Werke
blendenden Stil, der seinen Glanz nicht von der Wahrheit mehr oder weniger entlehnet. Wahrheit allein gibt echten Glanz; und muß auch bei Spötterei und Posse, wenigstens als Folie, unterliegen.
Also von der, von der Wahrheit lassen Sie uns sprechen, und nicht vom Stil. – Ich gebe den meinen aller Welt Preis; und freilich mag ihn das Theater ein wenig verdorben haben. Ich kenne den Hauptfehler sehr wohl, der ihn von so manchen andern Stilen auszeichnen soll: und alles, was zu merklich auszeichnet, ist Fehler. Aber es fehlt nicht viel, daß ich nicht, wie Ovid, die Kunstrichter, die ihn von allen seinen Fehlern säubern wollten, gerade für diesen einzigen um Schonung anflehen möchte. Denn er ist nicht sein Fehler: er ist seine Erbsünde. Nämlich: er verweilt sich bei seinen Metaphern, spinnt sie häufig zu Gleichnissen, und malt gar zu gern mit unter eine in Allegorie aus; wodurch er sich nicht selten in allzuentfernte und leicht umzuformende tertia comparationis verwickelt. Diesen Fehler mögen auch gar wohl meine dramatische Arbeiten mit verstärkt haben: denn die Sorge für den Dialog gewöhnt uns, auf jeden verblümten Ausdruck ein scharfes Auge zu haben; weil es wohl gewiß ist, daß in den wirklichen Gesprächen des Umganges, deren Lauf selten die Vernunft, und fast immer die Einbildung steuert, die mehresten Übergänge aus den Metaphern hergenommen werden, welche der eine oder der andere braucht. Diese Erscheinung allein, in der Nachahmung gehörig beobachtet, gibt dem Dialog Geschmeidigkeit und Wahrheit. Aber wie lange und genau muß man denn auch eine Metapher oft betrachten, ehe man den Strom in ihr entdecket, der uns am besten weiter bringen kann! Und so wäre es ganz natürlich, daß das Theater eben nicht den besten prosaischen Schriftsteller bilde. Ich denke sogar, selbst Cicero, wenn er ein beßrer Dialogist gewesen wäre, würde in seinen übrigen in eins fortlaufenden Schriften so wunderbar nicht sein. In diesen bleibt die Richtung der Gedanken immer die nämliche, die sich in dem Dialog alle Augenblicke verändert. Jene erfodern einen gesetzten, immer gleichen Schritt; dieser verlangt mit unter Sprünge: und selten ist ein hoher Springer, ein guter ebner Tänzer.
Aber, Herr Hauptpastor, das ist mein Stil, und mein Stil ist nicht meine Logik. – Doch ja! Allerdings soll auch meine Logik sein, was mein Stil ist: eine Theaterlogik. So sagen Sie. Aber sagen Sie was Sie wollen: die gute Logik ist immer die nämliche, man mag sie anwenden, worauf man will. Sogar die Art, sie anzuwenden, ist überall die nämliche. Wer Logik in einer Komödie zeigt, dem würde sie gewiß auch zu einer Predigt nicht entstehen: so wie der, dem sie in einer Predigt mangelt, nimmermehr mit ihrer Hülfe auch eine nur erträgliche Komödie zu Stande bringen würde, und wenn er der unerschöpflichste Spaßvogel unter der Sonne wäre. Glauben Sie, daß Pater Abraham gute Komödien gemacht hätte? Gewiß nicht: denn seine Predigten sind allzu elend. Aber wer zweifelt wohl, daß Moliere und Shakespear vortreffliche Predigten gemacht und gehalten hätten, wenn sie, anstatt des Theaters, die Kanzel hätten besteigen wollen?
Als Sie, Herr Hauptpastor, den guten Schlosser wegen seiner Komödien so erbaulich verfolgten, fiel eine doppelte Frage vor. Die eine: darf ein Prediger Komödien machen? Hierauf antwortete ich: warum nicht? wenn er kann. Die zweite: darf ein Komödienschreiber Predigten machen? Und darauf war meine Antwort: warum nicht? wenn er will. –
Doch wozu alles dieses Geschwätz? Was gehen mich itzt die Armseligkeiten des Stils und Theaters an; itzt da ein so schreckliches Halsgericht über mich verhangen wird? – Da steht er, mein unbarmherziger Ankläger, und wiehert Blut und Verdammung: und ich, einfältiger Tropf, stehe bei ihm, und lese ihm ruhig die Federn vom Kleide. –
Ich muß, ich muß entbrennen, – oder meine Gelassenheit selbst, meine Kälte selbst, machen mich des Vorwurfs wert.
Wie, Herr Hauptpastor? Sie haben die Unverschämtheit, mir mittelbare und unmittelbare feindselige Angriffe auf die christliche Religion Schuld zu geben? Was hindert mich, in die Welt zu schreiben, daß alle die heterodoxen Dinge, die Sie itzt an mir verdammen, ich ehedem aus Ihrem eigenen Munde gehört und gelernt habe? Was hindert mich? Eine Unwahrheit wäre der andern wert. Daß ich Ihre Stirn nicht habe: das allein hindert mich. Ich unterstehe mich nicht zu sagen, was ich nicht erweisen kann: und Sie – Sie tun
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