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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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Nicht?
    »Allerdings! ruft der Hr. Hauptpastor, allerdings! Die Religion, betrachtet als Inbegriff der zu unsrer Seligkeit geoffenbarten Wahrheiten, gewinnet allerdings, je aufrichtiger und scharfsinniger sie bestritten wird. Aber, das ist nur die objektive Religion; nur die objektive! Mit der subjektiven ist es ganz anders. Die subjektive Religion verlieret unwidersprechlich, durch dergleichen Bestreitungen, unendlich mehr, als jene nur immer dadurch gewinnen kann! Folglich – –«
    Und was ist diese subjektive Religion? – »Die Gemütsverfassung der Menschen, in Absicht auf die Religion, ihr Glaube, ihre Beruhigung, ihr Vertrauen auf uns, ihre Lehrer. Die, die periklitieren bei jedem Worte, das in deutscher Sprache gegen unsere allerheiligste Religion geschrieben wird.«
    So! Bei Gott! ein tiefgedachter Unterschied, den ich ja in seinen Schulterminis zu lassen bitte, wenn er nicht ausgepfiffen, und gerade gegen seine Bestimmung gebraucht werden soll.
    Denn, wenn es wahr ist, daß die Religion bei allen und jeden Anfällen, die auf sie geschehen, objektive gewinnt, und nur subjektive verliert: wer will behaupten, daß es also nach dem größern Gewinne, oder nach dem größern Verluste entschieden werden müsse, ob dergleichen Anfälle überhaupt zu dulden sind, oder nicht. Ja, wenn Gewinn und Verlust hier völlig homogene Dinge wären, die man nur von einander abzuziehn brauche, um sich durch den Überrest bestimmen zu lassen! Aber der Gewinn ist wesentlich: und der Verlust ist nur zufällig. Der Gewinn erstreckt sich auf alle Zeiten: der Verlust schränkt sich nur auf den Augenblick ein, so lange die Einwürfe noch unbeantwortet sind. Der Gewinn kömmt allen guten Menschen zu statten, die Erleuchtung und Überzeugung lieben: der Verlust trifft nur wenige, die weder wegen ihres Verstandes, noch wegen ihrer Sitten in Betracht zu kommen verdienen. Der Verlust trifft nur die paleas levis fidei; nur die leichte christliche Spreu, die bei jedem Windstoße der Bezweiflung von den schweren Körnern sich absondert, und auffliegt.
    Von dieser, sagt Tertullian, mag doch verfliegen so viel als will! Avolent quantum volent! – Aber nicht so unsre heutigen Kirchenlehrer. Auch von der christlichen Spreu soll kein Hülschen verloren gehen! Lieber wollen sie die Körner selbst nicht lüften und umwerfen lassen.
    Überhaupt läßt sich alles, was Tertullian (8) von den Ketzereien seiner Zeit, mit so vieler Scharfsinnigkeit sagt, vollkommen auf die Schriften der Ungläubigen und Freigeister unsrer Zeit anwenden. Was sind diese Schriften auch anders als Ketzereien? Nur daß ihnen gerade noch das gebricht, was die eigentlichen Ketzereien so fürchterlich macht. Sie zielen unmittelbar auf keine Spaltung und Trennung; sie machen keine Parteien und Rotten. Die alten Ketzer lehrten mehr mündlich als schriftlich, und fingen immer damit an, daß sie sich Anhänger zu verschaffen suchten, welche ihren vorzutragenden Lehren sogleich ein politisches Gewicht geben könnten. Wie viel unschädlicher schickt itzt ein Mißgläubiger seine Grillen bloß in die Druckerei, und läßt sie so viel Anhänger sich machen, als sie ohne sein weiteres Zutun, sich zu machen vermögen. –
    Die freigeisterischen Schriften sind also offenbar das kleinere Übel: und das kleinere Übel sollte verderblicher sein, als das große? Wenn das größere Übel sein muß, auf daß die, so rechtschaffen sind, offenbar werden, – ut fides, habendo tentationem, haberet etiam probationem: warum wollen wir das kleinere nicht dulden, das eben dieses Gute hervorbringt?
    O ihr Toren! die ihr den Sturmwind gern aus der Natur verbannen möchtet, weil er dort ein Schiff in die Sandbank vergräbt, und hier ein anders am felsigten Ufer zerschmettert! – O ihr Heuchler! denn wir kennen euch. Nicht um diese unglücklichen Schiffe ist euch zu tun, ihr hättet sie denn versichert: euch ist lediglich um euer eignes Gärtchen zu tun; um eure eigne kleine Bequemlichkeit, kleine Ergetzung. Der böse Sturmwind! da hat er euch ein Lusthäuschen abgedeckt; da die vollen Bäume zu sehr geschüttelt; da eure ganze kostbare Orangerie, in sieben irdenen Töpfen, umgeworfen. Was geht es euch an, wie viel Gutes der Sturmwind sonst in der Natur befördert? Könnte er es nicht auch befördern, ohne eurem Gärtchen zu schaden? Warum bläset er nicht bei eurem Zaune vorbei? oder nimmt die Backen wenigstens weniger voll, sobald er an euren Grenzsteinen anlangt?
    Wenn Tertullian von denen, die sich

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