da sie bei dem Steine war, sah sie wieder Dietwin auf dem Rande des Hanges in der Richtung gegen Morgen dahin gehen. Sie aber blieb bei dem Steine stehen. Er war der einzige ringsum, er ragte ein wenig schief wie ein länglichter Würfel aus der Erde empor. Gerlint sah den Stein an. Er war ein Granit von ernster grauer Farbe, es waren die tausend Zeichnungen des trockenen grauen Mooses auf ihm, und die Bäche des Lichtes der Sonne gossen sich auf seine Fläche. Gerlint blieb bei dem Steine lange, wie früher bei der Eiche, stehen. Dann ging sie auf dem Rande des Hanges in der Richtung gegen Morgen dahin, in welcher sie Dietwin hatte gehen gesehen. Der Rand des Hanges wurde breiter, er warendlich mit Wald bestanden, und begann sachte aufwärts zu steigen. Die Bäume des Waldes waren Eichen, Eschen, Fichten, Föhren, und es war Gestrüppe niederen Ranges. Gerlint ging auf einem Pfade des Waldes fort. Der Pfad war anfangs eben, dann erhob er sich, und zuletzt klomm er steil hinan. Auf der Höhe war eine Blöße, die gegen Mitternacht von hohem Baumwuchse gesäumt war, und gegen Mittag einen Überblick über den Wald und die Gegend bot. An dem Rande der mitternächtlichen Bäume lief eine lange Reihe steinerner Bänke dahin. Gerlint ging zu einer der Bänke, und setzte sich auf dieselbe. Sie sah in der Richtung gegen Mittag hin. Zu ihren Füßen war die Blöße, dann strich der Blick über die Wipfel des Waldes dahin, dann traf er Gebäude mit Feldern, Wiesen, Wäldchen, Obstbeständen, zerstreuten Meierhöfen, Ortschaften, Kirchtürmen und Schlössern, und endete mit dem Gürtel des blauen Gebirgszuges, der den glänzenden Himmel schnitt. Gerlint blieb eine geraume Zeit auf dieser Bank sitzen. Dann ging sie über die Blöße hinunter, bis sie wieder der Wald umfing. Sie ging in dem Walde abwärts, und gelangte endlich auf ebenen Boden, der mit lauter Eichen besetzt war. Gerlint wandelte unter den Eichen dahin, und schaute öfter in die Äste empor, die sich nach allen Seiten verschränkten. Sie wich manches Mal von dem Pfade ab und ging auf dem dunkeln grünenRasen. Der Wald endete mit starken Stämmen an einem großen Teiche, der klares Wasser enthielt, und in dem Fische gehegt wurden. Gerlint ging an dem Saume des Wassers dahin in der Richtung gegen das Schloß zu. Neue Eichen empfingen sie am Ausgange des Teiches. Als sie unter diesen durchgegangen war, lag eine breite Wiese vor ihr. Auf dieser Wiese sah sie zum dritten Male Dietwin. Er ging über die Wiese dem Schlosse zu. Wo die Eichen die Wiese begrenzten, standen mehrere Tische und Bänke und Stühle. Sie hatten nichts Besonderes an sich, und waren, wie derlei Geräte in den meisten Gärten sind. Dann ging Gerlint über die Wiese zu dem Schlosse. Sie kam jetzt gegen die Vorderseite desselben, ging durch das Haupttor hinein, stieg die große Treppe hinan, und begab sich in ihre Wohnung. Sie setzte

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